Öffentliches Recht
Grundrechte
Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG)
Sitzblockaden: Nonverbale Kommunikation mit politischem Aspekt genügt
Sitzblockaden: Nonverbale Kommunikation mit politischem Aspekt genügt
17. Juni 2025
3 Kommentare
4,7 ★ (13.962 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Mitglieder der Aktionsgruppe A ketten sich an das Haupttor einer Wiederaufbereitungsanlage, um gegen Atomkraft zu protestieren. Fahrzeuge können das Haupttor nicht mehr passieren.
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Einordnung des Falls
Sitzblockaden: Nonverbale Kommunikation mit politischem Aspekt genügt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Teilnehmer einer Versammlung müssen sich mündlich äußern, damit der sachliche Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eröffnet ist.
Nein, das trifft nicht zu!
2. Wenn sich die Teilnehmer nicht mündlich äußern, so müssen sie zumindest andere Hilfsmittel der Kommunikation (wie etwa Transparente, Flyer, Banner) benutzen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Edward Hopper
29.6.2022, 21:12:38
Wäre hier für den sachlichen Schutzbereich nicht auch wichtig ob diese Demo friedlich ist hinsichtlich einer
Nötigung 240 StGB, da diese sich angekettet haben und somit körperlicher Zwang besteht?

Lukas_Mengestu
30.6.2022, 11:25:56
Hallo besserwisser, in der Tat ist der Schutzbereich der
Versammlungsfreiheitnur für friedliche Versammlungen eröffnet. Allerdings werden hieran nicht allzu hohe Anforderungen gestellt. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, „wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden, nicht schon, wenn es zu Behinderungen
Dritterkommt“ (BVerfG NJW 2002, 1031 (1032)). Das BVerfG lehnte hier insoweit die Unfriedlichkeit ab: "Ungeachtet der strafrechtlichen Bewertung als Gewalt kann das Verhalten der Teilnehmer der Blockadeaktion daher nicht als unfriedlich angesehen werden. Für die Begrenzung des Schutzbereichs des Art. 8 I GG ist jedoch allein der verfassungsrechtliche Begriff der Unfriedlichkeit maßgebend, nicht der umfassendere Gewaltbegriff des §
240 StGB". Die tatbestandlich erfüllte
Nötigungführt hier insoweit nicht zum Ausschluss der
Versammlungsfreiheit. Diese lässt dann wiederum die
Rechtswidrigkeitder
Nötigungentfallen (nicht
verwerflich), sodass sich die Teilnehmer hier im Ergebnis auch nicht strafbar machen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Lota Coffee
27.5.2025, 23:11:39
Ergänzend fiel mir hierzu aus dem Uni–Skript ein, dass eben psychische Gewalt gerade nicht ausreichend sei, wie sie eine Sitzblockade darstellen könnte.