Fehleridentität (Anfechtung beider RG)

18. Januar 2025

37 Kommentare

4,7(37.661 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Verkäufer macht bewusst fälschliche Wetschätzung einer Vase als Illustration für Fall zu Anfechtung von Verfügungsgeschäften bei Fehleridentität.

V lässt Antiquitätenhändler A eine gebrauchte Vase begutachten. A sagt V wider besseres Wissen, dass sie nicht viel wert sei. V verkauft und übereignet die Vase für €10 an A. In Wahrheit ist die Vase antik und wertvoll.

Diesen Fall lösen 79,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Fehleridentität (Anfechtung beider RG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V kann seine auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wegen eines Eigenschaftsirrtums anfechten (§ 119 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Bei einem Eigenschaftsirrtum irrt der Erklärende über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache. Eigenschaft einer Sache sind alle wertbildenden Faktoren. Das Alter eines Gegenstands ist in aller Regel ein wertbildender Faktor. Während bei den meisten Gebrauchsgegenständen der Wert mit dem Alter sinkt, so kann es bei Sammlerstücken zu einem Wertzuwachs führen. Damit unterlag V bei Abgabe seiner Willenserklärung einem Eigenschaftsirrtum. Ohne diesen Irrtum hätte V eine entsprechende Willenserklärung nicht abgegeben und kann diese anfechten.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. V kann seine auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

A müsste V arglistig über Tatsachen getäuscht haben, sodass V einem Irrtum unterlegen ist, ohne den er eine Willenserklärung dieser Art nicht abgegeben hätte. Das Alter einer Vase ist ein dem Beweis zugänglicher Umstand der Vergangenheit oder Gegenwart. A hatte dies auch erkannt und handelte somit arglistig. Basierend auf der arglistigen Täuschung ist bei V auch der Irrtum entstanden, die Vase sei wertlos. Ohne diesen Irrtum hätte V die Vase nicht zu einem so niedrigen Preis verkauft. Mithin kann V seine auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete WE wegen arglistiger Täuschung anfechten.

3. V kann die auf Übereignung gerichtete Willenserklärung wegen eines Eigenschaftsirrtums anfechten (§ 119 Abs. 2 BGB).

Nein!

Die Übereignung ist ein Rechtsgeschäft und entsprechend kann die hierauf gerichtete Willenserklärung deshalb ebenfalls angefochten werden. Allerdings beinhaltet die Einigung (dinglicher Vertrag in der Übereignung) nur den Inhalt: „Das Eigentum an dieser Sache soll übergehen“. Die Einigung ist damit grundsätzlich wertneutral. Vorstellungen und Abreden aus dem zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft dürfen wegen des Trennungsprinzips nicht auf die Einigung übertragen werden. Damit kann das Verfügungsgeschäft nur angefochten werden, wenn ihm ein eigener Irrtum zugrunde liegt. V wollte aber genau diesen Gegenstand übereignen. Er war daher nicht im Irrtum. Die Frage der Anfechtbarkeit von Verfügungen wegen Eigenschaftsirrtums ist in den Einzelheiten sehr umstritten. Neben Stimmen, die die Anfechtbarkeit generell ablehnen, finden sich auch solche, die häufig eine Anfechtbarkeit bejahen.

4. V kann die auf die Übereignung gerichtete Willenserklärung wegen der arglistigen Täuschung durch A anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft können angefochten werden, wenn sie an demselben Fehler leiden (Fehleridentität). Der Fehler muss für beide Geschäfte separat festgestellt werden. Bei der arglistigen Täuschung ist es ausreichend, dass der Erklärende durch die Täuschung zur Abgabe der WE bestimmt wurde. Ohne die Täuschung hätte V die Vase nicht übereignet. Damit leidet auch die Willenserklärung bezüglich der Übereignung an dem gleichen Fehler wie die auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete WE und kann angefochten werden.

5. Kann V nach erfolgter Anfechtung Herausgabe der Vase nach § 985 BGB verlangen?

Ja, in der Tat!

