Öffentliches Recht

Europarecht

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV

Grundfall: Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen

Grundfall: Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G ist ein niederländisches Unternehmen, welches Pferdefleisch verarbeitet und vertreibt. Ein niederländisches Gesetz verbietet jedoch die Lagerung, Verarbeitung und somit mittelbar auch die Ausfuhr von Pferdefleisch. G sieht in dem Verbot eine Verletzung der Warenverkehrsfreiheit.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit ist vorliegend eröffnet.

Ja!

Pferdefleisch ist ein bewegliches, körperliches Gut, welches einen Geldwert hat und somit eine Ware im Sinne der Warenverkehrsfreiheit. Das Verbot führt dazu, dass G nicht in andere europäische Staaten exportieren kann, sodass auch ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist.
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2. Das niederländische Verbot stellt eine Ausfuhrbeschränkung dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen im Sinne des Art. 35 AEUV liegen vor, wenn die Ausfuhr bestimmter Waren gänzlich oder teilweise untersagt wird. Dies ist insbesondere bei Ausfuhrkontingenten der Fall, welche die Warenausfuhr nach ihrer Menge, ihrem Wert oder dem Ausfuhrzeitraum begrenzen.

3. Nach früherer Rechtsprechung des EuGH ist Art. 35 AEUV nur ein Diskriminierungsverbot und kein allgemeines Beschränkungsverbot. Stellte das Verbot danach eine Maßnahme gleicher Wirkung dar?

Nein!

Der EuGH definierte in seiner früheren Rechtsprechung die Maßnahmen gleicher Wirkung nach Art. 35 AEUV nicht anhand der Dassonville-Formel. Maßnahmen gleicher Wirkung im Rahmen des Art. 35 AEUV waren danach nur solche Maßnahmen, die „spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken“. Art. 35 AEUV stellte demnach nur ein Diskriminierungsverbot und kein allgemeines Beschränkungsverbot dar. (sog. Groenveld-Formel) Das niederländische Verbot bewirkt nicht die spezifische Beschränkung der Ausfuhr von Pferdefleisch. Vielmehr gilt das Verbot unabhängig davon, ob das Fleisch für den nationalen Markt oder für die Ausfuhr bestimmt ist. Nach früherer Rechtsprechung handelt es sich daher nicht um eine Maßnahme gleicher Wirkung gemäß Art. 35 AEUV.

4. Nach aktueller Rechtsprechung des EuGH stellt Art. 35 AEUV ein allgemeines Beschränkungsverbot dar. Ist das Verbot danach eine Maßnahme gleicher Wirkung?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nationale Maßnahmen sind nach neuerer Rechtsprechung (u.a. EuGH, 17.9.2020 = ANRE./. Hydroelectria) dann als Maßnahmen gleicher Wirkung wie Ausfuhrbeschränkungen zu qualifizieren, wenn sie Ausfuhren de facto stärker betreffen als den Absatz der Waren auf dem inländischen Markt. Es kommt also nicht darauf an, ob die nationalen Maßnahmen explizit auf die Beschränkung des Exports abzielen. Entscheidend ist vielmehr, ob der Export faktisch stärker belastet wird als der Absatz im Inland. Das niederländische Verbot der Lagerung und Verarbeitung von Pferdefleisch belastet den Absatz von Pferdefleisch im Inland genauso wie dessen Export. Auch nach der aktuellen Rechtsprechung ist die niederländische Maßnahme daher nicht als Maßnahme gleicher Wirkung i.S.d. Art. 35 AEUV zu qualifizieren.
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