Zivilrecht

Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse

Maklervertrag, §§ 652ff. BGB

Entstehen des Provisionsanspruchs, § 652 Abs. 1 S. 1 BGB – ex tunc Unwirksamkeit des Hauptvertrages wegen Anfechtung

Entstehen des Provisionsanspruchs, § 652 Abs. 1 S. 1 BGB – ex tunc Unwirksamkeit des Hauptvertrages wegen Anfechtung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Maklerin M vermittelt Auftragsgeberin A einen Vertrag zum Kauf des Hauses der Eigentümerin E. E verschwieg sowohl bei den Verhandlungen als auch bei Vertragsschluss, dass das Haus schon lange von Termiten befallen ist. Als A dies bemerkt, ficht sie den Vertrag mit E wirksam an.

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Einordnung des Falls

Entstehen des Provisionsanspruchs, § 652 Abs. 1 S. 1 BGB – ex tunc Unwirksamkeit des Hauptvertrages wegen Anfechtung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M könnte einen Anspruch auf einen Maklerlohn haben (§ 652 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Anspruch auf den Maklerlohn hat vier Voraussetzungen. Zunächst muss (1) ein gültiger Maklervertrag zustandekommen. Dann muss der Makler die (2) Maklerleistung erbringen. Der (3) Hauptvertrag muss zustandekommen. Zuletzt muss (4) die Maklerleistung kausal für den Vertragsschluss sein.
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2. M hat A eine Gelegenheit zum Abschluss eines Immobilienkaufvertrags vermittelt (§ 652 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Nein!

Ein Maklervertrag kann zwei verschiedene Leistungen des Maklers enthalten. Entweder einen Nachweis über eine Gelegenheit des Abschlusses eines Vertrags (sog. Nachweismakler) oder die Vermittlung eines Vertrags (sog. Vermittlungsmakler). Der Nachweismakler hat den Auftragsgeber in die Lage zu versetzen, in konkrete Verhandlungen über den Hauptvertrag einzutreten. Der Vermittlungsmakler muss die Abschlussbereitschaft des Vertragspartners für den Hauptvertrag herbeiführen. Vorliegend handelt es sich um eine Vermittlung eines Vertrags.

3. Der Hauptvertrag ist zunächst wirksam zustandegekommen.

Genau, so ist das!

Der Hauptvertrag ist der Vertrag zwischen dem Kunden (Auftraggeber) dem Dritten. Voraussetzung ist nur ein wirksamer schuldrechtlicher Verpflichtungsvertrag zwischen dem Kunden und dem Dritten. Dies ist unabhängig von der Ausführung des Vertrags. A und E haben zunächst einen wirksamen Immobilienkaufvertrag geschlossen.

4. Die Maklerleistung war kausal für diesen Vertragsabschluss.

Ja, in der Tat!

Voraussetzung ist, dass die Maklerleistung für das Zustandekommen des Hauptvertrags zumindest mitursächlich war. M hat den Immobilienkaufvertrag an A vermittelt. Ihre Maklerleistung war kausal für den Abschluss des Hauptvertrags.

5. Der Vergütungsanspruch entsteht mit Vermittlung des Kaufvertrags (§ 652 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein!

Der Vergütungsanspruch entsteht erst mit Abschluss des Hauptvertrags. Dies folgt unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut (§ 652 Abs. 1 S. 1 BGB). Allein die Erbringung der Maklerleistung begründet noch keinen Vergütungsanspruch. Voraussetzung für das Bestehen des Provisionsanspruchs ist, dass ein wirksamer Hauptvertrag zumindest bestanden hat.

6. M hat einen Anspruch auf einen Maklerlohn (§ 652 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwischen M und A besteht ein wirksamer Maklervertrag. M hat die Maklerleistung (Vermittlung eines Vertrags) erbracht. Zwischen A und B besteht allerdings kein wirksamer Hauptvertrag (mehr). Die Anfechtung bewirkt, dass der Kaufvertrag (Hauptvertrag) ex tunc nichtig ist. Der Vertrag ist also so zu behandeln, als wäre er nie entstanden. Der Provisionsanspruch besteht allerdings nur, wenn ein wirksamer Hauptvertrag bestanden hat. M hat also keinen Anspruch auf ihren Maklerlohn.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

15.5.2023, 13:47:05

Bei der Alternative "Gelegenheit zum Vertragsschluss" verstehe ich die getrennte Voraussetzung des Abschluss des Vertrages. Aber bei der Alternative "Vermittlung des Vertrages" verstehe ich es nicht. Was ist denn die Vermittlung eines Vertrages, wenn nicht die Vermittlung eines ABGESCHLOSSENEN Vertrages?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.5.2023, 15:00:08

Hallo Daniel, sowohl beim Nachweismakler als auch beim Vermittlungsmakler muss im Ergebnis für den Lohnanspruch ein Vertragsabschluss erfolgen. Das "Vermitteln" bezieht sich in Abgrenzung zum "Gelegenheit verschaffen" darauf, dass der Makler hier erhöhte Anstrengungen unternehmen muss. "Vermittlung bedeutet das unmittelbare oder mittelbare Einwirken auf den Willensentschluss des vorgesehenen Vertragspartners. Im Einzelnen ist unter Vermittlung zu verstehen das bewusste und zweckgerichtete Herbeiführen oder Fördern der Abschlussbereitschaft des künftigen Vertragspartners" (MüKoBGB/Althammer, 9. Aufl. 2023, BGB § 652 Rn. 116). Insofern ist auch hier der Vertragsabschluss von der eigentlichen Maklertätigkeit gesondert zu prüfen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DAN

Daniel

17.5.2023, 09:10:48

Okay, das leuchtet ein. Danke Mal wieder für die schnelle Antwort 👍


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