Ein Anspruch aus § 985 BGB besteht, wenn eine sog. Vindikationslage vorliegt. Diese ist gegeben, wenn (1) der Anspruchsteller Eigentümer ist, (2) der Anspruchsgegner Besitz an der Sache hat und (3) kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) besteht. Aufgrund der wirksamen Anfechtung der Einigung hat V niemals das Eigentum an der Sache verloren. A hat auch die tatsächliche Sachherrschaft, getragen von einem Besitzwillen (Besitz) an der Vase. Grundsätzlich kann auch ein Kaufvertrag ein Recht zum Besitz des Käufers vermitteln. Durch die wirksame Anfechtung fehlt es jedoch auch an einem Recht zum Besitz des A.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EYE

eyelinedog

3.4.2021, 14:29:37

Wäre jemand so lieb und würde mir erklären wo mein Denkfehler liegt? Für mich würde es Sinn machen, dass der

Eigenschaftsirrtum

ebenfalls zur Anfechtung der

Übereignung

berechtigt. Hätte V von dem

Eigenschaftsirrtum

gewusst, hätte er ja nicht

übereignen

wollen? Genau so wie bei der

arglistig

en Täuschung. Ist es ganz allgemein so, dass ein

Eigenschaftsirrtum

grds. Nicht zur Anfechtung des dinglichen RG berechtigt?

Speetzchen

Speetzchen

3.4.2021, 19:21:33

ja, genau ! Denn die

Übereignung

ist wertneutral und beinhaltet nur die Aussage, das Eigentum an eine Person zu

übereignen

. V irrt sich aber nicht darüber, er will A ja das Eigentum an der Vase

übereignen

. Hoffe das hilft. Lg 🐣

EYE

eyelinedog

3.4.2021, 19:54:34

Danke sehr! Und wieso kann er die

Übereignung

dann auf Grund der

arglistig

en Täuschung anfechten? Er hat das Eigentum ja auch da übergeben wollen? 😅

Speetzchen

Speetzchen

3.4.2021, 20:20:16

Bei der arglisten Täuschung sind im Falle der Anfechtung beider Verträge beide Rechtsgeschäfte nichtig, sofern die Täuschung, was der Regelfall ist, den V nicht nur zum Abschluss des KV sondern auch zum Abschluss des

Übereignungsvertrag

s veranlasst hat. Die

arglistig

e Täuschung wirkt sozusagen auf beide RG, da die Eignung an dem selben Mangel leidet. Der Eigentschaftsirrtum wirkt sich hingegen nicht auf die

Übereignung

aus, da (wie o.g.) es hier nur um die Frage geht, ob V generell das Eigentum

übereignen

wollte. Er wollte ja gerade die Sache

übereignen

, ggf. halt zu einem anderen Preis.

BIE

Bienenschwarmverfolger

20.4.2021, 09:38:33

Ich möchte hier noch hinzufügen, dass durchaus auch vertreten wird, dass beim

Eigenschaftsirrtum

auch die

Übereignung

nach 119 II anfechtbar ist (zB MüKo, 8. Aufl., § 119 Rn. 155). Ich persönlich finde diese Auffassung auch überzeugender: Dass das

Verfügungsgeschäft

„wertneutral“ ist, ändert ja nichts daran, dass der

Eigenschaftsirrtum

kausal für die

Übereignung

ist. Hätte V den wertbildenden Faktor bei der

Übereignung

gekannt, hätte sie von dieser abgesehen. Nur das und nicht mehr verlangt § 119 II, I. An diesem Fall wird, finde ich, sogar besonders gut deutlich, dass es merkwürdig ist, 119 I und 123 I so unterschiedlich zu behandeln: Der Irrtum, den A durch die Täuschung verursacht, ist ja gerade der

Eigenschaftsirrtum

. Warum sollte der nur nach 123 I „fehleridentisch“ sein?

