Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Gläubiger- /Schuldnermehrheit
Gestörte Gesamtschuld bei gesetzlicher Haftungsprivilegierung – Spielplatzfall
Gestörte Gesamtschuld bei gesetzlicher Haftungsprivilegierung – Spielplatzfall
7. Dezember 2025
48 Kommentare
4,8 ★ (73.296 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Der zweijährige K fällt von der unzureichend gesicherten Rutsche eines Spielplatzes der Stadt B, als der stets leicht fahrlässige Vater V mal wieder einen Moment lang unaufmerksam ist. K verlangt von B Schadensersatz.
Diesen Fall lösen 74,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gestörte Gesamtschuld bei gesetzlicher Haftungsprivilegierung – Spielplatzfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat einen Anspruch gegen B aus § 823 Abs. 1 BGB.
Genau, so ist das!
2. Der Anspruch des K ist um dessen eigenes Mitverschulden zu kürzen (§ 254 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
3. Der Anspruch des K ist gemäß §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB um das Mitverschulden des V zu kürzen.
Nein!
4. Eine Anspruchskürzung ist grundsätzlich auch nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld möglich.
Genau, so ist das!
5. V haftet dem K nur aufgrund einer gesetzlichen Privilegierung nicht.
Ja, in der Tat!
6. Weil ein Fall der gestörten Gesamtschuld vorliegt, haftet V dem K trotz der Privilegierung direkt im Außenverhältnis nach § 823 Abs. 1 BGB und § 1664 Abs. 1 BGB.
Nein!
7. Bei der hier vorliegenden gesetzlichen Privilegierung der Eltern haftet B dem K voll und kann nach der Rechtsprechung des BGH keinen Regress bei V nehmen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Helena
15.12.2021, 13:40:38
Ich bin etwas verwirrt. Zwischen wem muss das
Schuldverhältnis bestehen, damit die Zurechnung greift? Zwischen dm Schädiger und dem Geschädigten oder zwischen dem Geschädigten und dem gesetzlichen Vertreter?
Lukas_Mengestu
15.12.2021, 18:06:15
Hallo Helena, super Frage. Bei 3-Personenkonstellationen mache ich mir auch am liebsten eine kurze Skizze um den Überblick nicht zu verlieren :-). Gefragt war danach, ob K selbst ein Mitver
schulden (§ 254) trifft. Da K als Zweijähriger aber nicht zurechnungsfähig ist (§ 828 Abs. 1
BGB analog) müsste ihm das Verhalten seines gesetzlichen Vertreters zurechenbar sein. Jetzt wird es tricky. §
278 BGBfindet nur dann Anwendung, wenn bereits ein
Schuldverhältnis besteht. Im
Deliktsrechtkann man deshalb allenfalls eine Haftung nach
§ 831BGB für
Verrichtungsgehilfen begründen. Damit §
278 BGBherangezogen werden kann, müsste also zwischen der Stadt (Schädiger) und K (Geschädigtem) ein
Schuldverhältnis bestehen. Nur dann könnte über §§ 254 Abs. 2 S. 2,
278 BGBein Ver
schulden des gesetzlichen Vertreters zugerechnet werden. Ein solches besteht zum Zeitpunkt der Schädigungs
handlungaber (noch) nicht. Insofern scheidet die Zurechnung aus. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CR7
23.4.2023, 14:14:32
Aber die Zurechnung scheitert doch hier auch daran, dass denn V doch kein Ver
schulden trifft, da er nach §
277 BGBwegen seiner ständigen
Fahrlässigkeitnicht haftet, oder?
