Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Zugang unter Anwensenden: Erklärung nur gezeigt, treuwidrige Zugangsvereitelung
Zugang unter Anwensenden: Erklärung nur gezeigt, treuwidrige Zugangsvereitelung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Personalleiter P möchte Arbeitnehmerin A kündigen. Er ruft A am 30.4 zu einem Personalgespräch zu sich ins Büro. P erklärt A, er halte hier As Kündigungsschreiben in der Hand. Bevor er weiterreden kann, stürmt A aus dem Raum. Die Kündigung erreicht A deshalb erst am 2.5 postalisch.
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Einordnung des Falls
Zugang unter Anwensenden: Erklärung nur gezeigt, treuwidrige Zugangsvereitelung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist A die Kündigung am 30.4 zugegangen?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. A durfte die Annahme verweigern, wenn sie nicht mit einer Kündigung gerechnet hat.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Kann sich A darauf berufen, dass sie die Kündigung erst am 2.5. erhalten habe?
Nein!
4. Relevant ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unter anderem für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1 KSchG).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Philippe
4.5.2022, 21:13:39
Hier sollte m. E. die erste Frage auf die Situation im Büro präzisiert werden, denn zumindest am 02.05 bzw. ein Tag danach ist der Zugang erfolgt. Ich habe noch nicht ganz verstanden, wann die Zugangs- und wann die Rechtzeitigkeitsfiktion greift, also wann der Erklärende einen erneuten Zustellversuch veranlassen muss und wann der Zugang fingiert wird. Inwiefern unterscheidet sich der Fall zB von dem Fall, dass ich meinen Briefkasten in der Erwartung einer baldigen Kündigung versperre. Dort geht man ja von einer Zugangsfiktion aus, obwohl ein erneuter Zustellversuch zB durch eine persönliche Übergabe möglich wäre.
Lukas_Mengestu
5.5.2022, 11:00:13
Vielen Dank, Philippe. Wir haben die Aufgabe insgesamt noch etwas präzisiert und noch einmal klargestellt, dass es hier letztlich auf die postalische Zustellung nicht ankommt, sondern in diesem Fall bereits durch die versuchte Übergabe an A alles Zumutbare getan wurde. Die postalische Zustellung erfolgte im Originalfall wohl primär als Absicherung. Die Abgrenzung zwischen der Zugangsfiktion und der Rechtzeitigkeitsfiktion lässt sich im Ergebnis ganz einfach daran vornehmen, welche Pflichten man dem Erklärenden auferlegt. Im Falle des nicht abgeholten
Übergabeeinschreibens geht die Rechtsprechung zB davon aus, dass es der Erklärende nicht dabei bewenden lassen darf, einmal ein solches geschickt zu haben. Dadurch habe er noch nicht alles "Zumutbare" unternommen. Aus diesem Grund sei er verpflichtet, einen weiteren Zustellungsversuch zu unternehmen, bei dem die Rechtzeitigkeit des Zugangs dann allerdings fingiert wird. Anders ist dies in 2 Fallgruppen, nämlich a) der
Annahmeverweigerung(wie hier) und b) der Zugangsvereiterlung (zB Zunageln des Briefkasten). In diesen Fällen sei ein wiederholter Zustellungsversuch des Erklärenden nicht mehr sinnvoll, und deshalb entbehrlich (vgl. BGH Urt. v. 26.11.1997 - VIII ZR 22/97). Deshalb wird hier sogar der Zugang fingiert und nicht bloß die Rechtzeitigkeit einer später erfolgreich vorgenommenen Zustellung. Ich hoffe, dadurch fällt Dir die Abgrenzung nun leichter. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Philippe
5.5.2022, 18:18:20
Vielen Dank!
Lukas_Mengestu
5.5.2022, 18:53:44
Sehr gerne :-)