Rüsselrecht 🐘

Rüsselrecht 🐘

6.11.2021, 20:18:08

Das ist in der Tat verwirrend. Ich würde auch gerne etwas ergänzen. Grundsätzlich spielt die Frage des “Warums“ der Verfügung innerhalb der dinglichen Einigung keine Rolle. Der dinglich-abstrakte Minimalkonsens würde auch durch die Täuschung oder

Drohung

grundsätzlich nicht berührt werden. Aber in der Situation des § 123 BGB ist der

Übereignen

de in einer anderen Situation als in den Fällen des § 119 und ist aufgrund der Täuschung/

Drohung

schutzwürdig. Der Anfechtungsgegner verursacht den Willensmangel meist unter Verwirklichung eines Straf

tatbestand

es. Gegenüber diesem Schutz des Erklärenden muss auch der mit dem Abstraktionsprinzip verbundene Verkehrsschutz zurücktreten. Somit greift der Willensmangel des § 123 I BGB auf das

Verfügungsgeschäft

durch.

DAV

David.

24.11.2022, 14:39:36

Und wie sähe es aus, wenn V die Vase bei sich zuhause aufgestellt hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Vase antik ist? Weil dann wäre der

Eigenschaftsirrtum

doch auch kausal für das

Verfügungsgeschäft

geworden, denn er hätte aufgrund des

Eigenschaftsirrtum

s genau diese Vase eben nicht an jemand anders

übereignen

wollen, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

29.11.2022, 15:50:29

Hallo David, hätte V gewusst, dass die Vase alt ist hätte er diesbezüglich keinem Irrtum unterliegen können. Das

Verfügungsgeschäft

bleibt aber in jedem Fall grundsätzlich neutral. Viele Grüße, Nora - für das

Jurafuchs

-Team

DAV

David.

29.11.2022, 18:26:18

Im „Examinatorium BGB AT“ von Armbrüster habe ich jetzt folgendes gefunden: „Die Vorstellung über bestimmte Eigenschaften ist dafür regelmäßig unbedeutend. Nur wenn die Sache bei Kenntnis der Herkunft o.ä. gar nicht veräußert worden wäre (und nicht nur ein anderer Preis ausgehandelt worden wäre) kann daher von einem „

Doppelmangel

“ bei Verpflichtungs- und

Verfügungsgeschäft

ausgegangen werden.“ Demnach wäre dann ja schon eine

Anfechtung des Verfügungsgeschäfts

möglich

SI

sinaaaa

11.1.2023, 18:48:09

Warum kann man dann die

Übereignung

wegen

Eigenschaftsirrtum

nicht anfechten ? Sondern nur wegen arglistischer Täuschung?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

13.1.2023, 12:37:26

Hallo sinaaaa, danke für deine Frage. Es wird angenommen, dass die dingliche Einigung mithin die Erklärung wertneutral ist. Sie zielt nur darauf ab die

schuld

rechtliche Verpflichtung durch Verfügung zu erfüllen, sprich: "Ich übereigne dir die Vase." Genaue Vorstellungen dazu spielen im Rahmen der dinglichen Einigung keine Rolle mehr. Mithin kann der Erklärende auch nicht über Eigenschaften der Vase geirrt haben im Rahmen seiner dinglichen Erklärung. Viele Grüße, Nora - für das

Jurafuchs

-Team

PET

Petrus

18.2.2023, 09:33:29

Hier könnte man vielleicht noch darauf hinweisen, dass die

Anfechtbarkeit

wegen

Eigenschaftsirrtum

s auf Verkäuferseite auch gesperrt sein kann, wenn dem Käufer dadurch die

Gewährleistung

srechte entzogen werden würden. V kann hier nur nach § 119 II anfechten, weil der Käufer ein gutes Geschäft macht und daher von seinen

Gewährleistung

srechten keinen Gebrauch machen würde, bzw. weil er wegen der Täuschung nicht schutzbedürftig ist.

