§ 315b Abs. 1 StGB: Vorsatz-Vorsatz-Kombination

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um O einen Denkzettel zu verpassen, durchtrennt T am Pkw der O den Bremsschlauch. Da O nicht bremsen kann, kollidiert sie mit einer Wand und erleidet Prellungen. Eigentlich wollte T ihr nur einen Schrecken einjagen.

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Einordnung des Falls

§ 315b Abs. 1 StGB: Vorsatz-Vorsatz-Kombination

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den objektiven Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB) verwirklicht.

Ja, in der Tat!

§ 315b Abs. 1 StGB setzt voraus: (1) einen Eingriff (Nr. 1-3), der (2) für die Sicherheit des Straßenverkehrs (abstrakt) gefährlich ist und (3) sich zu einer konkreten Gefährdung für eines der Schutzobjekte verdichtet. T hat ein Fahrzeug beschädigt, indem sie den Bremsschlauch durchtrennte (§ 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB). Durch diesen Eingriff ist es wegen des erhöhten Unfallrisikos zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs gekommen. Angesichts der Prellungen ist daraus auch (als Zwischenstadium) eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der O erwachsen.
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2. T hat den subjektiven Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht.

Ja!

§ 315b Abs. 1 StGB erfordert (zumindest bedingten) Vorsatz hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale. Der Vorsatz muss sich somit auf den gefährlichen Eingriff und auf den Eintritt der konkreten Gefahr beziehen (sog. Vorsatz-Vorsatz-Kombination). T hat das Fahrzeug absichtlich beschädigt. Da sie der O einen Denkzettel verpassen und einen Schrecken einjagen wollte, hat sie ferner billigend in Kauf genommen, dass für O eine konkrete Gefahr entstehen könnte. Es liegt Gefährdungsvorsatz vor. Anders sieht es bei einer Pervertierung des verkehrsfeindlichen Inneneingriffs aus, bei der zusätzlich Schädigungsvorsatz erforderlich ist.

3. T handelte in der Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen (§ 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Über § 315b Abs. 3 StGB gilt § 315 Abs. 3 StGB. Nach § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB wird die Tat qualifiziert, wenn der Täter in der Absicht handelt, einen Unglücksfall herbeizuführen. Ein Unglücksfall ist ein plötzlich eintretender Zustand, bei dem der Eintritt eines durch die Gefahr verursachten Schadens droht. Aufgrund des Absichtserfordernisses muss der Wille des Täters auf eine Schadensherbeiführung gerichtet sein. Dass T aber zielgerichtet einen Schaden herbeiführen wollte, ist nicht ersichtlich, da dies zur Erreichung ihres Ziels nicht nötig war.
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