Öffentliches Recht

Europarecht

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV – Vertiefung Keck (Mars)

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV – Vertiefung Keck (Mars)

22. November 2024

4,7(8.694 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Mars GmbH vertreibt Schokoriegel, welche in Frankreich produziert werden. Auf der Verpackung befindet sich der Aufdruck „+10 %“. Mars wird es auf Grundlage des UWG wegen irreführender Werbung untersagt, die so bezeichneten Produkte zu vertreiben.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV – Vertiefung Keck (Mars)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit ist vorliegend eröffnet.

Genau, so ist das!

Die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 ff. AEUV schützt in sachlicher Hinsicht die Ein- und Ausfuhr von Unionswaren. Waren sind alle beweglichen, körperlichen Güter, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können. Unionsware ist gemäß Art. 28 Abs. 2, 29 AEUV aus einem Mitgliedstaat stammende oder rechtmäßig eingeführte und verzollte „Drittware“, die sich im freien Verkehr befindet. Ein Schokoriegel ist ein bewegliches, körperliches Gut, das einen Geldwert hat und somit eine Ware im Sinne der Warenverkehrsfreiheit ist. Außerdem wurden die Riegel in Frankreich produziert, sodass es sich Unionsware handelt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Bei der Untersagung nach dem UWG handelt es sich nach der Dassonville-Formel um eine Maßnahme gleicher Wirkung.

Ja, in der Tat!

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handeln unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen (sog. Dassonville-Formel). Es sind insoweit also nicht nur Maßnahmen gleicher Wirkung erfasst, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten offen oder versteckt diskriminieren, sondern auch unterschiedslos wirkende Maßnahmen. Auf Grundlage des UWG wurde es Mars untersagt, einige ihrer Produkte zu vertreiben. Die Maßnahme ist vorliegend also unmittelbar und tatsächlich dazu geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern. Nach der Dassonville-Formel handelt es sich daher um eine Maßnahme gleicher Wirkung.

3. Nach der Keck-Rechtsprechung handelt es sich bei der Regelung nur dann um eine Maßnahme gleicher Wirkung, wenn es sich Produktregelungen handelt.

Nein!

Nach der Keck-Rechtsprechung werden bestimmte Verkaufsmodalitäten nicht als Maßnahmen gleicher Wirkung angesehen, sofern es um die Ausübung einer Tätigkeit im Inland geht und es sich um eine unterschiedslos wirkende Maßnahme handelt. Die Keck-Regel schränkt also die Dassonville-Formel insoweit ein, als nicht mehr alle Maßnahmen, welche geeignet sind, den Warenverkehr zu behindern, Maßnahmen gleicher Wirkung dar.

4. Die Abgrenzung zwischen vertriebsbezogenen und produktbezogenen Regelungen ist ausreichend, um zu beurteilen, ob grenzüberschreitende Werbung den Warenverkehr behindert.

Nein, das ist nicht der Fall!

In der sog. Mars-Rechtsprechung differenziert der EuGH zwischen Vertriebsregeln mit unmittelbarem Produktbezug, die eine Maßnahme gleicher Wirkung darstellen, und solchen ohne unmittelbaren Produktbezug, um eine genauere Abgrenzung zu ermöglichen. Nationale Wettbewerbsregelungen haben insofern eine Doppelnatur, als sie sowohl den allgemeinen Werbemarkt und die darauf herrschenden Bedingungen regeln als auch unmittelbare Auswirkungen auf das Produkt haben. Vorliegend geht es nicht um allgemeine Werberegelungen. Vielmehr stellt die Untersagung nach dem UWG explizit auf die physische Erscheinung des Produkts ab. Es handelt sich daher um eine Vertriebsregelung mit unmittelbarem Produktbezug und damit um eine Maßnahme gleicher Wirkung. Mit dieser Entscheidung entwickelt der EuGH die Keck-Rechtsprechung also fort.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

LI

Lilyphant

27.6.2024, 10:19:48

Hallo, heißt das, bei mittelbarem Produktbezug findet die Einschränkung durch die

Keck-Formel

Anwendung, bei unmittelbarem aber nicht, sodass nur bei letzterem eine Maßnahme gleicher Wirkung gegeben ist?

CR7

CR7

8.8.2024, 15:58:00

Ich finde die Aufgabe auch etwas unverständlich. Ich wäre dankbar für eine Präzisierung.

VALA

Vanilla Latte

14.10.2024, 04:59:11

Also werden Vertriebsmodalitäten unterteilt in unmittelbar und mittelbar produktbezogen? Und nur die unmittelbaren werden erfasst. Aber hier lag doch eine unterschiedslose Regelunf vor. Daher war es nach Keck eh kein Eingriff oder?


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen