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Jurafuchs

Frachtführer F transportiert für Physikerin P 50 Laserbauteile nach Spanien. Sie einigen sich auf eine Haftungsbegrenzung von €1 Mio. P verschweigt fahrlässig, dass ein Bauteil jeweils €500.000 wert ist, was F nicht erkennen konnte. Ein Bauteil geht aufgrund unsachgemäßer Lagerung verloren.

Einordnung des Falls

Versuch und Rücktritt: Warnpflicht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P hat einen Schaden erlitten.

Ja, in der Tat!

P ist durch das schädigende Ereignis – Verlust eines Bauteils – ein Vermögensschaden in Höhe ihrer Vermögensminderung entstanden, mithin €500.000 (§ 249 Abs. 1 BGB).

2. P hat den Schaden durch ihr aktives Handeln mitverursacht (§ 254 Abs. 1 BGB).

Nein!

In Abgrenzung zu § 254 Abs. 2 S. 1 BGB erfasst § 254 Abs. 1 BGB nicht die Fälle des Unterlassungsverschuldens. An der Schadensverursachung selbst – dem Verlust des Bauteils – hat P nicht selbst mitgewirkt.

3. Auch eine unterlassene Warnung vor ungewöhnlich hohen Schäden kann Mitverschulden begründen.

Genau, so ist das!

§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB regelt die Schadensabwendungs- und minderungsobliegenheit des Geschädigten und damit Fälle des Unterlassungsverschuldens. Ein besonderer Anwendungsfall ist die Warnpflicht des Geschädigten hinsichtlich drohender ungewöhnlich hoher Schäden, die der Schädiger weder kannte noch kennen musste (§ 254 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB). Grund der Regelung ist, dass der Schädiger grundsätzlich auch für große Schäden haftet, die für ihn nicht vorhersehbar waren. Als Kompromiss soll der Schädiger dann aber nicht in voller Höhe einstehen müssen, wenn dem Geschädigten eine Warnung möglich und zumutbar war, dies aber versäumt hat. Die Warnpflicht entfällt allerdings nach dem Schutzzweck der Norm, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten hatte wie der Geschädigte.

4. Die unterlassene Warnung der P war kausal für den Schaden.

Ja, in der Tat!

BGH NJW-RR 2009, 17: Die Obliegenheit zur Warnung solle dem Schädiger Gelegenheit geben, geeignete Schadensabwendungsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Auftraggeber wusste oder hätte wissen müssen, dass der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Ohne besondere Anhaltspunkte sei im Regelfall davon auszugehen, dass der Frachtführer bei einem Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert des Transportgutes entweder besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen oder den Transportauftrag abgelehnt hätte (RdNr. 20).Hätte P den F gewarnt, so ist davon auszugehen, dass er sorgfältiger mit der Fracht umgegangen wäre.

5. Der mögliche Schaden war hier ungewöhnlich hoch und für F nicht erkennbar, sodass P ihre Warnobliegenheit verletzt hat.

Ja!

BGH: Die Gefahr eines besonders hohen Schadens sei bei Frachtverträgen anzunehmen, wenn der Wert der Sendung den zehnfachen Betrag der Regelhaftung gem. § 431 Abs. 1 HGB, Art. 23 Abs. 3 CMR oder der vereinbarten Haftungshöchstsumme übersteige (RdNr. 27). Der Wert der Waren überschreitet hier die vereinbarte Haftungshöchstsumme um den fünfundzwanzigfachen Betrag. Dies konnte F nicht erkennen, sodass die unterlassene Warnung ein zu berücksichtigendes Mitverschulden der P begründet (§ 254 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB).

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