+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Jurastudentin T hat es aufgegeben, den strafrechtlichen Schein auf legale Weise zu erwerben. Am Ende der Abschlussklausur nutzt sie eine Unachtsamkeit der Aufsicht und nimmt die Klausur von 18-Punkte-Kandidat K vom Stapel, radiert die Matrikelnummer des K aus und ersetzt sie mit ihrer eigenen.
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Einordnung des Falls
Verfälschen echte Urkunde 2
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn die Urkunde ihre Urkundeneigenschaft verloren hat, kann sie trotzdem noch verfälscht werden.
Nein, das trifft nicht zu!
Tatobjekt der Verfälschung kann nur eine vorhandene echte Urkunde sein. Unter Verfälschungist jede nachträgliche Veränderungdes gedanklichen Inhalts einer echten Urkunde zu verstehen. Durch die nachträgliche Veränderung muss der Anschein erweckt werden, dass die Urkunde von vornherein den ihr nachträglich beigelegten Inhalt gehabt und dass der Aussteller die urkundliche Erklärung von Anfang an in der jetzt vorliegenden Form abgegeben habe.
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2. Indem T die Matrikelnummer des K ausradiert und durch ihre eigene ersetzt, hat sie eine echte Urkunde verfälscht (§ 267 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Nein!
Die Tathandlung Verfälschen setzt voraus, dass das Tatobjekt seine Urkundenqualität nicht zuvor bereits verloren hat. Die Klausur des K hatte zwar ursprünglich Urkundenqualität, jedoch wurde die Urkunde in dem Augenblick vernichtet, als K als Aussteller nicht mehr zu ermitteln war. Damit wurde nicht der Anschein erweckt, als hätte K die Klausur in der vorliegenden Form abgegeben. Zum Zeitpunkt des Eintragens der eigenen Matrikelnummer durch T lag daher schon gar keine echte vorhandene Urkunde als taugliches Tatobjekt des § 267 Abs. 1 Var. 2 StGB vor.Wenn T einzelne Teile von Ks Klausur ändert, um ihm zu schaden, dann liegt dagegen eine Verfälschung vor, da der ursprüngliche Beweisinhalt verändert worden ist.
3. T hat eine unechte Urkunde hergestellt, indem sie die Matrikelnummer des K ausradiert und durch ihre eigene ersetzt. (§ 267 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Maßgeblich für die Unechtheit einer Urkunde ist die Identitätstäuschung. Eine solche liegt vor, wenn zum Zwecke der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums über die Person des wirklichen Ausstellers getäuscht wird. Das Erstellen einer inhaltlich unwahren Urkunde (schriftliche Lüge), wird von § 267 StGB nicht erfasst. Das Merkmal der Unechtheit bezieht sich ausschließlich auf die Urheberschaft, nicht auf die Wahrheit der urkundlichen Erklärung.Als Ausstellerin aus der Klausur geht die T selbst hervor. T gibt lediglich wahrheitswidrig an, die Klausur selbst gelöst zu haben - es handelt sich damit „bloß“ um eine schriftliche Lüge.
4. T hat jedoch andere Straftatbestände verwirklicht.
Ja, in der Tat!
In Betracht kommen die §§ 133 Abs. 1, 242 Abs. 1, 274 Abs. 1 Nr. 1, 303 Abs. 1 StGB. Problematisch ist hier insbesondere im Rahmen des Diebstahls die Zueignungsabsicht. Im Rahmen der Urkundenunterdrückung wäre die Nachteilszufügungsabsicht näher zu diskutieren. Die Sachbeschädigung tritt hinter dem spezielleren § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB zurück.
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