+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

B wird nach einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert. Er ist nicht bei Bewusstsein. Arzt A unternimmt alle erforderlichen medizinischen Maßnahmen, um Bs Leben zu retten, darunter eine fehlerfrei durchgeführte Operation.

Einordnung des Falls

Ärztlicher Heileingriff - mutmaßliche Einwilligung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem A den bewusstlosen B medizinisch behandelte und operierte, hat er nach h.M. den Tatbestand der Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) erfüllt.

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Ja, in der Tat!

Nach h.M. ist auch ein ärztlicher Heileingriff eine tatbestandsmäßige Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB), selbst wenn sie indiziert und fehlerfrei durchgeführt wird. Die medizinische Behandlung und Operation des B durch den A erfüllt den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Die Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) kann jedoch durch eine Einwilligung (§ 228 StGB) gerechtfertigt sein.

2. B war bewusstlos, sodass eine rechtfertigende Einwilligung ausscheidet.

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Nein!

Ein ärztlicher Heileingriff kann durch Einwilligung gerechtfertigt sein, wenn der Eingriff lege artis, also fehlerfrei, durchgeführt wird. Fehlt eine ausdrückliche Einwilligung, kommt eine mutmaßliche Einwilligung in Betracht, wenn der Patient nicht in der Lage ist einzuwilligen, aber davon auszugehen ist, dass er den Maßnahmen zugestimmt hätte. Der mutmaßliche Wille wird unter Beachtung aller Umstände (z.B. Patientenverfügung, religiöse- und Weltanschauung des Patienten) ermittelt. A führte die OP fehlerfrei durch. B war bewusstlos, sodass er nicht in die Maßnahmen einwilligen konnte. Hier kann davon ausgegangen werden, dass B in die lebensrettenden Maßnahmen eingewilligt hätte. A ist somit gerechtfertigt und nicht wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) strafbar.Die Einwilligung ist im Strafrecht nicht explizit normiert. Ihre unrechtsausschließende Wirkung wird vielmehr allgemein vorausgesetzt (vgl. auch § 228 StGB).

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