Anfechtungsklage gegen Rechtsverordnung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Polizeipräsident P wird vom Heuschnupfen geplagt, welcher von Gräsern ausgelöst wird. Um gegen sein Leiden vorgehen zu können, erlässt die Polizei eine „Mähverordnung“, wonach sämtliche Bürger des Landes zur Zeit des Pollenfluges ihren Rasen mähen müssen. Bürger A klagt dagegen.
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Einordnung des Falls
Anfechtungsklage gegen Rechtsverordnung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn die „Mähverordnung“ ein Verwaltungsakt ist, der sich noch nicht erledigt hat.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die „Mähverordnung“ ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Regelungscharakter.
Ja!
3. Die „Mähverordnung“ beinhaltet eine Regelung des Einzelfalls.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
gelöscht
20.8.2020, 03:39:38
könnte man durch die Bestimmung "an alle Bürger des Landes" nicht einen näher bestimmbaren Personenkreis und damit eine
Allgemeinverfügungannehmen?
Eigentum verpflichtet 🏔️
20.8.2020, 08:54:42
Hallo 18 Punkte Kandidat, danke für deine Anmerkungen. Nein das geht nicht. Ein näher bestimmbarer Personenkreis, der für eine adressatenbezogene AV nötig ist, wird gattungsmäßig bestimmt ("alle Hausbesitzer", "alle Verkehrsteilnehmer"). Die Abgrenzung gegenüber einer Rechtsnorm erfolgt durch den Bezug, auf einen konkreten Sachverhalt = Einzelfall (hier eine Vielzahl von Sachverhalten, also kein Einzelfall). Vgl. Maurer Alllg. Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 9 Rn. 30. Eine andere Erwägung hilft mir da immer bei der Abgrenzung: ich frage mich, ob, wenn das eine AV sein sollte, noch ein Anwendungsbereich für eine Rechtsverordnung bleibt. Das wäre hier nicht der Fall.
maluno
10.5.2023, 11:49:08
Wie von vielen anderen: dankeschön an den Zeichner. Verwaltungsrecht kann ja sehr trocken sein - um so schöner, wenn man beim Anblick der Illustrationen lachen muss...
Carl Wagner
10.5.2023, 21:36:56
Danke! Das freut uns sehr zu hören! Bilder sagen manchmal mehr als tausend Worte :-) Ich leite das positive Feedback weiter! Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team
evafee1
28.8.2024, 16:16:48
Ich verstehe nicht ganz, wie man zwischen einer
Allgemeinverfügungund einer Rechtsverordnung unterscheidet. "Alle Personen, die einen Rasen besitzen" ist doch ein ebenso bestimmbarer Personenkreis wie "alle, die Tauben füttern wollen" in einer der anderen Aufgaben?
Linne_Karlotta_
10.9.2024, 17:51:54
Hallo @[evafee1](220439), danke für Deine Frage. Deine Beobachtung ist richtig. Und zwar deswegen, weil die
Allgemeinverfügungund die Rechtsverordnung das Merkmal des „generellen“ Adressatenkreises gemeinsam haben. Sie richten sich beide nicht (wie z.B. der Verwaltungsakt) an eine ganz bestimmte, individuelle Person. Daher passen die von Dir genannten Adressatenkreise zu beiden Handlungsformen. Allerdings muss hinsichtlich des Sachverhalts, der geregelt werden soll, unterschieden werden. Eine
Allgemeinverfügungliegt nur dann vor, wenn ein ganz bestimmter Sachverhalt geregelt wird, der beim Erlass der
Allgemeinverfügungschon feststeht (z.B.: alle Bewohner*innen einer bestimmten Straße müssen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt das Eis vor ihrem Haus entfernt haben). Hierbei hilft es, sich immer wieder klar zu machen, dass eine
Allgemeinverfügungein Verwaltungsakt ist. Verwaltungsakte ergehen anlassbezogen und eher flexibel. Rechtsnormen regeln meistens einen abstrakten Sachverhalt. Sie können aber auch einen konkreten Sachverhalt regeln. In diesem Fall kommt es dann tatsächlich dazu, dass durch die Rechtsverordnung ein Bereich betroffen wird, der auch durch eine
Allgemeinverfügunggeregelt werden könnte. Die Verwaltung ist in der Wahl, welches Handlungsinstrument sie benutzen will, grundsätzlich frei. Entscheidet sie sich für den Erlass einer Rechtsverordnung, müssen nur die entsprechenden
Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vorliegen, also insbesondere die Verwaltung durch formelles Gesetz zum Erlass der konkreten Rechtsverordnung ermächtigt sein (Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG). Oder anders gesagt: Die einschlägige
Ermächtigungsgrundlagegibt Ausschluss darüber, ob die Verwaltung dazu ermächtigt ist, den betreffenden Sachverhalt per Rechtsverordnung oder „nur“ per
Allgemeinverfügungzu regeln. In der Fallbearbeitung sollte es i.d.R. genug Anhaltspunkte für eine klare Unterscheidung zwischen den beiden Handlungsformen geben. Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team