Ausnahme: Schriftform nicht gewahrt

19. Mai 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Bäckermeisterin B kündigt ihrer Mitarbeiterin M am 1.6. mit Wirkung zum 31.8. Sie ist kein großer Fan von Papier und spricht die Kündigung mündlich aus. Am 1.7. wendet sich M an ihren Bruder Justus und fragt, ob sie sich hiergegen noch verteidigen könne.

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Einordnung des Falls

Ausnahme: Schriftform nicht gewahrt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die mündliche ausgesprochene Kündigung wirksam?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf der Schriftform (§ 623 BGB). Ist diese nicht gewahrt, so ist die Kündigung unwirksam (§ 125 S. 1 BGB). B hat die Kündigung lediglich mündlich erklärt. Diese Erklärung wahrt nicht erforderliche Schriftform (§§ 623, 126 BGB) und ist deshalb unwirksam.
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2. Kann sich M auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen, obwohl bereits ein Monat seit Erhalt der Kündigung vergangen ist?

Ja!

Es obliegt dem Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben (§ 4 S. 1 KSchG). Unterlässt er dies, so werden etwaige Mängel der Kündigung grundsätzlich geheilt (§ 7 KSchG). Der Mangel der Schriftform kann aber auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist geltend gemacht werden. Denn die Frist und die Wirksamkeitsfiktion beziehen sich nur auf schriftliche Kündigungen (vgl. § 4 S. 1 KSchG).B hat die Kündigung lediglich mündlich ausgesprochen. Es ist somit unschädlich, dass M hier nicht innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 S. 1 KSchG Klage erhoben hat.

3. M kann vor dem zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben.

Nein!

Es fehlt bereits an der Statthaftigkeit der Kündigungsschutzklage. Die in einer Kündigungsschutzklage geltend gemachte Unwirksamkeit der Kündigung darf nicht auf mangelnde Schriftform der Kündigung gestützt werden, da § 4 KSchG für die Statthaftigkeit der Kündigungsschutzklage gerade eine schriftliche Kündigung voraussetzt (vgl. Wortlaut des § 4 S. 1 KSchG: „… nach Zugang der schriftlichen Kündigung …“). Statthafte Klageart ist daher Feststellungsklage i.S.v. § 256 ZPO. Die Kündigungserklärung ist zwar nichtig, ohne dass es einer weiteren Klärung bedarf. Allerdings ist die Frage, inwieweit weiterhin ein Arbeitsverhältnis besteht streitig und kann insoweit mittels Feststellungsklage geklärt werden.
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