+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S arbeitet in einem Freibad. Zusätzlich zu seinem Entgelt enthält er Zuschläge für Arbeit an Samstagen bzw. Sonn- und Feiertagen. G hat gegen S einen Titel auf Zahlung, der mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist und S zugestellt wurde. G möchte die Zuschläge pfänden. Einen Antrag auf Zwangsvollstreckung hat er gestellt.
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Einordnung des Falls
Unpfändbarkeit von Zuschlägen für Sonntagsarbeit – Pfändungsverbot bei Zwangsvollstreckung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des S setzt voraus: Klausel, Antrag, Titel, Zustellung.
Ja!
Die Zwangsvollstreckung erfolgt auf Antrag des Gläubigers, wenn er einen Titel (§§ 704, 794 ZPO) gegen den Schuldner hat, dieser dem Schuldner zugestellt wurde und mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist. Merkformel für die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung: KATZ (=Klausel, Antrag, Titel, Zustellung).
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2. G betreibt die Zwangsvollstreckung wegen einer Zahlungsforderung.
Genau, so ist das!
Das Recht der Zwangsvollstreckung enthält allgemeine Vorschriften in den §§ 704 ff. ZPO. Für die Anwendbarkeit ist immer zu fragen: Wegen was wird vollstreckt? In Betracht kommt die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (§§ 802a ff. ZPO) und die Zwangsvollstreckung wegen sonstiger Forderungen, nämlich Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen (§§ 883 ff. ZPO). Vorliegend möchte S gegen G die Zwangsvollstreckung wegen seiner titulierten Geldforderung betreiben. Damit sind die §§ 802a ff. ZPO anwendbar.
3. Die Zwangsvollstreckung richtet sich vorliegend nach §§ 828 ff. ZPO.
Ja, in der Tat!
Die zweite Frage im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist: In was wird vollstreckt? Bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (oben) kommt in Betracht: (1)Vollstreckung in körperliche Sachen (§§ 808 ff. ZPO), (2)Vollstreckung in Forderungen und Vermögensrechte (§§ 828 ff. ZPO) und (3)Vollstreckung in unbewegliches Vermögen (§§ 864 ff. ZPO). G betreibt die Zwangsvollstreckung in die Lohnforderung des G. Dabei handelt es sich um eine Geldforderung, sodass § 828 ZPO anzuwenden ist.
4. Die Pfändung des Anspruchs des S gegen seinen Arbeitgeber auf Zahlung der Zuschläge für Samstags- bzw. Sonn- und Feiertagsarbeit erfolgt im Wege der Pfändung und Inbeschlagnahme.
Nein!
Es handelt sich hier um eine Forderung des S gegen seinen Arbeitgeber. Forderungen werden gemäß § 829 Abs. 1 ZPO gepfändet, indem das Gericht dem Drittschuldner (hier dem Arbeitgeber) verbietet, an den Gläubiger zu zahlen (sogenanntes Arrestatorium, § 829 Abs.1 S. 1 ZPO) und gleichzeitig dem Schuldner (S) verbietet, über die Forderung zu verfügen (sogenanntes Inhibitorium, § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO).
Merkhilfe: Arrestatorium = ZAhlungsverbot, Inhibitorium = Verfi(=Ü)gungsverbot.
5. Die Zuschläge für die Arbeit am Samstag sind pfändbar.
Genau, so ist das!
In Betracht kommt ein Pfändungsverbot aus § 850a Nr. 3 Variante 7 ZPO („Erschwerniszulage“). Die Pfändungsverbote dienen dem Zweck, dem Schuldner seine Existenzgrundlage zu sichern. BGH: Aus der Lage der Arbeitszeit ergebe sich ein Pfändungsverbot („Erschwerniszulage“) nur, wenn aus anderweitigen gesetzgeberischen Wertungen abgeleitet werden könne, dass die Lage der Arbeitszeit nicht nur als ungünstig, sondern als besonders belastend anzusehen ist. BGH: Für Arbeit an Samstagen fehle eine solche Wertung (RdNr. 7). Die Zuschläge sind daher pfändbar.
6. Die Zuschläge für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen fallen unter das Pfändungsverbot des § 850a Nr. 3 Var. 7 ZPO („Erschwerniszulage“).
Ja, in der Tat!
BGH: Für die Arbeit an Sonntagen und an gesetzlichen Feiertagen seien die Wertungen der Artikel 140 GG, Artikel 139 WRV und die gesetzliche Regelung in §§ 1 Nr. 2, 9-11 ArbZG zu berücksichtigen. Daraus folge, dass die Arbeit an Sonn- und Feiertagen – im Gegensatz zur Arbeit an Samstagen – als besonders belastend anzusehen ist (RdNr. 7). Demzufolge sind diese Zuschläge unpfändbar.
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