Lukas_Mengestu
24.4.2023, 12:16:56
Hallo (af), auf die
Haftungsprivilegierungdes Vaters gegenüber seinem Kind, kann das Kind sich grundsätzlich nicht gegenüber Dritten berufen. Denn Ver
schulden gesetzlicher Vertreter muss es sich zurechnen lassen, wie
eigenes Verschulden. Da es für
Vorsatzund jegliche
Fahrlässigkeithaftet, wäre über §§ 254 Abs. 2 S. 2,
278 BGBdas Verhalten des Vaters auch dann zu berücksichtigen, wenn er stets fahrlässig handelt. Anders ist dies hier nur, weil kein
Schuldverhältnis zwischen K und B bestand, sodass §
278 BGBüberhaupt nicht zum Zuge kommt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Findet Nemo Tenetur
31.5.2025, 23:24:32
Hallo, ich habe zwei Rückfragen zu deinen Erklärungen, @[Lukas_Mengestu](136780): 1) Zu deiner Antwort an Helena: du schreibst, “§ 278 findet nur dann Anwendung, wenn bereits ein
Schuldverhältnis besteht.” Kernfrage ist ja, zwischen wem das bestehen muss und das wird mir aus deiner Antwort nicht ganz klar. Verstehe ich es richtig so: § 278 setzt notwendig zwei “Rechtsbeziehungen” voraus, einmal die Beziehung “
Schuldner”–Gesetzlicher Vetreter/
Erfüllungsgehilfeund einmal
Schuldner–Gläubiger. Dabei ist die erste aber kein
Schuldverhältnis (deshalb hier
Schuldner in Anführungszeichen, aber nur um klar zu machen, dass es um die von § 278 als
Schuldner bezeichnete Person geht). Das
Schuldverhältnis, von dem du geschrieben hast, ist also das zweite. Sozusagen dasjenige, das die
Schuldnereigenschaft der in § 278 als “
Schuldner” bezeichneten Person begründet? Und im Kontext mit § 254 I ist der
Schuldner aus § 278 der Beschädigte aus § 254 I. Allerdings muss er in § 254 I neben seiner Beschädigteneigenschaft gegenüber seinem Schädiger aus einer anderen Rechtsbeziehung zusätzlich ein
Schuldner sein? Die Personen wäre also so: Beschädigter in § 254 I = der
Schuldner in § 278 Schädiger in § 254 I = der bei § 278 dazugehörige Gläubiger. Stimmt das? 2) Zu deiner Antwort an CR7: verstehe ich es richtig, dass iRd § 278 immer der Vertrerenmüssensmaßstab des
Schuldners maßgeblich ist? Und auf den Maßstab eines Minderjährigen (also nach § 828 I gar keine Verantwortlichkeit) kommt es iRd § 278 nicht an, weil der schon gar keine Anwendung findet, da ein MJ kein
Schuldner sein kann?
Imanlli
12.11.2025, 13:34:36
@[Findet
Nemo Tenetur](254807) Wenn ich die Fragen richtig verstanden habe; Man prüft ja zunächst, ob das Mitver
schulden des Kindes berücksichtigt werden kann, verneint dies dann aufgrund der Einsichtsfähigkeit. Als nächstes gelangt man über den §254 II S.2 in den §
278 BGB. §
278 BGBweil man dem Kind mglweise das Ver
schulden des Vaters zurechnen kann. Der §278 erfordert allerdings ein
Schuldverhältnis zwischen Geschädigten und Schädiger. Zwischen dem Kind und der Stadt liegt ein solches
Schuldverhältnis hier nicht vor, deshalb kommt der §
278 BGBnicht zur Anwendung. Im Rahmen des §
278 BGBwird die
Haftungsprivilegierungdes Vaters nicht berücksichtigt. Wäre der §278 einschlägig und handelt der Vater vorsätzlich, oder fahrlässig, muss das Kind sich das zurechnen lassen, Mitver
schuldne (+). Korrigiert mich gerne, falls ich falsch liege.
Ralu
13.6.2023, 19:42:43
Könnte mir jemand erklären, wo im Gutachten ich den Streit darstelle?
Lukas_Mengestu
16.6.2023, 16:09:28
Hallo Ralu, nachdem Du die Anspruchsvoraussetzungen des §
823 BGBgeprüft hast, musst Du den Haftungsumfang thematisieren. An dieser Stelle sprichst Du dann sowohl die Frage an, ob ein Mitver
schulden zu einer Kürzung des Anspruchs führt, als auch die Frage der gestörten Gesamt
schuld. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
15.4.2024, 07:39:04
Ihr führt bezüglich der Nicht-Anwendbarkeit des § 278 BGG an, dass es sich um eine
Rechtsgrundverweisung handle. Wie ist der Begriff der
Rechtsgrundverweisung in diesem Zusammenhang zu verstehen? Verweist § 278 auf § 276, sodass Ersterer aufgrund des in Letzterem geforderten vertraglichen
Schuldverhältnis nicht anwendbar ist?
Leo Lee
15.4.2024, 13:31:08
Hallo QuiGonTim, vielen Dank für die sehr gute Frage! Beachte, dass vorliegend der Verweis auf 278 über 254 II 2 gemeint ist. Das bedeutet also, dass für die Zurechnung i.R.d. Mitver
schuldens alle Vorsen des 278 (
Rechtsgrundverweisung) geprüft werden müssen, d.h. I. SV II.
