Eröffnungsbeschluss - Wiederaufnahme nach Ablehnungsbeschluss

3. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Mangels Tatverdacht lehnt das Gericht die Eröffnung rechtskräftig ab (§ 204 StPO). Ein halbes Jahr später gesteht A die Tat. Auf eine erneuet Anklage hin eröffnet das Landgericht das Hauptverfahren (§ 203 StPO). A wird verurteilt.

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Einordnung des Falls

Eröffnungsbeschluss - Wiederaufnahme nach Ablehnungsbeschluss

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wird die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtskräftig abgelehnt (§ 204 StPO), steht einer neuen Anklage in derselben Sache grundsätzlich die Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses entgegen.

Ja, in der Tat!

§ 211 StPO beschränkt die Möglichkeit des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach bestandskräftiger Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens. Eine neue Anklage ist nur beim Vorliegen neuer Tatsachen oder Beweismittel, den sogenannten „Nova”, zulässig. Das Vorliegen der Nova ist Verfahrensvoraussetzung für ein neues Verfahren in derselben Sache. Liegen diese nicht vor, gilt das Verbot der Doppelverfolgung (ne bis in idem, Art. 103 Abs. 3 GG) und das Verfahren ist einzustellen (§ 260 Abs. 3, § 206a StPO). Die Sperrwirkung dient dem Schutz des Angeschuldigten. Er soll nicht wegen schlichter Neubewertung der Sach- oder Rechtslage mit einer weiteren Anklage überzogen werden. Die Sperrwirkung geht aber weniger weit als bei einem rechtskräftigen Urteil (vgl. § 362 StPO).
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2. Lehnt das Ausgangsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ab (§ 204 StPO), ist diese Entscheidung sofort rechtskräftig.

Nein!

Formell rechtskräftig wird eine gerichtliche Entscheidung erst, wenn keine Rechtsmittel mehr dagegen eingelegt werden können. Gegen den Nichteröffnungsbeschluss kann die Staatsanwaltschaft im Wege der sofortigen Beschwerde vorgehen (§ 210 Abs. 2 StPO). Hierfür hat sie eine Woche Zeit (§ 311 Abs. 2 StPO), bevor die Entscheidung rechtskräftig wird. Auch der Neben- und Privatkläger kann gegen den Ablehnungsbeschluss vorgehen (§ 400 Abs. 2, § 390 Abs. 1 StPO). Der Angeklagte ist dagegen nicht beschwert und hat deshalb keine Rechtsmittel gegen die Ablehungsentscheidung.

3. Muss das Vorliegen der neuen Tatsachen bewiesen sein, damit das Verfahren wiederaufgenommen werden darf?

Nein, das ist nicht der Fall!

Entscheidend ist, ob die Nova für das eröffnende Gericht neu und von seinem Standpunkt aus geeignet waren, den hinreichenden Tatverdacht zu begründen. Denn der Eröffnungsbeschluss ist nur eine vorläufige Tatbewertung auf aktenmäßiger Grundlage und fordert damit auch in diesem Fall keine Überzeugung, sondern nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Hat das Eröffnungsgericht das Wahrscheinlichkeitsurteil zum Zeitpunkt der Eröffnung ohne Rechtsverstoß getroffen, so liegt die Verfahrensvoraussetzung der Nova für das neue Verfahren vor.

4. Könnte A unter Berufung auf den Ablehnungsbeschluss erfolgreich Revision gegen seine Veruteilung einlegen?

Nein, das trifft nicht zu!

Erkennt das Revisionsgericht, dass erhebliche Nova im Zeitpunkt der erneuten Eröffnungsentscheidung nicht vorlagen, und treten solche auch nicht im Laufe der Hauptverhandlung zutage, so ist das Verfahren nach § 354 Abs. 1 StPO einzustellen. Vorliegend ergab sich der hinreichende Tatverdacht beim neuen Eröffnungsbeschluss aus dem zwischenzeitlichen Geständnis des Angeklagten. Im Hinblick auf die Nova ist die Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Revision hat damit keinen Erfolg. Ist die Eröffnungsentscheidung im Bezug auf die Nova zu beanstanden, lassen diese sich letztlich aber in der Hauptverhandlung nicht beweisen, ist der Angeklagte freizusprechen (§ 354 Abs. 1 StPO).
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