Örtliche Zusammenkunft (1): Telefonkonferenz

16. Februar 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Aktivistin A trifft sich mit Gleichgesinnten per Telefonkonferenz, um gegen Abschiebungen zu protestieren. Sie ist der Meinung, dass die Telefonkonferenz eine Versammlung nach Art. 8 Abs. 1 GG ist.

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Einordnung des Falls

Örtliche Zusammenkunft (1): Telefonkonferenz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Telefonkonferenz stellt eine örtliche Zusammenkunft im Sinne des Versammlungsbegriffs dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Merkmal der örtlichen Zusammenkunft setzt die körperliche Präsenz mehrerer Personen an einem Ort voraus. Dies wird am Wortlaut "sich versammeln" festgemacht und teleologisch damit begründet, dass das Einstehen der Versammlungsteilnehmer für den gemeinsamen Zweck mit dem eigenen Körper in voller Öffentlichkeit und ohne Zwischenschaltung von Medien eine erhöhte Verwundbarkeit beinhaltet, die einen besonderen Schutz erfordert. Dies ist bei Telefon- oder Videokonferenzen, virtuellen "Internet-Demonstrationen" auf Social-Media-Plattformen oder in Chatrooms, wo die Teilnehmer gerade nicht körperlich anwesend sind, nicht der Fall. Sie sind hinreichend durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützt. Mangels örtlicher Zusammenkunft ist der Versammlungsbegriff nicht erfüllt.
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2. Die Eröffnung des sachlichen Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG setzt das Vorliegen einer Versammlung voraus.

Ja, in der Tat!

Nach dem Versammlungsbegriff ist eine Versammlung (1) eine örtliche Zusammenkunft (2) mehrerer Personen (3) zu einem gemeinsamen Zweck.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KAT

KatjaBlack

26.7.2020, 13:39:12

Kann das unter Corona-Gesichtspunkten immer noch so be

urteil

t werden?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

26.7.2020, 17:52:25

Hallo Katja, danke für die tolle Frage. Tatsächlich könnte man gerade in Pandemiezeiten diese Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (noch mehr als sonst) hinterfragen! Denn in einer modernen Mediengesellschaft verlagert sich natürlich auch die politische Debatte mehr in den digitalen Raum. Besonders wenn wegen Kontaktbeschränkungen Zusammenkünfte vor Ort kaum noch möglich sind.

KI

killinit

15.7.2021, 16:27:06

Das Internet gewinnt immer mehr an Bedeutung, Plattformen wie Facebook oder Twitter kommen den früheren öffentlichen Plätzen gleich. Kommt der

Versammlungsfreiheit

online wirklich keine Bedeutung zu? Es ist doch denkbar, bspw Livestreams oder Gruppen zu zensieren

Ferdinand

Ferdinand

15.7.2021, 17:29:02

Das besondere an der

Versammlungsfreiheit

ist, dass sie die örtliche Zusammenkunft „in echt“ besonders schützt, um ein Gegenpol zur besonderen Exponiertheit/Angreifbarkeit von Demonstranten zu gewährleisten. Diese besondere Gefährdung besteht im Internet zumeist nicht, daher wäre m. E. die

Versammlungsfreiheit

gerade nicht berührt. Die Bedeutung, die solchen Online-Versammlung insb. In Corona-Zeiten zukommt, ist allerdings nicht zu unterschätzen. Gerade auch, weil hierdurch zuweilen Defizite der Versammlungsmöglichkeiten kompensiert werden. Passender finde ich in diesem Zusammenhang jedenfalls in Bezug auf staatliche Eingriffe allerdings die Meinungsfreiheit, die ja durchaus ein vergleichbares Schutzniveau gewährleisten kann. In Bezug auf den Ausschluss einzelner Nutzer von Internetplattformen (= Eingriff durch Private) wäre in Anlehnung an die Stadionverbot-Entscheidungen des BVerfG an eine mögliche Verletzung von Art. 3 I GG durch die Plattformbetreiber zu denken.

Ferdinand

Ferdinand

15.7.2021, 17:29:36

Ich meine mich zu erinnern, dass es vor kurzem einen Aufsatz genau zu dieser Konstellation in der JuS gab. Wenn ich die Fundstelle finde, reiche ich sie natürlich nach.

AN

Annemie

7.7.2023, 12:11:46

JuS 2021, 153

HAGE

hagenhubl

6.10.2024, 10:11:29

Was heißt der Begriff Exponiertheit?


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