Erfüllungsgehilfe…Dass 278 als Tatbestand ein
Schuldverhältnis erfordert, ergibt sich wiederum aus der systematischen Stellung (241 ff. betrifft die
Schuldverhältnisse, weshalb ein solches Bestehen muss; wie auch bei 280 I das TBM des
Schuldverhältnisses vorausgesetzt wird, obgleich 280 I im Wortlaut ein solches nicht explizit fordert). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Oetker § 254 Rn. 128 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Niklas V.
26.4.2024, 20:22:41
Hallo zusammen, ich habe das Problem mit der gestörten Gesamt
schuldbisher immer anders gelernt. So wie ich es bisher immer verstanden habe, soll die
Haftungsprivilegierungaus §1664 I BGB zwar den Familienfrieden und Zusammenhalt wahren, nicht aber den nicht privilegierten Anspruchsgegner schlechter stellen. Daher sollte im Außenverhältnis eine angemessene Quotenverteilung beim Mitver
schulden stattfinden. Hat sich die Rechtsprechung in letzter Zeit diesbezüglich geändert oder habe ich da vielleicht was falsch verstanden? Danke für eure Hilfe im Voraus!
JJO
4.5.2024, 16:35:56
So habe ich es auch gelernt. Zumindest die h.Lit. hat bisher eine sog. Anspruchskürzung vertreten. Oder hat sich da etwas geändert? @[Lukas_Mengestu](136780)
Lukas_Mengestu
5.5.2024, 14:51:30
Hallo ihr beiden, vielen Dank für die gute Nachfrage. Der Begriff herrschende
Meinungwar hier in der Tat etwas misleading, da es tatsächlich einiges an Kritik seitens der Literatur an der Entscheidung des BGH in dem hier besprochenen Spielplatzfall gibt (vgl. MüKoBGB/Heinemeyer, 9. Aufl. 2022, BGB § 426 Rn. 70 mwN). Der BGH hält aber weiterhin daran fest, dass § 1664 BGB absolut wirkt und zulasten des Drittschädigers. Das Kind kann also vom Drittschädiger den vollen Scahdensersatz verlangen. Um Missverständnisse zu vermeiden, haben wir den Begriff herrschende
Meinungnun mit Rechtsprechung ersetzt, wobei sich natürlich auch einige Vertreter in der Literatur der Argumentation angeschlossen haben (BeckOK BGB/Veit, 69. Ed. 1.1.2023, BGB § 1664 Rn. 21.1). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
itsjuju
27.6.2024, 23:46:06
708 BGB ist aufgrund des MOPEG nicht mehr aktuell
Leo Lee
29.6.2024, 05:26:36
Hallo itsjuju, vielen Dank für diesen sehr wichtigen Hinweis! In der Tat gab es hier ein „Update“, weshalb wir den Text nun entsprechend angepasst haben! Wir möchten uns bei dir vielmals dafür bedanken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
MajorTom(as)
21.10.2024, 21:45:40
Liebes Jurafuchs-Team, Danke für die vereinfachte Darstellung des Falls. Leider leidet darunter meines Erachtens aber auch die Qualität der Darstellung. Die als "richtig" markierte Antwort in Frage 2 (u.w.) stellt keine gesetzliche Regelung dar, sondern eine der vielen vertretenen
Meinungen zur gestörten Gesamt
schuld. Ich verstehe, dass im Interesse auch gerade "jüngerer Semester" eine zu schwere Darstellung abträglich ist, würde mir jedoch wenigstens mehr Hinweiskästen wünschen - und die Deklarierung des Regresses im Außenverhältnis als richtig/falsch kann ohne "Disclaimer" als womöglich "h.M." so nicht gelten. Danke euch für die Arbeit auch weiterhin
abilic
25.3.2025, 17:09:57
Sollte es nicht "der stets aufmerksame Vater V" heißen?
