Strafrecht
BT 6: Urkundsdelikte u.a.
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Verfälschen von zusammengesetzten Urkunden 2
Verfälschen von zusammengesetzten Urkunden 2
2. April 2025
10 Kommentare
4,8 ★ (4.197 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Youtuberin Y muss anlässlich ihrer Geburtstagsfeier standesgemäß aufwarten. Um Geld zu sparen, nimmt sie im Supermarkt einen mit Preisetikett beklebten Sektkarton und tauscht die Flaschen durch sündhaft teuren Champagner aus. Glücklich schreitet sie mit dem Sektkarton zur Kasse.
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Einordnung des Falls
Verfälschen von zusammengesetzten Urkunden 2
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Preisetikett auf dem Karton ist ein taugliches Tatobjekt der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da Urkundenstraftaten ausscheiden, ist das Verhalten der Y straflos.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Afrim
11.11.2023, 15:53:52
Hello, warum liegt jetzt beim Karton k
eine zusammengesetzte Urkundevor, dagegen aber bei der Champanger-Flasche vom vorherigen Fall? Liegt es daran, dass nicht der Karton verkauft wird, sondern der Inhalt? M.a.W.: Würde der Karton verkauft werden, würde dann
eine zusammengesetzte Urkundevorliegen? Beste Grüße und Danke für die Antwort!
cann1311
11.11.2023, 23:41:12
Das Preisschild ist nicht auf den Karton bezogen genau gut erkannt 👆🏼 anders ist es beim Fall wo das etikett direkt auf der Flasche ist
Leo Lee
12.11.2023, 09:46:54
Hallo Afrim, das ist eine sehr gute Frage! Die Begründung dahinter ist die folgende: Damit man den Begriff der
zusammengesetzten
Urkunde(im Strafrecht sind wir restriktiv mit dem Wortlaut!) bejahen kann, wird gefordert, dass bei der
zusammengesetzten
Urkunde– gerade weil hier zwei an sich „nichtsausssagende“ Objekte zusammengeschweißt werden – eine räumliche (feste) Verbindung hergestellt wird, um eben den Wortlaut nicht zu sehr auszureizen. D.h., wie bei einem Kfz-Kennzeichen (räumlich fest verbundenes Schild + Auto) wird gefordert, dass „wenigstens“ die zwei Objekte fest miteinander verbunden sind, damit der Beweisbezug klar erkennbar ist. Bei einer Champagnerflasche klebt die Etikette, weshalb dieser unmittelbare Zusammenhang (noch) bejaht werden kann. Genauso auch, wenn etwa CDs mit einer Folie, worauf ein Sticker mit Preis klebt, umwickelt werden. Hier ist es jetzt so, dass der Karton zwar räumlich „nah“ ist, jedoch nicht verbunden genug ist (er „klebt“ nicht), um noch den Wortlaut der (zsmgesetzten) „
Urkunde“ zu bejahen. Als Faustformel kann man sich also merken, dass das
Beweiszeichen„kleben“ muss am Bezugsobjekt. Hierzu kann ich die Lektüre von Rengier BT II 22. Auflage, § 32 Rn. 27 f. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
B.H.
28.1.2024, 22:38:48
Wie würde der Fall aussehen, wenn der Karton -mit den richtigen Champagnerflaschen- verschlossen gewesen wäre. Dann würde es eine äußerlich feste Verbindung zwischen dem Preisschild und dem Karton, gerade mit dem Inhalt geben, oder. Dem Grundsatz nach, würde es m.E. dem Bsp. mit der in Folie verpackten CD entsprechen.

Cosmonaut
20.2.2024, 11:09:43
@[b.10](154709) Hi, Ausgehend von der Definition „
Eine zusammengesetzte Urkundeliegt vor, wenn eine verkörperte Gedankenerklärung mit einem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer Beweismitteleinheit verbunden ist, sodass beide zusammen einen einheitlichen Beweis und Erklärungsinhalt in sich vereinigen“ folgender Lösungsvorschlag: Es kommt mE darauf an, wie verschlossen der Karton tatsächlich ist: Ist um den Karton noch Folie, und dann das Preisschild auf der Folie oder im Print des Kartons = Zusammenges. U. mE (+), da es dem Rechtsverkehr gerade darauf ankommt, Karton und Inhalt als „ein Ganzes“ zu handeln, wenngleich auch die einzelnen Teile handelbar sind (Bsp.: etwa „Überraschung-Boxen“ mit random Vielfalt an Lebensmitteln / Ramen drin). Wenn aber nur ein Karon (Bsp.: Milchkarton) „verschlossen“ vorliegt, etwa weil sich so die Einzelwaren darin von der Logistik besser transportieren lassen, dieser „Verschluss“ aber durch simples Lösen des Klebers zu umgehen ist (und dies auch so vom Rechtsverkehr gewollt ist, da die Sachen im Grunde regelmäßig nur vereinzelt gehandelt werden, dann = Zus.ges. U. (-) LG C
Amelie7
3.12.2024, 16:23:06
Ich finde die Subsumtion unter 1. etwas missverständlich, so wie es hier erklärt wurde hätte ich es mir selber auch hergeleitet und finde ich total verständlich (entspricht mMn aber nicht dem, was in der Subsumtion steht)
Taunus84
25.3.2025, 18:02:38
Also das finde ich jetzt auch etwas unklar - bei als solcher ausgezeichneter Kartonware kommt es ja gerade auf die Verbindung des Preises mit dem Karton und nicht der einzelnen Flasche an, denn der Karton (natürlich mit Inhalt) wird ja als Ganzes verkauft. Finde die Aufgaben verwirrend…
Tinki
17.11.2024, 15:48:46
Müsste ein Verfälschen nicht aus dem Grund ausscheiden, dass das Etikett abgelöst wurde und dadurch gar keine
Urkundemehr vorliegt? In einer anderen Aufgabe wurde gerade betont, dass in diesem Fall ein Verfälschen ausscheidet (ich glaube, es war der Fall mit dem Parkticket). Ich hätte aus diesem Grund vorliegend eine Verfälschen verneint, aber ein Herstellen einer unechten
zusammengesetzten
Urkundebejaht. Anders hätte ich den Fall ggf. gelöst, wenn T das Etikett überklebt hätte. Wobei auch dann eher schwierig, weil der Inhalt gar nicht mehr sichtbar, also auch aufgehoben worden wäre. Lieben Dank für Hilfe vorab schonmal!
Amelie7
3.12.2024, 16:21:37
Hier liegt meines Verständnisses nach generell k
eine zusammengesetzte Urkundevor, da Flaschen und Karton nicht fest miteinander verbunden sind. Ein Etikett wurde hier auch nicht abgelöst, sondern einfach nur die Kartons bzw der Inhalt der Kartons ausgetauscht
okalinkk
7.3.2025, 18:40:27
@[Amelie7](262107) so haben wir es im Rep auch gelernt