Strafrecht
BT 5: Verkehrsdelikte
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b StGB
§ 315b Abs. 1 StGB: Vorsatz-Vorsatz-Kombination
§ 315b Abs. 1 StGB: Vorsatz-Vorsatz-Kombination
9. Juli 2025
3 Kommentare
4,6 ★ (9.276 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Um O einen Denkzettel zu verpassen, durchtrennt T am Pkw der O den Bremsschlauch. Da O nicht bremsen kann, kollidiert sie mit einer Wand und erleidet Prellungen. Eigentlich wollte T ihr nur einen Schrecken einjagen.
Diesen Fall lösen 70,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
§ 315b Abs. 1 StGB: Vorsatz-Vorsatz-Kombination
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den objektiven Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB) verwirklicht.
Ja, in der Tat!
2. T hat den subjektiven Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht.
Ja!
3. T handelte in der Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen (§ 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Vulpes
5.8.2020, 11:11:27
Wenn er ihr eigentlich nur einen Schrecken einjagen wollte, ist für mich nur die abstrakte Gefährdung des Strassenverkehrs umfasst. Billigende Inkaufnahme einer konkreten Gefährdung von
Leib oder Lebenkonnte ich nicht herauslesen, sondern vielmehr eine grobe Fahrlässigkeit oder noch eher
Leichtfertigkeit. Vieleicht könnte der Hinweis auf dolus eventualis ein kleines bisschen deutlicher sein?

Lukas_Mengestu
1.11.2021, 10:30:23
Hallo Adrian, das ist hier sicher ein Grenzfall. Aber für das Bejahen eines Vorsatzes ist nach der herrschenden
Vereinigungstheorie (Billigende Inkaufnahme /
Ernstnahmetheorie) sogar völlig egal, ob ein gewünschtes Ergebnis dem Täter unerwünscht ist. Solange er dieses durch seine Handlung in Kauf nimmt, handelt er diesbezüglich mit Vorsatz. Da sich im Sachverhalt keine Hinweise dazu finden, dass T auf das Ausbleiben einer konkreten Gefährdung vertraut hat, kann man insofern guten Gewissens bei einer so gefährlichen Handlung wie dem Durchtrennen von Bremsschläuchen darauf abstellen, dass zumindest bedingter Gefährdungsvorsatz vorlag (anders wie gesagt, wenn Hinweise im Sachverhalt explizit dagegen stehen. In der Praxis würde man hier allerdings häufig von einer bloßen Schutzbehauptung des Täters ausgehen). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
benjaminmeister
17.6.2025, 21:23:05
Ich habe mir das verlinkte BGH-Urteil mal kurz angeschaut und würde ebenso wie @[Vulpes](105843) befürworten, den bedingten Vorsatz hinsichtlich der konkreten
Gefahrdeutlicher im Sachverhalt zu verankern. Es ist sicherlich nicht falsch, aufgrund der gefährlichen Umstände, einen bedingten Vorsatz hinsichtlich der konkreten
Gefahrzu bejahen. Selbstverständlich ist das bei der einschränkenden (und mMn. widersprechenden) Formulierung "NUR eine Schrecken einjagen wollte" aber gerade nicht. Im BGH-Urteil war die Formulierung nämlich "einen richtigen Schrecken einjagen wollte" (ohne "nur"). Zusätzlich wurde das Billigen der konkreten
Gefahrdann ausdrücklich festgestellt. Es wäre zum Beispiel ohne weitere Sachverhaltsangaben im JF-Fall gerade denkbar, dass der Täter davon ausgegangen ist, dass die Fahrerin schon sofort nach Fahrtbeginn den Defekt bemerken muss und gar nicht erst höhere, gefährlichere Geschwindigkeiten erreicht und es damit dann wirklich beim bloßen Schrecken bleibt. Vielleicht kann man zumindest das "nur" im Sachverhalt entfernen?