Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Abgabe und Zugang von Willenserklärungen
Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärung bei unberechtigter Annahmeverweigerung (Zugangsvereitelung)
Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärung bei unberechtigter Annahmeverweigerung (Zugangsvereitelung)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S will seinem Vermieter V kündigen. Er teilt dies dem V auch telefonisch mit. Die Kündigung muss bis zum 3. des Monats erklärt werden. S will sichergehen und schickt sie als Einschreiben mit Rückschein. Postbote P will sie V am 2.3. zustellen, V verweigert die Annahme.
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Einordnung des Falls
Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärung bei unberechtigter Annahmeverweigerung (Zugangsvereitelung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Kündigung ist in den Machtbereich des V gelangt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. V muss sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als sei ihm die Kündigung im Zeitpunkt der Annahmeverweigerung zugegangen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Simi
14.2.2020, 20:16:10
Ist dem V die Kündigung nicht bereits mündlich durch das Telefonat zugegangen?
DonQuiKong
24.2.2020, 17:47:07
Nein, da wurde nur mitgeteilt, dass er kündigen möchte, jedoch nicht, dass er kündigt.
gelöscht
26.3.2020, 13:17:20
Kündigungen über Wohnraummietverhältnisse bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht nur des Zugangs beim Empfänger, sondern unterliegen gem. § 568 I BGB auch dem Erfordernis der Schriftform.
Skywalker
22.10.2020, 02:16:51
Mich irritiert hier die Formulierung, das durch Anschauung nach Treu und Glauben die Erklärung als "rechtzeitig" angesehen wird, etwas. Es ist doch sicher gemeint, dass sie als Zugegangen gilt zu dem Zeitpunkt, als sie ohne Vereitelung zugegangen wäre. Oder? Habe diese Formulierung so auch in meinem Lehrbuch gelesen, finde sie aber etwas merkwürdig, außer es sollte wirklich so sein...?
Niklas
22.10.2020, 17:34:34
Betrachtet man die Rechtsfrage abstrakt, hast du vollkommen Recht. Aufgrund der Annahmeverweigerung (
Zugangsvereitelung) wird der Zugang der WE zu dem Zeitpunkt fingiert, in dem die WE ohne Vereitelung zugegangen wäre. In dem konkreten Fall, ist die WE „rechtzeitig“ zugegangen. „Rechtzeitig“ meint hierbei, dass der von S gewünschte Kündigungstermin eingehalten wurde.
ri
14.8.2021, 01:09:21
Nicht 162 I BGB analog?
Lukas_Mengestu
6.1.2022, 10:49:09
Hallo Ri, guter Gedanke. Die Rechtsprechung stützt die Fälle des verweigerten Zugangs von Willenserklärungen indes direkt auf § 242 BGB (z.B. BGH NJW 1983, 929) und geht nicht den Weg über eine Analogie. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
28.1.2022, 16:41:27
Kommt es für die
arglistige Zugangsvereitelungdarauf an, dass der Empfänge Kenntnis vom Absender der Erklärung und zumindest eine begründete Vermutung über deren Inhalt hat? Oder reicht es aus, wenn der Empfänger den Zugang jegliche Erläuterungen vereitelt?
Lukas_Mengestu
28.1.2022, 19:26:05
Hallo QuiGonTim, das macht tatsächlich keinen Unterschied. Verweigert er alle Briefe mit der Intention rechtserheblichen Erklärungen zu entgehen, dann kommt es für die Arglist nicht darauf an, dass er weiß, wer die Briefe im Einzelnen verschickt hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team