Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens - Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage?

Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens - Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage?

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B wird per Bescheid verpflichtet, einen rechtswidrigen Anbau zu beseitigen. B unternimmt nichts, der Bescheid wird bestandskräftig. Später fordert B die Behörde auf, den Fall wegen neuer Sachlage zu überprüfen. Die Behörde lehnt dies unter Verweis auf den ursprünglichen Bescheid ab.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens - Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da die Erklärung, den Fall nicht erneut zu prüfen, lediglich die Regelungswirkung des ursprünglichen Bescheids wiederholt, fehlt ihr der Regelungscharakter.

Nein!

Eine hoheitliche Maßnahme hat Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge unmittelbar herbeizuführen. Die Behörde verweist nicht lediglich ohne erneute Sachentscheidung auf einen unanfechtbaren Verwaltungsakt (wiederholende Verfügung). Sie lehnt konkludent den Antrag des B auf Wiederaufgreifen des Verfahrens wegen neuer Sachlage (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) ab. Die Ablehnung beinhaltet die Feststellung, dass die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nicht erfüllt sind. Sie hat verfahrensbezogenen Regelungsgehalt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Ablehnung der Behörde könnte ein Verwaltungsakt sein (§ 35 S. 1 VwVfG). Liegt eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts vor?

Genau, so ist das!

Eine Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG). Laut Sachverhalt hat eine Behörde gehandelt. Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitig diktierende Handeln. Keine hoheitliche Maßnahme liegt vor bei privatrechtlichem Handeln der Behörde und bei Verwaltungsverträgen. Die Ablehnung der Behörde, den Fall ungeachtet möglicherweise neuer Sachlage erneut zu prüfen, ist demnach eine hoheitliche Maßnahme. Jede hoheitliche Maßnahme ergeht dabei auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts; dieses Merkmal ist somit im Merkmal der hoheitlichen Maßnahme enthalten.

3. Der Bescheid müsste weiterhin Regelungswirkung entfalten.

Ja, in der Tat!

Eine hoheitliche Maßnahme hat Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge unmittelbar herbeizuführen. Wiederholt die Behörde lediglich den Inhalt eines früher erlassenen Verwaltungsakt, ohne eine erneute Sachprüfung vorgenommen zu haben, liegt in aller Regel keine neue Regelung und damit kein neuer Verwaltungsakt vor. Davon abzugrenzen ist der Fall, dass die Behörde zwar keine erneute Sachprüfung vornimmt, aber einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (§ 51 VwVfG) ablehnt. Hier verweist die Behörde zwar i.d.R. zur Begründung inhaltlich auf den früheren Verwaltungsakt, sie trifft aber zusätzlich die (verfahrensrechtliche) Regelung, dass das Verfahren nicht wiederaufgenommen wird.

4. B will nicht nur gegen die Ablehnung vorgehen, sondern eine neue Sachentscheidung erreichen (vgl. § 88 VwGO). Wäre daher die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft?

Nein, das ist nicht der Fall!

Lehnt die Behörde einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ab, ist die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft, mit dem Ziel, die Behörde zum Wiederaufgreifen, und damit zur erneuten Entscheidung in der Sache, zu verpflichten. Begehrt der Kläger im Ergebnis den Erlass eines gebundenen Verwaltungsakts, so kann er die Klage nach Ansicht des BVerwG sogar unmittelbar auf Erlass dieses materiellen Zweitbescheid richten. B begehrt eine neue sachliche Entscheidung (= Erlass eines Verwaltungsakts). Statthaft ist nicht die Anfechtung der Ablehnung, sondern die Verpflichtungsklage auf Erlass der begehrten Entscheidung (bei gebundenem Verwaltungsakt) oder Verpflichtung der Behörde zur erneuten (ermessensfehlerfreien) Entscheidung in der Sache.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

© Jurafuchs 2024