Sebastian Schmitt
30.3.2025, 12:10:03
Hallo @[abilic1](294522), tatsächlich ist unsere Formulierung hier richtig. Vater V muss stets fahrlässig sein, damit wir §§ 1664 I,
277 BGB(diligentia quam in suis) erörtern und dort die Haftung des V ablehnen können. Das erläutern wir auch näher bei Frage 5, schau Dir den Fall vielleicht dahingehend gerne nochmal an. Wir haben jetzt "zur Sicherheit" auch die Sachverhaltsdarstellung minimal sprachlich angepasst, damit das Ganze hoffentlich etwas deutlicher wird. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
okalinkk
29.3.2025, 13:53:33
ich finde
277 BGBetwas kompliziert. ich habe es so verstanden: wenn ich üblicherweise immer fahrlässig bin und dann fahrlässig handele im konkreten Fall, dann hafte ich nicht, da ich ja meine
Sorgfalt in eigenen Angelegenheiteneinhalte. Wann wäre diese Sorgfalt denn nicht eingehalten? also wann würde ich meine
eigenübliche Sorgfaltmissachten? wäre das der Fall, wenn ich immer sehr sorgfältig bin, aber nun plötzlich fahrlässig handele?
Lorenz
29.3.2025, 14:41:08
§
277 BGBstellt eine Grenze dar für den Haftungsmaßstab in eigener Sorgfalt. Es gibt viele Normen (u.a. im Familienrecht), die die Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten genügen lassen. Man muss also nicht sorgsamer sein, nur weil man sich im fremden Rechtskreis bewegt. § 277 stellt aber klar, dass diese Privilegierung nicht unendlich ist, sondern bei grober
Fahrlässigkeitihre Grenze findet, selbst wenn du privat immer
grob fahrlässighandeln würdest.
okalinkk
29.3.2025, 15:20:22
@[Lorenz](211175) hast du konkrete Fallbeispiele für
277 BGB? Also wann missachte ich mal die Grenze?
Sebastian Schmitt
30.3.2025, 12:19:05
Hallo @[okalinkk](253888), @Lorenz hat Deine Frage im Kern schon genau richtig beantwortet. Wer stets leicht fahrlässig handelt, ist auch bei grober
Fahrlässigkeit(und natürlich bei
Vorsatz) nach §
277 BGBnicht von der Haftung befreit. Wann man die Grenze missachtet, ist natürlich sehr einzelfallabhängig. Wer aber zB im Straßenverkehr stets minimal zu schnell und leicht unachtsam unterwegs ist, kann sich bei einer Haftung nach § 277 StGB wegen eines Unfalls bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h in einer 50er-Zone und mit dem ständigen Blick nach unten aufs Handy logischerweise nicht damit herausreden, dass er ja immer zu schnell und unachtsam fährt - denn die Grenze ist eben grobe
Fahrlässigkeit. Anderes Beispiel (weil der Straßenverkehr teils schon aus dem Anwendungsbereich des § 1664 I BGB herausgenommen wird): Wer einen schon die Grenze zur leichten
Fahrlässigkeitüberschreitenden, sehr "lockeren" Erziehungsstil pflegt und meint, sein Kind lerne am besten durch "Erfahrungen" jeglicher Art, muss trotzdem eingreifen, wenn das Kind gerade anfängt, in seinem Kinderzimmer ein großes offenes Lagerfeuer zu veranstalten - grobe
Fahrlässigkeit. Wer dagegen im Privatleben stets extrem penibel und sorgfältig ist, also nicht einmal leicht fahrlässig handelt, für den bringt §
277 BGBkeine Erleichterung. Er haftet auch für leichte
Fahrlässigkeit; es bleibt dann also beim Haftungsmaßstab des § 276 I 1 BGB. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
okalinkk
30.3.2025, 16:12:59
Vielen Dank für die hilfreiche Antwort 🙏🏻@[Sebastian Schmitt](263562)
SM2206
21.8.2025, 21:49:32
Ich meine mich zu erinnern, dass §
277 BGBsich nicht zum Nachteil des Privilegierten auswirken dürfe, dass also in dem Fall, dass er stets ausgesprochen penibel ist, trotzdem nicht bei leichter
Fahrlässigkeithaftet. Hat jemand eine Idee oder habe ich mir da etwas Falsches gemerkt?
sparfüchsin
18.5.2025, 20:23:17
Im Fall der vertraglichen Privilegierung kann man Regress nehmen und im Fall der gesetzlichen nicht. Warum wird ein Unterschied gemacht?
