Öffentliches Recht

VwGO

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Abdrängende Sonderzuweisung nach § 23 EGGVG: Abgrenzung präventiv oder repressiv

Abdrängende Sonderzuweisung nach § 23 EGGVG: Abgrenzung präventiv oder repressiv

14. Oktober 2024

4 Kommentare

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Prüfungsschema

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist für jede verwaltungsrechtliche Klausur und jede Verwaltungsstreitsache elementar. Wie prüfst Du die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs?

  1. Existieren aufdrängende Sonderzuweisungen?
  2. Liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor? (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO)
  3. Ist die Streitigkeit „nichtverfassungsrechtlicher Art“? (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO)
  4. Existieren abdrängende Sonderzuweisungen?

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs Illustration zum Fall Fall zur Abdrängende Sonderzuweisung nach § 23 EGGVG: Ein Mann hält sich an einem Kriminalitätsschwerpunkt auf. Ein Streifenpolizist findet ihn suspekt und fordert ihn auf, ihm seinen Personalausweis auszuhändigen.
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Klassisches Klausurproblem

A hält sich an einem Kriminalitätsschwerpunkt auf. Streifenpolizist P findet A suspekt und fordert ihn auf, ihm seinen Personalausweis auszuhändigen. A gibt P den Ausweis, will die Maßnahme aber später gerichtlich überprüfen lassen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Abdrängende Sonderzuweisung nach § 23 EGGVG: Abgrenzung präventiv oder repressiv

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sind aufdrängende Sonderzuweisungen nicht ersichtlich? Ist Die Streitigkeit auch öffentlich-rechtlich und nichtverfassungsrechtlicher Art?

Ja!

Aufdrängende Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich. Nach der Sonderrechtstheorie / modifizierten Subjektstheorie ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die streitentscheidenden Normen einen Hoheitsträger einseitig berechtigen oder verpflichten. Die hier einschlägigen streitentscheidenden Normen sind solche des Polizei- und Ordnungsrechts. Als Normen des besonderen Gefahrenabwehrrechts berechtigen und verpflichten sie einseitig Hoheitsträger. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt somit vor. Mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit ist die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Art.
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2. Ist stets der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich und nicht-verfassungsrechtlicher Art ist?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Verwaltungsrechtsweg ist für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (sog. abdrängende Sonderzuweisungen) (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO). Wichtige abdrängende Sonderzuweisungen zum ordentlichen Rechtsweg sind § 839 BGB i.V.m. Art. 34 S. 3 GG (Amtshaftung), § 23 EGGVG (Justizverwaltungsakte) und §§ 62 Abs. 1 S. 1, 67f. OWiG (Einspruch gegen Bußgeldbescheid). Liegt eine abdrängende Sonderzuweisung offensichtlich nicht vor, genügt die Feststellung, dass abdrängende Sonderzuweisungen nicht ersichtlich sind.

3. Ist die Streitigkeit hier nach der abdrängenden Sonderzuweisung des § 23 EGGVG den ordentlichen Gerichten zugewiesen?

Nein, das trifft nicht zu!

Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art sind nach der abdrängenden Sonderzuweisung des § 23 EGGVG den ordentlichen Gerichten zugewiesen, wenn die betreffende Maßnahme repressiv ist. Eine Ausweiskontrolle kann präventiv (zur Gefahrenabwehr) (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 BPolG) oder repressiv (zur Strafverfolgung) erfolgen (vgl. § 163b Abs. 1 StPO). P kam es erkennbar nicht darauf an, eine bestimmte Straftat zu verfolgen. Vielmehr wollte P potenziellen Rechtsverstößen durch A vorbeugen. Damit hat die Polizei nicht als Justizbehörde i.S.d. § 23 EGGVG gehandelt. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO).
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