Gruttmann

Gruttmann

10.1.2024, 11:42:50

Hallo Petrus, gibt es dazu Normen, wann dem Käufer

Gewährleistung

srechte entzogen werden würden? Also ich verstehe noch nicht ganz, wieso er wegen eines

Eigenschaftsirrtum

s anfechten darf, ich dachte das wäre nach Übergang nicht mehr möglich. Wegen

arglistig

er Täuschung Ja, aber wegen

Eigenschaftsirrtum

, da bin ich mir noch nicht schlüssig. Ich bin im 1. Semester, wir hatten das noch nicht, deshalb würde eine kurze knackige Erklärung mir reichen und insbesondere helfen. Danke im Voraus. LG

QUIG

QuiGonTim

16.9.2023, 23:10:14

Habe ich es richtig verstanden, dass das

Verfügungsgeschäft

wegen des Wortlautes von

§ 123 Abs. 1 BGB

anfechtbar ist? Denn V wurde durch die

arglistig

e Täuschung nicht nur zum Abschluss des Kaufvertrages, sondern auch zur

Übereignung

bestimmt?

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

12.3.2024, 13:15:21

Liebes

Jurafuchs

-Team, auch hier wieder der Vermerk bezüglich der "Anfechtung eines Kaufvertrages"; Anfechtung der WE wäre richtig. Viele Grüße

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.3.2024, 09:18:23

Hallo DelusionalD, völlig richtig! In §

142 BGB

wird zwar missverständlich vom anfechtbaren „Rechtsgeschäft“ gesprochen, gemeint ist aber letztlich die anfechtbare Willenserklärung (bei deren Nichtigkeit aber letztlich auch das gesamte Rechtsgeschäft unwirksam ist). Gegenstand der Anfechtung ist also die fehlerhafte Willenserklärung (vgl. auch § 119 Abs. 1 BGB: Wer bei der Abgabe einer „Willenserklärung“). Wir haben das präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das

Jurafuchs

-Team

ALE

Alexander14

10.4.2024, 17:20:31

Woraus genau entnimmt man dem Sachverhalt den

Eigenschaftsirrtum

? Die Vase ist antik und deswegen wertvoll. Ich kann dem Sachverhalt jedoch nicht entnehmen, dass V sich darüber irrt, denn der A sagt laut Sachverhalt bloß, dass die Vase nicht viel wert sei. Der Wert ist aber ja gerade keine Eigenschaft.

Gruttmann

Gruttmann

10.4.2024, 21:05:36

Wenn etwas Antik ist, ist es alt. Das Alter einer Sache ist eine

verkehrswesentliche Eigenschaft

, über die man sich irren kann. Im SV steht nicht explizit, dass er denkt die Vase sei nicht Antik, aber davon muss man dann ausgehen. Mithin hat er sich darüber geirrt..

ALE

Alexander14

10.4.2024, 21:16:52

Wie die Aufgabe gemeint ist, ist mir klar. Aber warum muss man davon ausgehen? Aus „nichts wert“ kann man doch nicht „nicht alt“ folgern.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.4.2024, 10:33:48

Hi Alexander14, um Verwirrungen vorzubeugen, haben wir jetzt im Sachverhalt präzisiert, dass V eine "gebrauchte" Vase begutachten lässt. Konkretes Wissen hinsichtlich des Alters kann man insoweit nicht unterstellen. Sofern der Antiquitätenhändler feststellt, dass die Vase nichts wert sei, ist damit zugleich miterklärt, dass kein werterhöhender Faktor (zB ein besonders hohes Alter) vorliegt. Ich hoffe, jetzt wird es noch etwas klarer. Beste Grüße, Lukas - für das

Jurafuchs

-Team

Paulah

Paulah

13.4.2024, 13:31:07

V sagt "wider besseres Wissen", dass sie nicht viel wert ist - er wusste also um den Wert. Ich nehme auch an, dass man eine "normale" Haushaltsvase nicht beim Antiquitätenhändler begutachten lassen würde.

