Einigung (Sachgesamtheiten)

3. Juli 2025

15 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

W nimmt bei Bank B einen Kredit auf, um die Vergrößerung seines Warenlagers finanzieren zu können. Zur Sicherung des Darlehens-Rückzahlungsanspruchs vereinbart die Bank mit W, dass sie das Eigentum an 50 % der im Warenlager befindlichen Waren erhalten soll.

Diesen Fall lösen 82,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Einigung (Sachgesamtheiten)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B ist Eigentümerin der betreffenden Waren geworden, wenn ein wirksamer Eigentumserwerb nach §§ 929 S.1, 930 BGB erfolgt ist.

Ja!

Die Sicherungsübereignung erfolgt in der Regel durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts nach §§ 929 S.1, 930 BGB. Voraussetzungen für eine wirksame Übereignung nach §§ 929 S.1, 930 BGB sind: (1) Einigung über den Eigentumsübergang, (2) Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB), (3) Einigsein, (4) Berechtigung.
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2. Gegenstand der Sicherungsübereignung können nur einzelne Sachen sein, nicht aber Sachgesamtheiten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Gegenstand der Sicherungsübereignung können sowohl einzelne Sachen als auch Sachgesamtheiten (wie Warenlager, Briefmarkensammlungen) sein. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dingliche Rechte immer nur an bestimmten einzelnen Sachen möglich sind und sich auf eine konkrete Sache beziehen müssen (Wahrung der Rechtsklarheit). Eine Übereignung der Sachgesamtheit als solcher ist nicht zulässig. Vielmehr einigen sich die Parteien über den Eigentumswechsel an jeder einzelnen Sache der Gesamtheit, auch wenn dies äußerlich in einer Handlung zusammenfällt.

3. Indem sich B und W über den Eigentumsübergang des halben Warenlagers geeinigt haben, haben sie den Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt, sodass eine wirksame Einigung vorliegt.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass anhand äußerer Abgrenzungskriterien für jeden Dritten, der Kenntnis von der Sicherungsabrede hat, eindeutig erkennbar ist, welche Sachen von der Sicherungsübereignung erfasst sind und welche nicht. Die Zugehörigkeit einer Sache zur Sicherungsübereignung darf sich nicht erst mithilfe von Unterlagen außerhalb der Sicherungsabrede (wie Warenbücher, Rechnungen) feststellen lassen. Die Vereinbarung über die Übereignung des halben Warenlagers genügt den Bestimmtheitsanforderungen nicht. Es ist nicht klar, welche der im Warenlager befindlichen Waren zu den 50 % zählen, die als Sicherheit übereignet werden sollen. Folglich liegt keine wirksame Einigung vor, sodass B nicht Eigentümerin der Waren geworden ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

nina_katharina

6.1.2024, 19:54:49

ich finde es etwas verwirrend, dass bei Frage 1 B Eigentümerin wird wenn die Einigung ja am Bestimmtheitsgrundsatz scheitert

CR7

CR7

14.1.2024, 16:30:41

Die erste Frage zielt zunächst darauf ab, die Voraussetzungen darzustellen. Es handelt sich zunächst um einen Obersatz und ist keine endgültige Feststellung

Jopies

Jopies

22.1.2024, 19:15:41

Eine Vereinbarung „alle Waren in dem Warenlager“ wäre eben auch eine Sachgesamt, so wäre die

Übereignung

aber möglich gewesen.

Jopies

Jopies

31.1.2024, 00:43:20

Ach Ent

schuld

igung, darum geht es ja gar nicht 😅

NUT

Nutzername34

8.1.2025, 17:55:10

Könnte man die Einigung nicht auch dahingehend auslegen, dass die Bank an allen einzelnen, also bestimmten Gegenständen zu 50 % Miteigentümerin wird oder übersehe ich hierbei etwas?

PK

P K

8.1.2025, 22:08:39

Das würde ja das (von der Lösung angenommene) Bestimmtheitsdefizit nicht ausräumen, da die "einzelnen" Gegenstände oder Arten von Gegenständen gerade nicht genannt wurden. Allenfalls vertretbar, wenn der Wille der Parteien auf

Sicherungsübereignung

ausnahmslos aller Sachen gerichtet ist (Jauernig, § 930 Rn. 46). Das wird häufig nicht der Fall sein.

