Öffentliches Recht
VwGO
Anfechtungsklage
Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens - Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage?
Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens - Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B wird per Bescheid verpflichtet, einen rechtswidrigen Anbau zu beseitigen. B unternimmt nichts, der Bescheid wird bestandskräftig. Später fordert B die Behörde auf, den Fall wegen neuer Sachlage zu überprüfen. Die Behörde lehnt dies unter Verweis auf den ursprünglichen Bescheid ab.
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Einordnung des Falls
Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens - Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da die Erklärung, den Fall nicht erneut zu prüfen, lediglich die Regelungswirkung des ursprünglichen Bescheids wiederholt, fehlt ihr der Regelungscharakter.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Ablehnung der Behörde könnte ein Verwaltungsakt sein (§ 35 S. 1 VwVfG). Liegt eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts vor?
Genau, so ist das!
3. Der Bescheid müsste weiterhin Regelungswirkung entfalten.
Ja, in der Tat!
4. B will nicht nur gegen die Ablehnung vorgehen, sondern eine neue Sachentscheidung erreichen (vgl. § 88 VwGO). Wäre daher die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft?
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
7.3.2020, 16:30:59
Die Antwort auf die letzte Frage kann ich nicht nachvollziehen.
Falk Gebhardt
14.3.2020, 21:59:18
Anders als im vorherigen Fall ist der Inhalt des Schreibens keine bloße Wiederholung des Erstbescheids sondern legt fest, dass trotzt veränderter Sachlage am VA festgehalten wird.
Isabell
24.3.2020, 20:13:33
Ich werde beim Wiederholen nochmal genau auf die Unterschiede achten. Danke 🤗
Patrick4219
3.7.2024, 10:13:55
Auch wenn der Beitrag etwas älter ist möchte ich ihn kochmal aufgreifen, da auch ich zunächst die Abgrebzung nicht verstanden habe. Wenn die
Behördeeinen Verwaltungsakt erlassen hat und daraufhin eine Eingabe des Bürgers mit Bitte um nochmalige Prüfung erfolgt, muss die
Behördediesen i.d.R. auslegen. Hierzu gibt es drei Möglichkeiten: 1. Widerspruch §§ 68 ff. VwGO: Dieser ist immer dann anzunehmen, wenn ein Widerspruch (noch) zulässig ist. Grund hierfür ost der Grundsatz effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. 2. Wiederaufgreifen des Verfahrens § 51 VwVfG: Die Eingabe ist immer dann als Antrag nach § 51 VwVfG auszulegen, wenn dieser zulässig wäre. Bringt der Bürger bspw. eine Änderung der Sach-/Rechtslage oder neue Beweise vor, so ist von einem Antrag auf Wiederaufgreifen auszugehen. Auch dies folgt aus dem Grundsatz des effektiven Rechtschutzes. Eine Ablehnung des Antrags nach § 51 VwVfG stellt einen VA dar, sodass der Bürger hiergegen wieder Rechtsmittel einlegen kann. 3. Gegenvorstellung (abgeleitet aus dem Petitionsrecht): Die Gegenvorstellung ist die schwächste Form der Eingabe des Bürgers, da es sich hierbei um einen formlosen Rechtsbehelf handelt. Sie liegt immer dann vor, wenn weder Widerspruch noch Antrag nach § 51 VwVfG zulässig sind, also wenn lediglich eine allgemeine Unzufriedenheit mit der behördlichen Entscheidung kundgetan wird ohne neuen Sachverhalt oder neue Beweismittel anzubieten. Die Entscheidung über die Gegenvorstellung ist regelmäßig nicht als VA zu qualifizieren, da dieser die Außenwirkung fehlt. Die Gegenvorstellung führt nur zu einer internen Überprüfung. Sie kann daher nicht mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Ich hoffe, dass die Ausführungen vielleicht etwas mehr Licht ins Dunkel bringen :)
