Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Gesetzgebungskompetenzen

Natur der Sache: "(Bavarian) Independence Day" (F)

Natur der Sache: "(Bavarian) Independence Day" (F)

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Das Land Bayern erklärt den 14. Juli (im Jahre 937 Todestag des bayerischen Herzogs Arnulf I.) landesgesetzlich zum deutschlandweiten „Bayrischen Unabhängigkeitstag“.

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Einordnung des Falls

Natur der Sache: "(Bavarian) Independence Day" (F)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz inne (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG).

Ja, in der Tat!

Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG regelt den Grundsatz der Länderzuständigkeit für die Gesetzgebung. Fehlt es an einer geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, sind demnach die Länder zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG). Der Grundsatz der Länderzuständigkeit (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG) ist Ausgangspunkt jeder Prüfung der Gesetzgebungskompetenzen. Wenn Du diesen Grundsatz nicht zum Einstieg erläuterst, wird Dir unterstellt, dass Du die Aufteilung der Staatsgewalt zwischen Bund und Ländern nicht verstehst.
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2. Der Bund ist ausnahmsweise für die Bestimmung der nationalen Feiertage zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 2 GG), weil ein geschriebener Kompetenztitel des Bundes besteht.

Nein!

Für die Bestimmung der nationalen Feiertage ist dem GG weder ein ausschließlicher, noch ein konkurrierender Kompetenztitel des Bundes ausdrücklich zu entnehmen.

3. Es besteht eine ungeschriebene Annexkompetenz des Bundes.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Annexkompetenz liegt vor, wenn das Sachgebiet in einem „untrennbaren Zusammenhang“ mit einem Kompetenztitel des Bundes steht. Die Annexkompetenz knüpft an bestehende Kompetenztitel an. Sie erweitert diese bestehende Kompetenz „in die Tiefe“. Ein normativer Anknüpfungspunkt für die Annexkompetenz ist nicht ersichtlich.

4. Es besteht eine Kompetenz des Bundes kraft Sachzusammenhang.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Kompetenz kraft Sachzusammenhang setzt voraus, dass eine dem Bund zugewiesene Materie „verständigerweise nicht geregelt werden kann“, ohne dass zugleich das fragliche Sachgebiet mitgeregelt wird. Die Kompetenz kraft Sachzusammenhang knüpft an bestehende Kompetenztitel an. Sie erweitert diese bestehende Kompetenz „in die Breite“. Voraussetzung ist demnach, dass der Bund von einer ihm ausdrücklich zugewiesenen Kompetenz Gebrauch gemacht hat. Da ein normativer Anknüpfungspunkt im GG fehlt, kann keine Kompetenz des Bundes kraft Sachzusammenhang gegeben sein.

5. Es besteht eine Kompetenz des Bundes kraft Natur der Sache.

Ja!

Eine Kompetenz kraft Natur der Sache besteht, wenn ein Sachgebiet „begriffsnotwendig“ nur vom Bund geregelt werden kann. Die Kompetenz kraft Natur der Sache benötigt keinen normativen Anknüpfungspunkt im GG. Die bundesweiten (!) Feiertage können begriffsnotwendig nur vom Bund geregelt werden. Diese Frage kann nicht den 16 Ländern überlassen werden.

6. Die Bundeskompetenz kraft Natur der Sache ist stets eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 71 GG).

Genau, so ist das!

Die Kompetenz des Bundes kraft Natur der Sache erstreckt sich nur auf Sachbereiche, die begriffsnotwendig vom Bund geregelt werden müssen. Wenn das die Voraussetzung ist, muss es sich dabei auch immer um eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (vgl. Art. 71 GG) handeln, weil eine (auch nur nachrangige, vgl. Art. 72 Abs. 1 GG) Berechtigung der Länder nicht sachgerecht wäre (Telos).

7. Haben die Länder Gesetzgebungskompetenz, wenn der Bund von seiner Kompetenz kraft Natur der Sache keinen Gebrauch macht?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Bund ist nicht verpflichtet, von seiner Kompetenz kraft Natur der Sache Gebrauch zu machen. Da es sich um eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes handelt, ist die Ländergesetzgebung gesperrt, auch wenn der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch macht (Art. 71 Hs. 1 GG).

8. Das Land Bayern hat die Kompetenz für die Bestimmung der nationalen Feiertage.

Nein!

Der Bund hat die ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft Natur der Sache für die Festlegung der Nationalfeiertage. L ist daher von der Gesetzgebung in diesem Bereich ausgeschlossen (Art. 71 GG).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAUL1

paul1ne

8.10.2024, 13:39:04

Wenn der Bund die Kompetenz hat, warum sind dann die Feiertage so unterschiedlich verteilt? Berlin hat ja beispielsweise erst vor ein paar Jahren den Frauentag zum Feiertag gemacht, oder nicht?

LELEE

Leo Lee

13.10.2024, 11:07:37

Hallo Paul1ne, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat haben die Länder - wie Berlin und mittlerweile auch MV - die grds. Kompetenz für Feiertage, denn hier gibt es bei den Art. 72 ff. GG eben KEINE Vorschrift, die diese Materie regelt. Allerdings gilt eine Ausnahme für die NATIONALEN Feiertage, die eben aufgrund dieser ungeschriebenen Kompetenz nur vom Bund geregelt werden können und sollten (Tag der deutschen Einheit). D.h., hätte Bayern diesen Tag nur regional und nicht national geregelt, würde es - lassen wir mal die Unabhängigkeitsgedanken außen vor - nicht problematisch sein. Das Gleiche gilt auch für den Frauentag in Berlin und MV. Beachte i.Ü. auch, dass Weihnachten und Silvester (eig. alle Feiertage außer die deutsche Einheit) ebenfalls juristisch betrachtet REGIONALE Feiertage sind, die "zufällig" immer auf den gleichen Tag fallen. Dies galt i.Ü. auch im Jahr 2017, als der

Reformatio

nstag in allen Bundesländern gefeiert wurde; hier hatte nicht der Bund, sondern die einzelnen Länder sich verständigt und jeweils in ihren Ländern den 500.

Reformatio

nstag einmalig zum Feiertag erklärt :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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