Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Umfang des Bereicherungsanspruchs

Berücksichtigung von Vermögenseinbußen

Berücksichtigung von Vermögenseinbußen

22. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V einen Welpen für €200. K geht mit dem Welpen zum Tierarzt, wo der Hund sämtliche nötigen Impfungen für €120 erhält. Als K jedoch erfährt, dass V sie bei Vertragsschluss arglistig getäuscht hat, ficht K den Kaufvertrag wirksam an. V verlangt den Hund heraus.

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Einordnung des Falls

Berücksichtigung von Vermögenseinbußen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat an V den Hund herauszugeben (Leistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

K hat den Hund durch Leistung erlangt. Der Rechtsgrund dafür ist später durch die Anfechtung weggefallen. V hat einen Anspruch aus Leistungskondiktion gegen K.
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2. Die auf den Bereicherungsgegenstand (Hund) getätigten Aufwendungen sind für K verloren.

Nein, das trifft nicht zu!

Aufwendungen auf die Sache sind unabhängig von ihrer Notwendigkeit oder Nützlichkeit zu ersetzen, wenn der Schuldner diese in Vertrauen auf die Beständigkeit des Vermögenszuwachses getätigt hat. Dies gilt auch unabhängig von einer eventuellen Werterhöhung. Man ist sich hierbei einig, dass diese Aufwendungen über § 818 Abs. 3 BGB von der Höhe des Bereicherungsanspruchs abzugsfähig sind. Die Vorgehensweise ist umstritten. K hat Aufwendungen (freiwillige Vermögensopfer) auf die Sache getätigt. Dies tat sie im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit ihres Erwerbs. Diese Aufwendungen sind von der Höhe des Bereicherungsanspruchs gegen sie abzuziehen.

3. V hat den Kaufpreis an K herauszugeben und ihre Aufwendungen zu ersetzen. K hat den Hund herauszugeben.

Ja!

K hat einen Anspruch gegen V (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) auf Herausgabe des Kaufpreises (€200). V hat gegen K ebenfalls aus Leistungskondiktion auf Herausgabe des Hundes. Außerdem hat V die Aufwendungen der K (€120) zu ersetzen. Beide Ansprüche sind ungleichartig (Anspruch auf Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache und Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises und der Aufwendungen). Eine Saldierung (Verrechnung) ist daher nicht möglich. Daher hat K den Hund Zug um Zug gegen Erstattung der Aufwendungen und Rückzahlung des Kaufpreises zu herauszugeben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dolusdave

Dolusdave

11.8.2022, 14:22:38

Nach welcher AGL hat V die Aufwendungen der K zu ersetzen? Handelt es sich dabei um einen abzugsfähigen Posten nach

818 III

? Im Ergebnis wäre dann der Anspruch der V auf 80€ beschränkt

Nora Mommsen

Nora Mommsen

12.8.2022, 16:10:06

Hallo Dolusdalve, danke für deine Frage. Das ist

tat

sächlich schwierig - denn es besteht Einigkeit darüber, dass

§ 818 Abs. 3 BGB

keine Anspruchsgrundlage darstellt. Ein selbstständiger Anspruch nach § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB könnte in Betracht kommen, sofern der Vertragspartner nach Rückabwicklung bereichert ist. Ist dies nicht erfüllt, ist

tat

sächlich aber auch keine andere Anspruchsgrundlage einschlägig. Viel mehr wird

§ 818 Abs. 3 BGB

in dieser Konstellation wie ein

Zurückbehaltungsrecht

gesehen, womit die Rückgabe der Sache Zug um Zug gegen Ersatz der Aufwendungen erreicht werden kann. Diese gründen dann auf keiner konkreten Anspruchsgrundlage. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

MAT

Matschegenga

22.4.2023, 22:22:25

Was spräche denn dagegen, Ausgleich für die Impfungen im Wege einer

Verwendungskondiktion

(812 I 1 Alt.2) zu fordern? Mangels

Tilgungsbestimmung

stellten sie keine Leistung dar. V hat daraus einen Vorteil erlangt in Gestalt einer Ersparnis eigener Aufwendungen bzw. Verwertung fremder Leistungen, und das ganze auch auf Kosten der K

INDUB

InDubioProsecco

10.6.2023, 20:36:54

@[Matschegenga](138216) so würde ich es auch lösen, macht Sinn!

