Observation mittels verdeckter technischer Mittel 1

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Erpresser E hat schon mehrmals in Supermärkten vergiftete Lebensmittel platziert, um Geld von Supermärkten zu erpressen. Die Polizei erhält einen Hinweis, dass E bald wieder zuschlagen will. Polizistin P fertigt auf Anordnung der Behördenleitung heimlich Fotos von E, wie er eine Supermarktfiliale betritt.

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Einordnung des Falls

Observation mittels verdeckter technischer Mittel 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das PolG NRW beinhaltet mehrere Standardermächtigungen zur Datenerhebung.

Genau, so ist das!

Das PolG NRW beinhaltet mehrere Standardermächtigungen zur Erhebung von Daten verschiedener Art. Einerseits ist zwischen offener und verdeckter Datenerhebung zu differenzieren; andererseits zwischen der Datenerhebung unter Einsatz und ohne Einsatz technischer Mittel.
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2. Das PolG NRW erlaubt der Polizei, verdeckt Bildaufnahmen und -aufzeichnungen zu machen.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 17 PolG NRW ist die Polizei berechtigt, unter Einsatz von technischen Mitteln sowohl verdeckt Bildaufnahmen und -aufzeichnungen anzufertigen als auch das gesprochene Wort abzuhören und aufzuzeichnen. Technische Mittel sind beispielsweise Foto- und Videoapparate oder Richtmikrofone. Sobald die heimliche Datenerhebung in der Wohnung geschieht, ist § 18 PolG NRW die speziellere Standardermächtigung.

3. Stellt die Maßnahme zulasten von E eine verdeckte Datenerhebung unter Einsatz von technischen Mittel ( § 17 Abs. 1 PolG NRW ) dar?

Ja!

Gemäß § 17 PolG NRW ist die Polizei berechtigt, unter Einsatz von technischen Mitteln sowohl verdeckt Bildaufnahmen und -aufzeichnungen anzufertigen, sowie das gesprochene Wort abzuhören und aufzuzeichnen. Polizistin P fotografiert E heimlich beim Betreten des Supermarktes. P fertigt verdeckt Bildaufnahmen außerhalb der Wohnung des E an. Es liegt eine Maßnahme nach § 17 Abs. 1 PolG NRW vor.

4. Es steht in Ps eigenem Ermessen, über die Anfertigung heimlicher Bild- und Tonaufnahmen i.S.d. § 17 PolG NRW zu entscheiden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Anforderungen an Maßnahmen nach § 17 PolG NRW sind hoch. Auf formeller Ebene muss die Maßnahme durch die Behördenleitung angeordnet sein (§ 17 Abs. 2 S. 1 PolG NRW). Vorliegend handelte P laut Sachverhalt auf Anordnung der Behördenleitung, sodass die formelle Eingriffsvoraussetzung von § 17 Abs. 2 S. 1 PolG NRW erfüllt ist. Hintergrund der hohen Eingriffsschwelle ist, dass es sich aufgrund der Heimlichkeit um einen besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff handelt.

5. Darf die Polizei heimliche Bild- und Tonaufnahme i.S.d. § 17 PolG NRW zur Abwehr irgendeiner Gefahr anfertigen?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Anforderungen an Maßnahmen nach § 17 PolG NRW sind hoch. Auf materieller Ebene muss die Datenerhebung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sein ( § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 PolG NRW ) oder zur Straftatverhütung erfolgen, sofern ein begründeter Verdacht einer Straftatbegehung vorliegt ( § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 PolG NRW ). Auch hier sind die hohen Eingriffsvoraussetzungen damit begründet, dass es sich aufgrund der Heimlichkeit um einen besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff handelt.

6. Fertigt P vorliegend die Fotos von E an zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer anderen Person ( § 17 Abs. 1 S. 1 PolG NRW)?

Ja!

Die Anforderungen an Maßnahmen nach § 17 PolG NRW sind hoch. Auf materieller Ebene muss die Datenerhebung entweder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sein ( § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 PolG NRW ). Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn bereits eine Schädigung eingetreten ist oder ein Schaden alsbald mit hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Nach § 17 PolG NRW darf die Maßnahme auch zur Straftatverhütung erfolgen, sofern ein begründeter Verdacht einer Straftatbegehung vorliegt ( § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 PolG NRW ). E hat in der Vergangenheit mehrmals vergiftete Lebensmittel in Supermärkten platziert und plant dies wieder zu tun. Auf Grundlage dieser Tatsachen kann die Polizei mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem alsbaldigen Schadenseintritt für die Gesundheit der Kunden (Rechtsgut Leib) ausgehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

kokapidis

kokapidis

5.7.2023, 10:40:02

Nur zur Info: §§ 14a - 33 PolG NRW sind nicht Bestandteil der staatlichen Pflichtfachprüfung in NRW gem. § 11 II Nr. 13 lit. a JustG NRW.

kokapidis

kokapidis

5.7.2023, 10:45:47

Sorry ich meinte § 11 II Nr. 13 lit. a JAG NRW.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

7.7.2023, 10:24:34

Hallo kokapidis, danke für den Hinweis. Wir haben das auf dem Schirm. Es ist aber trotzdem nicht schlecht auch diese

Ermächtigungsgrundlage

mal gesehen zu haben. Gerade im öffentlichen Recht begegnen einem immer wieder unbekannte

Ermächtigungsgrundlage

n im Examen und es ist eine gute Übung, deren Maßstab herauszuarbeiten. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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