Toni Heilig

Toni Heilig

3.8.2024, 23:06:24

Tatsächlich war ich auch verwirrt und bin schon davon ausgegangen, dass der Sachverhalt darauf aus ist den Unterschied zwischen dem Irrtum über den Wert, welcher ja kein tauglicher

Eigenschaftsirrtum

i.S.d. § 119 BGB ist und dem Irrtum über eine Eigenschaft wie das Alter, welcher sehr wohl für eine Anfechtung taugt, zu erklären. Glaube man könnte das im Sachverhalt noch etwas präzisieren. Aber sonst klasse Aufgaben 👌

CY

cynthipünthi

23.10.2024, 13:30:55

Liebes

Jurafuchs

-Team, warum geht 119 II bzgl der WE des Kaufverrtags durch? Der

Gefahrübergang

hat stattgefunden, sprich nach hM ist 119 II doch versperrt…

H.B. Flexer

H.B. Flexer

31.10.2024, 00:53:57

119 II ist gesperrt, wenn das

Gewährleistung

srecht greift.

439 BGB

regelt aber nur die Rechte des Käufers, nicht der Verkäufers. Deswegen kann V mit 119 II anfechten.

BEN

benjaminmeister

14.11.2024, 20:50:45

Ich finde man könnte bei Aufgaben wie dieser hier schon die andere Ansicht erwähnen, nach der auch die dingliche Einigung gem. § 119 Abs. 2 BGB beim

Eigenschaftsirrtum

regelmäßig (!) erfolgreich angefochten werden kann. Beispielhaft: Armbrüster, in: MüKoBGB, § 119 Rn. 159.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

18.11.2024, 10:40:03

Hallo @[benjaminmeister](216712), in der Tat gibt es diese Ansicht. Wir stellen uns aber ohnehin nicht gänzlich auf die Seite der ebenfalls vertretenen Auffassung und sagen mit ihr, dass eine Anfechtung der Verfügung nach § 119 II BGB nie möglich sei. Vielmehr sagen wir, dass die

Übereignung

grds (!) wertneutral und eine Anfechtung der Verfügung nur möglich ist, wenn die Verfügung (ebenfalls) auf einem Irrtum beruht. Das scheint mir ein ganz guter Kompromiss zu sein, zumal wir das Meinungsbild zur Anfechtung nach § 119 BGB hier nicht in allen Details und den Untermeinungen abbilden können und das Schlagwort der "Wertneutralität" der Verfügung eben häufig noch erwartet wird. Wir haben jetzt zumindest einen kurzen Vertiefungshinweis aufgenommen, der klarstellt, wie umstritten die Frage ist. Selbst nach der aA scheint mir übrigens nicht zwingend, dass wir hier wegen

Eigenschaftsirrtum

s anfechten könnten (vgl das anschauliche Beispiel bei BeckOGK-BGB/Rehberg, Stand 1.9.2024, § 119 Rn 149.1; näher MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl 2023, § 929 Rn 34). Das Wort "regelmäßig" benutzt MüKo/Armbrüster in diesem Zusammenhang übrigens nicht. Ich verstehe die dortigen Ausführungen auch nicht in diesem Sinn. Er sagt nur, dass sich "gerade" ein

Eigenschaftsirrtum

nach § 119 II BGB auch auf die Verfügungsebene auswirken kann. Das sehe ich aber eher im Vergleich zu dem zuvor genannten § 119 I BGB, bei dem das nach MüKo/Armbrüster seltener der Fall sein soll. Dass das aber eine "Regel" oder auch nur eine Mehrheit der Fälle sein soll, sehe ich in der Formulierung nicht. "Regelmäßig" benutzt allerdings MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl 2023, § 929 Rn 34 - das zeigt schon, wie vielfältig hier das Meinungsbild ist. Viele Grüße, Sebastian - für das

Jurafuchs

-Team

BEN

benjaminmeister

20.11.2024, 09:11:52

@[Sebastian Schmitt](263562) Stimme dir zu! Der hinzugefügte Vertiefungshinweis hat das Problem aber jetzt mMn. sehr gut entschärft 👍


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen