Öffentliches Recht
Grundrechte
Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG)
Sitzblockaden: Nonverbale Kommunikation mit politischem Aspekt genügt
Sitzblockaden: Nonverbale Kommunikation mit politischem Aspekt genügt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Mitglieder der Aktionsgruppe A ketten sich an das Haupttor einer Wiederaufbereitungsanlage, um gegen Atomkraft zu protestieren. Fahrzeuge können das Haupttor nicht mehr passieren.
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Einordnung des Falls
Sitzblockaden: Nonverbale Kommunikation mit politischem Aspekt genügt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Teilnehmer einer Versammlung müssen sich mündlich äußern, damit der sachliche Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eröffnet ist.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Wenn sich die Teilnehmer nicht mündlich äußern, so müssen sie zumindest andere Hilfsmittel der Kommunikation (wie etwa Transparente, Flyer, Banner) benutzen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Edward Hopper
29.6.2022, 21:12:38
Wäre hier für den sachlichen Schutzbereich nicht auch wichtig ob diese Demo friedlich ist hinsichtlich einer Nötigung 240 StGB, da diese sich angekettet haben und somit körperlicher Zwang besteht?
Lukas_Mengestu
30.6.2022, 11:25:56
Hallo besserwisser, in der Tat ist der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit nur für friedliche Versammlungen eröffnet. Allerdings werden hieran nicht allzu hohe Anforderungen gestellt. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, „wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden, nicht schon, wenn es zu Behinderungen Dritter kommt“ (BVerfG NJW 2002, 1031 (1032)). Das BVerfG lehnte hier insoweit die Unfriedlichkeit ab: "Ungeachtet der strafrechtlichen Bewertung als Gewalt kann das Verhalten der Teilnehmer der Blockadeaktion daher nicht als unfriedlich angesehen werden. Für die Begrenzung des Schutzbereichs des Art. 8 I GG ist jedoch allein der verfassungsrechtliche Begriff der Unfriedlichkeit maßgebend, nicht der umfassendere
Gewaltbegriffdes § 240 StGB ". Die tatbestandlich erfüllte Nötigung führt hier insoweit nicht zum Ausschluss der Versammlungsfreiheit. Diese lässt dann wiederum die Rechtswidrigkeit der Nötigung entfallen (nicht
verwerflich), sodass sich die Teilnehmer hier im Ergebnis auch nicht strafbar machen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team