Verwaltungsakt nach § 35 S. 1, 2 VwVfG – Abgrenzung von Allgemeinverfügung


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Im Umkreis von Stuttgart treten vermehrt epidemische Erkrankungen an Typhus auf. Bei einer Regierungsbesprechung wird festgestellt, dass Endiviensalat mit großer Wahrscheinlichkeit die Infektionsquelle ist. Das Innenministerium ordnete daraufhin ein Verkaufsverbot von Endiviensalat in den betroffenen Kreisen an.

Einordnung des Falls

Verwaltungsakt nach § 35 S. 1, 2 VwVfG – Abgrenzung von Allgemeinverfügung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Verkaufsverbot ist eine „hoheitliche Maßnahme“ einer „Behörde“ „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ (§ 35 S. 1, 2 VwVfG).

Genau, so ist das!

Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG). Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitige öffentlich-rechtliche Handeln einer Behörde im Über-/ Unterordnungs-Verhältnis. Keine hoheitliche Maßnahme ist der öffentlich-rechtliche Vertrag oder privatrechtliches Verwaltungshandeln.Das Innenministerium ist eine Behörde, da sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Das Verkaufsverbot ist eine einseitige Maßnahme auf Grundlage des Seuchenpolizeirechts und somit eine hoheitliche Maßnahme. Sofern eine hoheitliche Maßnahme vorliegt, ist auch die Voraussetzung „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ erfüllt.

2. Das Verkaufsverbot enthält eine „Regelung“ (§ 35 S. 1, 2 VwVfG).

Ja, in der Tat!

Eine Maßnahme besitzt Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. unmittelbar Rechte und Pflichten des Betroffenen zu begründen, zu ändern, aufzuheben, festzustellen oder zu verneinen. Maßnahmen mit Regelungscharakter sind abzugrenzen von schlichtem Verwaltungshandeln, Auskünften und anderen Maßnahmen, die keine Rechtsfolge setzen; auch Verwaltungsakte vorbereitende Maßnahmen haben keinen Regelungscharakter.Das Verkaufsverbot begründet die Pflicht aller Lebensmitteln-Verkäufer, den Verkauf von Endiviensalat zu stoppen. Eine Regelung ist gegeben.

3. Damit die Maßnahme das Merkmal des „Einzelfalls“ (§ 35 S. 1, 2 VwVfG) erfüllt, muss sie konkret-individuell sein.

Nein!

Unter einer Einzelfall-Maßnahme versteht man jedenfalls eine konkret-individuelle Regelung. Das Merkmal „Einzelfall“ grenzt Verwaltungsakte von Rechtsnormen, die abstrakt-generell sind, ab. Die Kategorien konkret und abstrakt beschreiben den Sachverhalt, die Kategorien individuell und generell den Personenkreis.Auch konkret-generelle Regelungen können Verwaltungsakte in Gestalt von Allgemeinverfügungen (§ 35 S. 2 VwVfG) sein. Letztere betreffen einen konkreten Sachverhalt und einen unbestimmten, aber bestimmbaren, Personenkreis.

4. Das Verkaufsverbot stellt eine abstrakt-generelle Rechtsnorm dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Kategorien konkret und abstrakt beschreiben den Sachverhalt, die Kategorien individuell und generell den Personenkreis.Der Personenkreis, an den sich das Verkaufsverbot richtet (= alle Lebensmittelverkäufer), ist unbestimmt, aber bestimmbar, und damit generell. Ob eine Allgemeinverfügung oder eine Rechtsnorm vorliegt, bestimmt sich also danach, ob ein konkreter Sachverhalt geregelt wird oder mehrere Sachverhalte abstrakt geregelt werden. Das BVerwG knüpft an die Seuchengefahr (= konkreter Sachverhalt) an. Damit liegt eine konkret-generelle Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 VwVfG) vor.Eine andere Ansicht knüpft an die Vielzahl von unbestimmten Verkaufsvorgängen (= mehrere Sachverhalte) an und geht von einer abstrakt-generellen Norm aus.In Grenzfällen wie diesem ist das Merkmal "Einzelfall" daher genau zu bestimmen.

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