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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S fährt mit ihrem Auto viel zu schnell. An einer Kreuzung bremst sie zu spät und rammt das Auto des vorfahrtsberechtigen Opi O. Als die Polizei eintrifft, lügt S und meint, O wäre schuld. O regt sich darüber so auf, dass er einen Schlaganfall erleidet (Behandlungskosten: €10.000).

Einordnung des Falls

Schutzzweckzusammenhang

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Gefährdungshaftungstatbestände gibt es, um dem Inhaber der Gefahrenquelle Anreize zur Gefahrenvermeidung zu setzen.

Genau, so ist das!

Grund für die Anordnung einer strengen Gefährdungshaftung ist die besondere Gefahr, die von der Gefahrenquelle ausgeht (Auto, Tier, Bahn, Flugzeug). Die strenge Haftung soll den Inhaber der Gefahrenquelle dazu motivieren, besonders vorsichtig mit der Gefahrenquelle umzugehen. Eine solche Haftung erfüllt aber nur dann ihren Zweck, wenn sich in dem jeweiligen Unfall gerade die Gefahr verwirklicht, wegen der der Gesetzgeber die strenge Haftung angeordnet hat. Eine Haftung scheidet deshalb aus, wenn die Gefahrenquelle den Schaden zwar kausal verursacht hat, sich in der Verletzung aber nur andere Risiken oder das allgemeine Lebensrisiko realisieren (Schutzzweck der Norm).

2. Dass die Haftung auf die spezifischen Gefahren der besonderen Gefahrenquelle (z.B. Auto) beschränkt ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des Gefährdungshaftungstatbestands.

Ja, in der Tat!

Die Begrenzung der Haftung auf Schäden, die durch die spezifischen Gefahren der jeweiligen Tiere, Anlagen oder Verkehrsmittel verursacht sind, kommt im Wortlaut der Haftungstatbestände dadurch zum Ausdruck, dass die Haftung stets nur für solche Unfälle gilt, die entweder "bei dem Betrieb" des Verkehrsmittels (§ 7 Abs. 1 StVG) oder "durch ein Tier" (§ 833 S. 1 BGB) eingetreten sind.

3. Der Körperschaden des O ist "bei Betrieb" des Kfz der S eingetreten.

Nein!

BGH: Ebenso wie eine deliktische Haftung erfordere auch § 7 Abs. 1 StVG, dass die Schädigung innerhalb des Schutzzweckes dieser Norm liegt. Diese Haftung sei der Preis dafür, dass durch die Verwendung des Kfz im Straßenverkehr eine Gefahrenquelle eröffnet werde. Daher müsse die Haftung des Halters auf solche Schäden beschränkt bleiben, in denen sich gerade die von dem Kfz als solchem ausgehenden Gefahren verwirkliche. An dem dazu erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen Betriebsgefahr und Schaden könne aber bei dem Schlaganfall keine Rede sein. Hierin habe sich ein eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht, der dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen sei. Der Schaden des O könne daher der Betriebsgefahr des Kfz der S nicht zugerechnet werden.

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S.

s.t.

29.8.2021, 12:34:34

Hier könnte man darauf eingehen was danach zu prüfen ist... 823 II, 823 I ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.11.2021, 16:18:51

Danke für den Hinweis s.t., in der Tat kommen bei straßenverkehrsrechtlichen Klausuren auch deliktsrechtliche Tatbestände in Betracht. Der Schwerpunkt liegt aber regelmäßig auf den straßenverkehrsrechtlichen Ansprüchen, da zumindest die Halterhaftung verschuldensunabhängig ist und die Fahrerhaftung (§ 18 StVG) zumindest eine Vermutung des Verschuldens beinhaltet. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

12.9.2023, 12:29:45

Könnte man dann sagen, dass für die Definition eines Tierhalters sowie auch Kfz-Halters ausschlaggebend ist, sowohl ein Kostentragungselement und eines hinsichtlich der tatsächlichen Verfügungsgewalt gegeben sein muss? Den Unterschied würde ich allerdings darin sehen, dass der Kfz-Halter im Gegensatz zum Tierhalter nicht zwingend das wirtschaftliche Risiko des Verlusts trägt, sondern der Eigentümer, oder?

JO

Jojo23

6.6.2024, 17:42:39

Müsste / könnte man hier den Schockschaden ansprechen?

RO80

Ro80t59

19.6.2024, 12:27:31

M.E. erstrecken sich die Schockschadensersatzansprüche als Ausnahme zur Unmittelbarkeit der deliktischen (und vertraglichen) SE-Ansprüche auf am eigentlichen "Verletzungsgeschehen" Unbeteiligte. (bspw. Nahe Angehörige, die das Verletzungsgeschehen miterleben oder hierüber unterrichtet werden) - vgl. hierzu bspw. auch MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl. 2024, BGB § 823 Rn. 247. Deshalb wird die Schockschadensthematik hier auch konsequent bei einer weiteren Ausnahme den § 844 Abs. 3 BGB aufgeworfen. Hier vorliegend ist O allerdings unmittelbar Beteiligter als Unfallverletzter. Seine eigenen Folgeansprüche aus dem Delikt dürften dann an Kausalitätserwägungen zu messen sein, die wohl ebenfalls eine Anspruchslosigkeit nachsichziehen. Sollte das anders sein, freue ich mich über Berichtigung.


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