Imanlli
24.10.2025, 19:15:45
@[Foxxy](180364)
Foxxy
24.10.2025, 19:17:01
Kurz gesagt: Es kommt auf den Schutzzweck an. Bei vertraglicher Privilegierung (Haftungsverzicht/-beschränkung zwischen Geschädigtem und einem Schädiger) darf die Vereinbarung Dritte nicht belasten (kein Vertrag zulasten Dritter). Deshalb wird der Anspruch des Geschädigten gegen den nicht privilegierten Schädiger um die Quote des Privilegierten gekürzt; ein Regress gegen den Privilegierten findet regelmäßig nicht statt. Bei gesetzlicher Privilegierung (z.B. § 1664,
§ 1359 BGB) will das Gesetz den Privilegierten schützen; dieser Schutz darf durch einen Innenausgleich nicht unterlaufen werden. Folge: Der nicht privilegierte Schädiger haftet voll, Regress ist ausgeschlossen; eine Anspruchskürzung beim Geschädigten gibt es nicht. Auf den Spielplatzfall: K hat voll Anspruch gegen die Stadt aus §
823 I; eigenes Mitver
schulden scheidet mangels Zurechnungsfähigkeit aus (§ 828 I analog), Zurechnung des V über § 254 II 2, 278 greift nicht (kein
Schuldverhältnis). Wegen § 1664 BGB keine Anspruchskürzung und kein Regress der Stadt gegen V (BGHZ 103, 338).
Findet Nemo Tenetur
31.5.2025, 23:38:38
iRd gestörten Gesamt
schuldwird ja hier der Vater als
Schuldner aus §
823 Idiskutiert und dann, ob das darin geforderte Ver
schulden für ihn aufgrund von § 1664 auf Haftung nur für
Vorsatzund grobe
Fahrlässigkeit(§ 277) reduziert werden kann. Ich dachte immer, dass “Ver
schulden” im
Deliktsrechtgerade nicht modifiziert werden kann, bzw. dass wenn es in Betracht kommt, das stets diskutiert werden muss (zB bei
Gefälligkeitsverhältnissen etc.). Müsste ich das im Falle des § 1664 auch machen, oder ist es da allgemein Anerkannt, dass die Privilegierung auf sämtliche Haftungsregime übergreift? Danke
Anika6369
12.6.2025, 15:38:40
Hallo liebes Jura-Fuchs Team, ich hätte eine Frage zur Antwort bezüglich der Frage zum
Rechtsgrundverweis des § 254 Abs. 2 S. 2 BGB. In der Antwort steht folgendes: "Die Benutzung des Spielplatzes begründet zwischen K und der Stadt nicht das für § 278 S. 1 BGB erforderliche Sonderverhältnis". Es wird also auf ein Sonderverhältnis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten abgestellt. Meiner
Meinungnach ist das jedoch die falsche Beziehung. Eine Zurechnung über §§ 254 Abs. 2 S. 2,
278 BGBkäme m.E. nur für das Ver
schulden des
Erfüllungsgehilfen des Geschädigten in Betracht. Dieser ist jedoch nicht der Schädiger, sondern ein Dritter, der auf der Seite des Geschädigten steht. In unserem Fall müsste man - sofern ein
Rechtsgrundverweis angenommen wird - thematisieren, ob der Vater als gesetzlicher Vertreter des Kindes als dessen
Erfüllungsgehilfegesehen werden kann. Dies müsste dann verneint werden. Sieht das noch jemand so? Ich würde mich über eine Antwort freuen!
MrMoney64
19.9.2025, 19:54:38
hi, ich verstehe nicht wie die Unterscheidung zwischen vertraglichen und gesetzlichen Privilegierungen zu behandeln ist. vertragl zb über §444 gesetzlich zb über §1664 aber wie und wo muss ich da etwas zu schreiben? in den argumenten zu ˋkeine korrektur´ ist es auch angeführt… ist es nur herrschnde
meinung, dass wir zwischen vertraglich und gesetzlicher privilegierung unterscheiden oder ist das zwingend? was sind die rechtsfolgen der jeweiligen Unterscheidung ? vllt kann mir hier jemand weiterhelfen Beste Grüße MrMoney64
Foxxy
19.9.2025, 19:54:47
Die Unterscheidung zwischen vertraglicher und gesetzlicher
Haftungsprivilegierungist zwingend und wird von der herrschenden
Meinungsowie der Rechtsprechung (z.B. BGH) gemacht. Rechtsfolge: Bei einer vertraglichen Privilegierung (z.B. Haftungsfreistellung durch Vertrag) bleibt der privilegierte Schädiger im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten weiterhin haftbar, kann aber im Innenverhältnis (Gesamt
schuldnerausgleich) Regress nehmen. Bei einer gesetzlichen Privilegierung (z.B. § 1664 BGB bei Eltern) haftet der privilegierte Schädiger weder im Außenverhältnis noch im Innenverhältnis. Der nicht privilegierte Schädiger (z.B. die Stadt) haftet voll und kann keinen Ausgleich nehmen. Du musst die Unterscheidung im Aufbauschema und in der Argumentation ansprechen, vor allem bei der Frage, ob ein Regress möglich ist und wie sich die Haftung im Außenverhältnis gestaltet. Bei gesetzlicher Privilegierung ist der Schutzzweck entscheidend: Er soll gerade vermeiden, dass der Privilegierte doch (mittelbar) haftet.
MrMoney64
19.9.2025, 19:56:05
Ok @[Foxxy](180364). Aber wie und wo binde ich den
Meinungsstreit mit der Fiktionslösung und Kürzungslösung ein?
Foxxy
19.9.2025, 19:56:15
@MrMoney64 Die Fiktionslösung (fingierte Gesamt
schuldtrotz Privilegierung, mit Kürzung im Außenverhältnis) und die Kürzungslösung (volle Haftung des nicht privilegierten Schädigers, kein Regress) sind zwei Ansätze zum Umgang mit der gestörten Gesamt
schuld. Die herrschende
Meinungund der BGH bevorzugen die Kürzungslösung bei gesetzlicher Privilegierung, also z.B. bei § 1664 BGB: Der privilegierte Schädiger (hier: Elternteil) haftet weder außen noch im Innenausgleich, der nicht privilegierte Schädiger (hier: Stadt) haftet voll. Den
Meinungsstreit solltest du in der Anspruchsprüfung ansprechen, meist im Rahmen der Frage, ob und wie ein Mitver
schulden (§ 254 BGB) bzw. eine Anspruchskürzung oder ein Gesamt
schuldnerausgleich (
§ 426 BGB) möglich ist. Nach Darstellung der Ansichten begründest du, warum du der h.M. folgst (Schutzzweck der Privilegierung, Schutz der familiären Beziehung, keine mittelbare Haftung durch Ausgleich). Zur Hauptfrage: Die Unterscheidung zwischen vertraglicher und gesetzlicher Privilegierung ist zwingend, weil sie unterschiedliche Rechtsfolgen hat. Bei vertraglicher Privilegierung bleibt der privilegierte Schädiger außen haftbar, kann aber im Innenverhältnis privilegiert werden. Bei gesetzlicher Privilegierung entfällt die Haftung komplett, auch im Innenverhältnis. Das musst du im Aufbau immer bei der Prüfung von Gesamt
schuldund Regress ansprechen.
MrMoney64
19.9.2025, 19:57:53
Ok @[Foxxy](180364). Du sagst die herrschende
Meinungbevorzugt die Kürzungslösung bei gesetzlicher Privilegierung. Aber was wird bei der vertraglichen Privilegierung bevorzugt? Bzw. wie wird da verfahren ?
Foxxy
19.9.2025, 19:57:59
@MrMoney64 Bei vertraglicher Privilegierung (z.B. Haftungsfreistellung durch Vertrag) bleibt der privilegierte Schädiger im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten grundsätzlich haftbar. Im Innenverhältnis (Gesamt
schuldnerausgleich) kann aber eine Privilegierung greifen, sodass der privilegierte Schädiger beim Ausgleich nach
§ 426 BGBnicht oder nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden kann. Es findet also regelmäßig ein Ausgleich statt, wobei die Haftungsfreistellung im Innenverhältnis wirkt. Unterschied zur gesetzlichen Privilegierung: Bei gesetzlicher Privilegierung (z.B. § 1664 BGB) entfällt die Haftung des privilegierten Schädigers komplett – weder im Außen- noch im Innenverhältnis ist ein Ausgleich möglich. Die Unterscheidung ist zwingend, weil sie die Haftungsverteilung zwischen den Beteiligten und den Anspruch auf Gesamt
schuldnerausgleich unmittelbar beeinflusst. Im Aufbau sprichst du dies bei der Prüfung der gestörten Gesamt
schuldan, konkret bei der Frage, ob und wie ein Ausgleich nach
§ 426 BGBüberhaupt möglich ist. Zur Ergänzung: Die herrschende
Meinungund der BGH wenden die Kürzungslösung nur bei gesetzlicher Privilegierung an. Bei vertraglicher Privilegierung bleibt es beim Grundsatz der Gesamt
schuld, der Ausgleich erfolgt aber ggf. modifiziert nach den internen Absprachen.