NUT

Nutzername34

9.1.2025, 08:44:15

Aber man kann ja auch Sachgesamtheiten übereignen, wenn sie hinreichend bestimmt sind. In einer anderen Aufgabe diesen Kapitels wird der Inhalt eines Lagerraums als bestimmt genug angesehen (dort der vollständige Inhalt). Die Auslegung in ein Miteigentum ist vielleicht etwas weit hergeholt, würde aber mE das Bestimmtheitserfordernis einhalten

DI

Dini2010

19.3.2025, 02:25:31

Ich finde die Frage "Gegenstand der

Sicherungsübereignung

können nur einzelne Sachen sein, nicht aber Sachgesamtheiten" sehr unglücklich formuliert. Die Antwort lautet zunächst "Die Aussage stimmt nicht. Gegenstand der

Sicherungsübereignung

können sowohl einzelne Sachen als auch Sachgesamtheiten (wie Warenlager, Briefmarkensammlungen) sein." Und dann etwas später "Dabei ist allerdings zu beachten, dass dingliche Rechte immer nur an bestimmten einzelnen Sachen möglich sind und sich auf eine konkrete Sache beziehen müssen (Wahrung der Rechtsklarheit). Eine

Übereignung

der Sachgesamtheit als solcher ist nicht zulässig." Entweder habe ich gerade einen Knoten im Hirn, oder es liest sich komplett widersprüchlich :) Wäre es evtl besser, in der Frage und am Anfang der Erklärung zu schreiben "Gegenstand der

Sicherungsabrede

...." oder "Gegenstand des

Sicherungsvertrag

es.."? Dann wird auch direkt klar, dass es einmal um die Vereinbarung als solche geht, und einmal um die dingliche Seite?

BEN

benjaminmeister

9.4.2025, 12:54:24

Ich teile deine Verwirrung vollumfänglich und hadere immer wieder bei diesen komischen Forumlierungen.

PAUL18

paul18

22.6.2025, 15:14:33

In der Erläuterung steht folgendes: "Es ist nicht klar, welche der im Warenlager befindlichen Waren zu den 50 % zählen, die als Sicherheit übereignet werden sollen." Ist nicht eigentlich sehr klar, welche Waren umfasst sein sollen, wenn man hälftiges Miteigentum (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB) an jeder einzelnen Sache im Warenlager annimmt?

Paulah

Paulah

26.6.2025, 23:45:42

Zur Sicherung eines Darlehens wird kaum hälftiges Miteigentum an jeder einzelnen Sache übereignet werden. Dann könnten die Sachen nicht verwertet werden. "50 % der im Warenlager befindlichen Waren" meint, von 100 Gegenständen übertrage ich 50.

PAUL18

paul18

27.6.2025, 16:37:19

Naja, die Sachen könnten schon verwertet werden. Dafür müsste man nur zuerst die Miteigentumsgemeinschaft aufheben.

Paulah

Paulah

27.6.2025, 16:51:48

Das ist aber nicht der Sinn einer

Sicherungsübereignung

.

PAUL18

paul18

28.6.2025, 20:25:55

Und warum nicht?

Paulah

Paulah

28.6.2025, 20:41:15

Wenn man eine Sicherheit haben möchte, möchte man sich im Sicherungsfall nicht mit einem Miteigentümer, der zu allem Überfluss noch der

Schuld

ner ist, auseinandersetzen müssen, um an sein Geld zu kommen. Selbst wenn man es täte - wie soll das von statten gehen? Du hast mir 50 % eines Lagers, in dem Sessel stehen, übereignet. Jeder Sessel gehört mir zu 50 %. Der Sicherungsfall tritt ein. Und dann? Verkaufe ich meinen halben Sessel? Deshalb muss genau bestimmt sein, du kriegst den blauen Sessel und ich den roten, du das grüne sofa und ich das gelbe.

PAUL18

paul18

2.7.2025, 13:03:26

1. Ja, man müsste sich mit einem Miteigentümer herumschlagen. Und ja, der wäre auch zugleich der

Schuld

ner der zugrundeliegenden Forderung. Das ist aber nicht nur meinem Vorschlag, sondern dem Sicherungseigentum allgemein inhärent. Schließlich handelt es sich um ein besitzloses Sicherungsmittel, der Sicherungsnehmer müsste gegen den Sicherungsgeber ja auch sonst (notfalls) vorgehen. 2. Naja, das geht vonstatten wie eine Auseinandersetzung halt eben vonstattengeht, also insbesondere nach Maßgabe der §§ 752, 753 BGB.

Paulah

Paulah

2.7.2025, 14:26:39

In den genannten Kommentarstellen steht es jedenfalls genau so, wie es hier in der Lösung dargestellt ist. Dem liegt eine BGHZ-Entscheidung zugrunde. Vielleicht kannst du dir die mal ansehen. Ich habe sie auf die Schnelle nicht gefunden.


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