Referendariat

Die ZVR-Klausur

Einziehungsklage

„Normalfall“ Einziehungsklage - Begründetheit (Einziehungsberechtigung + keine Einwendungen des Beklagten)

„Normalfall“ Einziehungsklage - Begründetheit (Einziehungsberechtigung + keine Einwendungen des Beklagten)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G hat gegen S einen Zahlungstitel über €7.000. S hat gegen D eine Forderung über €7.000 aus einem Gebrauchtwagenverkauf. G erwirkt einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) über die Kaufpreisforderung der S gegen D und erhebt Einziehungsklage gegen D. Ist diese begründet?

Diesen Fall lösen 84,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

„Normalfall“ Einziehungsklage - Begründetheit (Einziehungsberechtigung + keine Einwendungen des Beklagten)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Begründetheit der Einziehungsklage ist nach hM die Wirksamkeit des PfÜB zu prüfen, ob die Forderung besteht und, ob dem Beklagten keine Einwendungen dagegen zustehen.

Genau, so ist das!

Die Klage ist begründet, wenn (1) der Kläger zur Einziehung der Forderung gegen den Beklagten gemäß §§ 835, 836 I ZPO berechtigt ist, (2) die eigezogene Forderung besteht und (3) dem Beklagten keine Einwendungen gegen seine Inanspruchnahme zustehen. Der Kläger erlangt die materielle Einziehungsberechtigung durch den PfÜB gemäß §§ 835, 836 Abs. 1 ZPO. Daran fehlt es, wenn dieser aus verfahrensrechtlichen Gründen nichtig ist.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die materielle Einziehungsberechtigung setzt die Wirksamkeit des Überweisungsbeschlusses voraus.

Ja, in der Tat!

Erst durch den Überweisungsbeschluss erhält der Gläubiger die materielle Berechtigung, die (fremde) Forderung beim Drittschuldner einzuziehen. Der Überweisungsbeschluss (§§ 835, 836 ZPO) setzt wiederum voraus, dass (1) ein wirksamer Pfändungsbeschluss vorliegt, (2) der Überweisungsbeschluss dem Pfändungsbeschluss entspricht und (3) die ordnungsgemäße Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner erfolgt ist (§§ 835 Abs. 3, S. 1, 829 Abs. 3 ZPO).

3. Die Einziehungsberechtigung des Klägers fehlt bereits, wenn der PfÜB anfechtbar ist.

Nein!

Die Einziehungsberechtigung fehlt nur, wenn der PfÜB unwirksam (nichtig) ist. Dies ist der Fall, wenn ein besonders schwerer Verfahrensfehler vorliegt (z.B. bei mangelnder Bestimmtheit des PfÜB, fehlerhafter Zustellung des PfÜB an den Drittschuldner…). Die hM geht davon aus, dass Einwendungen, die nur zur Anfechtbarkeit des PfÜB führen, nicht aber zur Nichtigkeit, im Einziehungsprozess nicht geltend gemacht werden können. Denn nach der Systematik des Gesetzes soll der Drittschuldner zunächst im Wege einfacheren und kostengünstigeren Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO vorgehen. (Prozessökonomie) Für die Vollstreckungserinnerung ist das Vollstreckungsgericht zuständig. Dieses ist besonders qualifiziert, vollstreckungsrechtliche Verfahrensvorschriften zu prüfen. (Prüfungskompetenz) Hier ist der PfÜB wirksam (nicht nichtig), denn für die Nichtigkeit liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.

4. Die Beweislast dafür, dass die Forderung der Schuldnerin (S) gegen die Drittschuldnerin (D) besteht, trägt die Drittschuldnerin.

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich muss der Kläger die für ihn günstigen Tatsachen beweisen, also auch, dass die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner besteht. Ausnahmsweise kann aber eine Beweislastumkehr vorliegen, wenn der Drittschuldner eine Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO abgegeben hat. D hat keine Drittschuldnererklärung abgegeben, sodass es bei der normalen Beweislastverteilung bleibt. Ausweislich des Sachverhalts besteht die Forderung.So leicht wird es Dir in der Klausur in der Regel nicht gemacht. Dieser Prüfungspunkt ermöglicht es den Prüfungsämtern die unterschiedlichsten materiell-rechtlichen Fragen einzubauen.Durch den Pfändungsbeschluss ist der Drittschuldner verpflichtet gemäß § 840 Abs. 1 ZPO, Auskunft zu geben über die Forderung des Schuldners gegen ihn. Wird die Pflicht nicht erfüllt, dann macht sich der Drittschuldner allerdings nur schadensersatzpflichtig, § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO. Einklagbar ist die Erklärung nicht. Sie ist lediglich eine Wissenserklärung, in ihr liegt kein Schuldanerkenntnis.

5. Weiter ist zu prüfen, ob dem Beklagten Drittschuldner D Einwendungen gegen den materiellen Anspruch zustehen. Besteht eine durchsetzbare Forderung?

Ja, in der Tat!

Der Kläger klagt bei der Einziehungsklage im eigenen Namen auf Leistung an sich. Auch wenn der Schuldner weiterhin Inhaber der Forderung ist, wirkt die Einziehung für den Drittschuldner wie ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Gläubiger. Der Drittschuldner kann deshalb gemäß §§ 404ff. BGB analog sämtliche Einwendungen geltend machen, die sich auf den Anspruch des Schuldners und generell auf das Verhältnis zu ihm beziehen (§ 412 BGB analog). Drittschuldnerin D stehen vorliegend keine Einwendungen gegen die Forderung der Schuldnerin S zu, die sie G entgegenhalten könnte.

6. Kann der Drittschuldner auch Einwendungen gegen die titulierte Forderung „Gläubiger gegen Schuldner“ geltend machen?

Nein!

Materielle Einwendungen gegen die titulierte Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner (zB Erfüllung seitens des Schuldners) kann der Drittschuldner nicht geltend machen. Streitgegenstand der Einziehungklage ist ausschließlich die gepfändete Forderung „Schuldner gegen Drittschuldner“, nicht die titulierte, zu vollstreckende Forderung „Gläubiger gegen Schuldner“.

7. Der stattgebende Hauptsachetenor lautet: „Die Beklagte wird verurteilt, €7.000 an den Kläger zu zahlen“.

Genau, so ist das!

Der Tenor ist bei der Einziehungsklage auf Leistung gerichtet, ganz wie bei der „normalen“ Leitsungsklage. Es gelten keine Besonderheiten. Auch im Hinblick auf die Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich keine Unterschiede. In der Praxis und auch in Klausuren werden meist zusätzlich Verzugs- oder Prozesszinsen beantragt. Zum Beispiel könnte der Tenor dann noch Folgende Ergänzung enthalten: “nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2023”.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

© Jurafuchs 2024