MrMoney64
19.9.2025, 19:58:44
Ah ok. Nice Sache mit @[Foxxy](180364). Wenn die Antworteen so stimmen :)))
Foxxy
19.9.2025, 19:58:54
@MrMoney64 Bei der vertraglichen Privilegierung bleibt der privilegierte Schädiger im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten grundsätzlich haftbar; die Privilegierung wirkt nur im Innenverhältnis beim Gesamt
schuldnerausgleich (
§ 426 BGB), sodass er dort nach Maßgabe der Vereinbarung entlastet werden kann. Bei gesetzlicher Privilegierung (wie § 1664 BGB) entfällt die Haftung des Privilegierten vollständig, also sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis – ein Ausgleich findet nicht statt. Das ist zwingend zu unterscheiden, da die Rechtsfolgen unterschiedlich sind: Vertragliche Privilegierung beeinflusst nur das Innenverhältnis, gesetzliche Privilegierung schließt die Haftung komplett aus. Zur Ergänzung: Die Unterscheidung musst du in der Anspruchsprüfung bei der gestörten Gesamt
schuldimmer deutlich machen, vor allem wenn es um den Regress oder die Haftungsverteilung geht. Die herrschende
Meinung(und die Rechtsprechung) differenziert hier klar.
Tim Gottschalk
19.9.2025, 22:46:09
Hey @[MrMoney64](261146), immer, wenn du Foxxy pingst, antwortet Foxxy wieder. Nur zur Info, zumindest die letzte Antwort wolltest du wohl so nicht auslösen. Ich versuche mal auf alle Punkte einzugehen: Dass die Unterscheidung zwischen vertraglicher und gesetzlicher
Haftungsprivilegierungzwingend und sowohl h.M. als auch von der Rechtsprechung ist, kann man so sagen. Bei jeder möglichen Lösung sind unterschiedliche Argumente ins Feld zu führen, je nachdem, ob man mit einer vertraglichen oder gesetzlichen
Haftungsprivilegierungzu tun hat. Die verschiedenen Lösungansätze hat Foxxy auf jeden Fall durcheinandergebracht. Nach der Kürzungslösung wird der Anspruch im Außenverhältnis gekürzt, sodass der Geschädigte auf einem Teil seines Schadens sitzen bleibt. Nach der Fiktionslösung wird eine Gesamt
schuldfingiert, sodass der nicht privilegierte
Schuldner Gesamt
schuldnerausgleich vom privilegierten
Schuldner verlangen kann. So bleibt am Ende der privilegierte
Schuldner auf dem Schaden sitzen. Die hier vom BGH angewandte Lösung ist somit weder Kürzungslösung noch Fiktionslösung, denn es bleibt ja gerade der nicht privilegierte
Schuldner auf dem Schaden sitzen. Bei gesetzlichen
Haftungsprivilegierungen nimmt der BGH also keine Korrektur vor. Zur Frage, wie man das in der Klausur aufbaut: Man muss zu Beginn meistens entweder einen Anspruch des Geschädigten gegen den nicht privilegierten Schädiger oder einen Anspruch des nicht privilegierten Schädigers gegen den privilegierten Schädiger prüfen. Hier sollte man zunächst die normale gesetzliche Lage darstellen, dann feststellen, dass die Voraussetzungen einer gestörten Gesamt
schuldvorliegen und dann den
Meinungsstreit darum führen, ob es im Hinblick auf den konkreten Anspruch bei der gesetzlichen Lage bleibt oder ob im Wege der Lösung der gestörten Gesamt
schuldhiervon abgewichen werden muss. Das ist also bei jedem Anspruch unterschiedlich. Bei dem im Fall thematisierten Anspruch des Geschädigten gegen den nicht privilegierten
Schuldner würde man feststellen, dass dieser grundsätzlich besteht, aber aufgrund der gestörten Gesamt
schuldgekürzt werden könnte. Dann diskutiert man die verschiedenen Lösungen und kommt zu einem Ergebnis. Hier kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass nicht gekürzt wird, weil er nicht der Kürzungslösung folgt. Die Frage nach der vertraglichen Privilegierung hat Foxxy nicht richtig beantwortet. Der privilegierte Schädiger ist gegenüber dem Geschädigten nach keiner der Ansichten direkt verantwortlich. Die richtige Lösung findest du hier: https://applink.jurafuchs.de/qUepcxiANWb Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
MrMoney64
20.9.2025, 11:39:16
Danke dir vielmals @[Tim Gottschalk](287974).🤟🤝🤝 Finde foxxy ne coole Sache wenn ihr die Antworten nochmal kontrolliert. Manchmal sind die ja falsch aber auch oft richtig. Kein Wunder dass foxxy durcheinander war. Ich war’s nämlich auch komplett. Vorallem von meinen eigenen Erklärungsversuchen. Ich wusste nicht ganz wie ich zu der Antwort komme, die ich wollte. Gut zu wissen. Wollte eigentlich nur meine probs aussprechen für foxxy :D Beste Grüße MrMoney64
lin
18.10.2025, 17:28:14
wenn man hier grobe
Fahrlässigkeitannehmen würde, dann würde es zu einer normalen Gesamt
schuldkommen oder?
