Örtliche Zusammenkunft (1): Telefonkonferenz
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Aktivistin A trifft sich mit Gleichgesinnten per Telefonkonferenz, um gegen Abschiebungen zu protestieren. Sie ist der Meinung, dass die Telefonkonferenz eine Versammlung nach Art. 8 Abs. 1 GG ist.
Einordnung des Falls
Örtliche Zusammenkunft (1): Telefonkonferenz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Telefonkonferenz stellt eine örtliche Zusammenkunft im Sinne des Versammlungsbegriffs dar.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Nein, das ist nicht der Fall!
2. Die Eröffnung des sachlichen Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG setzt das Vorliegen einer Versammlung voraus.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja, in der Tat!
Jurafuchs kostenlos testen
KatjaBlack
26.7.2020, 13:39:12
Kann das unter Corona-Gesichtspunkten immer noch so beurteilt werden?

Eigentum verpflichtet 🏔️
26.7.2020, 17:52:25
Hallo Katja, danke für die tolle Frage. Tatsächlich könnte man gerade in Pandemiezeiten diese Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (noch mehr als sonst) hinterfragen! Denn in einer modernen Mediengesellschaft verlagert sich natürlich auch die politische Debatte mehr in den digitalen Raum. Besonders wenn wegen Kontaktbeschränkungen Zusammenkünfte vor Ort kaum noch möglich sind.
killinit
15.7.2021, 16:27:06
Das Internet gewinnt immer mehr an Bedeutung, Plattformen wie Facebook oder Twitter kommen den früheren öffentlichen Plätzen gleich. Kommt der Versammlungsfreiheit online wirklich keine Bedeutung zu? Es ist doch denkbar, bspw Livestreams oder Gruppen zu zensieren

Ferdinand
15.7.2021, 17:29:02
Das besondere an der Versammlungsfreiheit ist, dass sie die örtliche Zusammenkunft „in echt“ besonders schützt, um ein Gegenpol zur besonderen Exponiertheit/Angreifbarkeit von Demonstranten zu gewährleisten. Diese besondere Gefährdung besteht im Internet zumeist nicht, daher wäre m. E. die Versammlungsfreiheit gerade nicht berührt. Die Bedeutung, die solchen Online-Versammlung insb. In Corona-Zeiten zukommt, ist allerdings nicht zu unterschätzen. Gerade auch, weil hierdurch zuweilen Defizite der Versammlungsmöglichkeiten kompensiert werden. Passender finde ich in diesem Zusammenhang jedenfalls in Bezug auf staatliche Eingriffe allerdings die Meinungsfreiheit, die ja durchaus ein vergleichbares Schutzniveau gewährleisten kann. In Bezug auf den Ausschluss einzelner Nutzer von Internetplattformen (= Eingriff durch Private) wäre in Anlehnung an die Stadionverbot-Entscheidungen des BVerfG an eine mögliche Verletzung von Art. 3 I GG durch die Plattformbetreiber zu denken.

Ferdinand
15.7.2021, 17:29:36
Ich meine mich zu erinnern, dass es vor kurzem einen Aufsatz genau zu dieser Konstellation in der JuS gab. Wenn ich die Fundstelle finde, reiche ich sie natürlich nach.
Annemie
7.7.2023, 12:11:46
JuS 2021, 153