Simon

Simon

31.7.2023, 23:35:05

Es geht hier ja nicht darum, dass V nach Rückabwicklung bereichert, sondern dass K durch ihre

Verwendungen

auf den Hund entreichert ist. Stellte sich die Situation nach Rückabwicklung für den V als

aufgedrängte Bereicherung

dar, so wäre er nicht bereichert, die K aber trotzdem entreichert, sodass das Problem nicht gelöst wäre. Die Lösung über ein

Zurückbehaltungsrecht

ist aber auch nicht ganz sauber, da dieses ja einen entsprechenden Anspruch der K voraussetzt, sodass sich die Frage stellt, worin dieser Anspruch seine Grundlage hat. Dogmatisch vollends überzeugend lässt sich das Problem wohl nicht lösen. Das Vorgehen über ein

Zurückbehaltungsrecht

erscheint mir aber recht praktikabel.

ajboby90

ajboby90

6.2.2024, 13:38:07

Ich stehe grade komplett auf dem Schlauch. Wieso liegt bei Anfechtung wegen argl. Täuschung nicht immer auch ein EBV vor? Die Anf. von Verfügung & Verpflichtung ist doch rückwirkend (ex tunc).

DAV

david1234

23.2.2024, 16:02:30

Hi ! Weil du Verpflichtungs- und Verfügungsgewchäft voneinander trennen musst - Die dingliche Erklärung wurde nicht extunc beseitigt. Daher ist die Person noch Eigentümer und es liegt keine

Vindikationslage

vor

ajboby90

ajboby90

23.2.2024, 21:04:17

Bei Anfechtung wegen

arglistig

er Täuschung kann ja wegen

Fehleridentität

oft auch das

Verfügungsgeschäft

angefochten werden. Im Herausgabeverlangen liegt dabei oft die

konkludent

e Anfechtung auch des Verf.geschäfts. Hier auf den Fall passt das nicht ganz, da V (nicht die anfechtende K) den Hund herausverlangt. Meine Frage war eher genereller Natur nicht auf diesen Fall bezogen.

Dogu

Dogu

1.4.2024, 12:04:34

Naja Du hast es doch schon richtug ausgeführt: Wenn der Verkäufer durch den Käufer getäuscht wird, dürfte im Regelfall auch ein Anfechtungsgrund für die

Übereignung

der Kaufsache vorliegen (liegt ja auch im Interesse des Verkäufers) und damit ein EBV. Hier ist es eben der umgekehrte Fall (Täuschung des Käufers durch den Verkäufer) und es würde aus Käufersicht keinen Sinn machen, das Eigentum der Kaufsache "herzuschenken"/anzufechten. Wo genau stehst Du denn auf dem Schlauch?

FW

FW

14.11.2024, 15:59:07

Hi, Was ist denn bitte die Rechtsgrundlage des Aufwendungsersatzes des K gegen V? GoA scheitert am

Fremdgeschäftsführungswille

n. EBV scheitert an

Vindikationslage

, da im ZP der Verwendung K Eigentümer war. Somit käme ja nur eine

Verwendungskondiktion

ernsthaft in Betracht. Somit müsste V

Wertersatz

leisten. Ich frage mich nur, ob die Impfung für V nicht eine reine Luxusverwendung darstellt und V dadurch entreichert ist. Denn soweit ich weiß muss nur der Käufer den Hund impfen. Oder kann man den geimpften Hund dann deutlich teurer verkaufen, sodass dennoch eine Bereicherung der V vorliegt?


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