Foxxy
18.10.2025, 17:28:19
Ja, wenn beim Vater grobe
Fahrlässigkeitvorliegen würde, greift die Privilegierung des § 1664 Abs. 1 BGB nicht mehr. In diesem Fall wären beide (Vater und Stadt B) als Gesamt
schuldner nach
§ 840 BGBhaftbar, und es käme zur normalen Gesamt
schuld. Dann könnte die Stadt B im Innenverhältnis Regress beim Vater nehmen.
Gadget Mac
1.11.2025, 15:36:08
Ihr führt in einer Anmerkung dankenswerterweise den Grüneberg, BGB, § 426 RdNr. 18ff. für Beispiele an. Nehmt ihn doch einfach auch mit in die Funstellen auf. Gerade für Referendare ist das die wichtigste Kommentarfundstelle. Dann findet man sie leichter. Allgemein würde ich mir wünschen, dass standardmäßig der Grüneberg mit der entsprechenden Fundstelle gelistet wäre. Zwar ist MüKo und Co. oft anschaulicher, allerdings als Referendar oft uninteressant, da im Examen nur der Grüneberg zugelassen und daher maßgeblich ist :)
Herr Reporter
21.11.2025, 11:15:06
Also: Nach BGH wird abgeschichtet: (1) vertragliche
Haftungsprivilegierungen: Fiktionslösung, da sonst Vertrag zulasten Dritter vorläge (2) familienrechtliche
Haftungsprivilegierungen: keine Korrektur der gestörten Gesamt
schuld, da Familienfrieden im Vordergrund steht (3) sonstige gesetzl.
Haftungsprivilegierung: Kürzungslösung Nach h.L. gilt kategorisch: Kürzungslösung, da der Gläubiger sich mit der Privilegierung zurechtfinden muss und der nicht Privilegierte dem Geschädigten dies auch vorhalten kann. Habe ich das richtig verstanden?
Foxxy
21.11.2025, 11:16:54
Im Kern ja, mit zwei Nuancen: - Vertragliche
Haftungsprivilegierung: BGH nimmt eine Kürzung des Anspruchs gegen den nicht privilegierten Schädiger in Höhe der Quote des Privilegierten vor (begründet mit fiktiver Gesamt
schuld); kein Innenregress gegen den Privilegierten. - Familienrechtliche Privilegien (§§ 1664,
1359 BGB): keine Kürzung; der nicht privilegierte Schädiger haftet voll; kein Regress (Schutz der Familiengemeinschaft). - Sonstige gesetzliche Privilegierungen: grundsätzlich Kürzung, aber schutzzweckabhängig; Sonderregime (z.B. SGB VII) können abweichen. Die h.L. tendiert zur generellen Kürzungslösung; „kategorisch“ ist aber zu pauschal, da bei familienrechtlichen Privilegien oft eine Ausnahme anerkannt wird. Zum Spielplatzfall: K hat gegen B Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB; kein Mitver
schulden des K (§ 828 Abs. 1 analog), keine Zurechnung des V über § 254 Abs. 2 S. 2, § 278 mangels Sonderverbindung. V ist nach § 1664 Abs. 1 i.V.m. § 277 wegen nur leichter
Fahrlässigkeitprivilegiert; daher volle Haftung der Stadt ohne Kürzung und ohne Regress gegen V (BGH VI ZR 190/87).