Rick-energie🦦
13.11.2022, 21:56:46
Ich stehe gerade auf dem Schlauch: Wenn der B will, dass die
Behördeerneut prüft, dann würde ich sein kläg. Begehren eher auf
ermessensfehlerfreie Bescheidung über erneute Sachprüfung sehen. Die bloße Beseitigung der Ablehnung hilft ihm da freilich wenig, also würde ich ehrr die
Versagungsgegenklagestatthaft sehen
Linne_Karlotta_
6.8.2024, 10:41:37
Hallo @[Rick-energie🦦](174760), danke für die Nachfrage. Du hast Recht: Lehnt die
Behördeeinen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG ab, so ist eine Verpflichtungsklage mit dem Ziel, die
Behördezum Wiederaufgreifen als solchem zu verpflichten, zu erheben. Bei gebundenen Entscheidungen ist nach Ansicht des BVerwG die Klage sogar unmittelbar auf den Erlass des materiellen
Zweitbescheids zu richten. Siehe hierzu und zu weiteren Rechtsschutzkonstellationen in diesem Zusammenhang: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, RdNr. 68ff. Die Aufgabe ist entsprechend überarbeitet. Viele Grüße, Linne - für das Jurafuchs-Team
b333
2.1.2024, 08:03:45
Muss die
Behördedie Ablehnung nicht in irgendeiner Form begründen? Ich finde es etwas merkwürdig, dass die Ablehnung,
konkludentdie Feststellung enthält, die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens des Verfahrens seien nicht erfüllt. Immerhin hat die
Behörde(mangels Sachverhaltsangaben) die Sachlage nicht konkret überprüft, sondern lediglich den Antrag abgelehnt und auf den ursprünglichen VA verwiesen.
Sebastian Schmitt
1.12.2024, 10:09:11
Hallo @[b333](199711), natürlich muss eine
Behördeeinen VA schon nach § 39 I 1 VwVfG grds begründen, wobei die inhaltlichen Anforderungen an diese Begründung nach § 39 I 2, 3 VwVfG eingehalten werden müssen. Unsere Sachverhaltsdarstellung ist insoweit bewusst knapp gehalten, ob und in welchem konkreten Umfang die
Behördeihre Entscheidung begründet, wissen wir nicht. Darauf kommt es uns iRd Aufgabe allerdings auch gar nicht an, weil wir hier lediglich auf die Frage des Wiederaufgreifens und die Abgrenzung zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungsklag näher eingehen wollen. Hinsichtlich der von Dir genannten
konkludenten Feststellung sehe ich weniger ein Problem. Wenn die
Behördeden Antrag des B ablehnt und sich damit gänzlich weigert, überhaupt in eine erneute inhaltliche Prüfung der Sachlage einzusteigen, gibt sie doch
konkludentzu erkennen, dass sie keinen Grund für eine solche erneute Prüfung sieht. In der Sache lehnt die Behröde also schlicht den Antrag des B ab, der dahingehend auszulegen ist, dass er ein Wiederaufgreifen nach § 51 I Nr 1 VwVfG von der
Behördebegehrt. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Mindhunter
13.8.2024, 09:51:44
Hallo, ist es nicht genauer hier zu sagen, dass eine Verpflichtungsklage in Form der
Versagungsgegenklagevorliegt?
Peter
20.9.2024, 16:23:33
Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die Bezeichnung als VGK "genauer" ist. Weder in § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO noch sonst in der VwGO wird der Begriff der
Versagungsgegenklageverwendet, die
Versagungsgegenklageist auch keine eigene Klageart in dem Sinne. Vielmehr fasst der Begriff eine bestimmte prozessuale Konstellation prägnant zusammen, sodass man sich als Jurist direkt etwas darunter vorstellen kann. VSG = ah, da hat also jemand einen VA beantragt, diesen (so) nicht bekommen und geht gegen diese Versagung des Erlasses des begehrten VA vor. Es kommt also im letzten darauf an, was Du unter "genauer" verstehst.. :)