Verwandtschaft spielt keine Rolle

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T schlägt auch den A, der aushilfsweise für Os im Krankenhaus liegenden Bruder als Blindenführer einspringt, nieder. O "sieht" sich im falschen Film und ist nunmehr wieder hilflos ohne Blindenführer.

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Einordnung des Falls

Verwandtschaft spielt keine Rolle

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Dreiecksnötigung ist es erforderlich, dass zwischen dem Opfer der Gewaltanwendung und dem Nötigungsadressaten ein besonderes Näheverhältnis besteht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Hinblick auf den Schutzbereich der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB), der die persönliche Freiheit des Genötigten schützt, kann es keinen Unterschied machen, ob zwischen dem Opfer der Gewaltanwendung und dem Nötigungsadressaten ein besonderes Näheverhältnis im Sinne einer Verwandtschaft besteht. Entscheidend ist, dass die Gewalt vom Genötigten als Zwang empfunden wird. O kann sich gerade aufgrund der Gewaltanwendung des T nicht mehr fortbewegen. Somit liegt eine vollendete Nötigung im Dreiecksverhältnis vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

3.11.2023, 09:24:50

Ist dieser psychische Zwang aber nicht durch die Rechtsprechung des BVerfG zum vergeistigten Gewaltbegriff überholt? Es ist ja danach keine Gewalt. Oder liegt der Fall hier anders, da tatsächlich Gewalt gegen irgendeinen Menschen eingesetzt wird und diese Gewalt auf das Nötigungsopfer übertragen wird?

LELEE

Leo Lee

5.11.2023, 09:45:28

Hallo Dogu, beachte, dass der vergeistige Gewaltbegriff mit dem des psychischen Zwangs nicht gleichzusetzen ist. Der psychische Zwang verlangt immer noch, dass durch (wesentliche) Kraftentfaltung seitens des Täters ein psychischer Zwang beim Opfer ankommt. Bei der zweiten Reihe Entscheidung war das Problem, dass die Täter (außer sich hinzusetzen) eben „nichts“ getan hatten, außer sich nicht fortzubewegen, weshalb ihrerseits (praktisch keine) Kraftentfaltung vorlag. Und gerade dieses „Nichtstun“ als „Kraftentfaltung“ zu verstehen war der Hauptstreitpunkt in der Entscheidung. Hier gibt es jedoch sehr wohl eine (wesentliche) Kraftentfaltung, nämlich das Schlagen. Hierzu kann ich dir die Lektüre von Fischer StGB 69. Auflage, § 240 Rn. 18 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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