Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Freiheitsberaubung, § 239 StGB

Auf sonstige Weise der Freiheit berauben: Vortäuschen, beim Verlassen des Raumes werde das Gebäude in die Luft gesprengt.

Auf sonstige Weise der Freiheit berauben: Vortäuschen, beim Verlassen des Raumes werde das Gebäude in die Luft gesprengt.

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Als die Bankangestellte O ihr Büro in der Bank des T pünktlich zum Feierabend verlassen will, erklärt T ihr wahrheitswidrig, dass das Gebäude in die Luft gesprengt wird, sobald sie ihr Büro verlässt. O wähnt sich in Lebensgefahr und bleibt daraufhin im Raum.

Diesen Fall lösen 82,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Auf sonstige Weise der Freiheit berauben: Vortäuschen, beim Verlassen des Raumes werde das Gebäude in die Luft gesprengt.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T angekündigt hat, dass das Gebäude beim Verlassen der O gesprengt wird, hat er O "eingesperrt" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein!

"Einsperren" bedeutet, jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines umschlossenen Raumes zu hindern. Die Ausgänge des umschlossenen Raumes können mechanisch oder elektronisch verschlossen, durch Hindernisse oder durch Bewachung versperrt sein. Dies kann auch durch einen anderen Menschen geschehen. T hat den Ausgang der Filiale nicht verschlossen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Indem T angekündigt hat, dass das Gebäude beim Verlassen der O gesprengt wird, hat er die O "auf andere Weise" ihrer Freiheit beraubt (§ 239 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Die Freiheitsberaubung "auf andere Weise" umfasst jedes Tun oder Unterlassen, durch das die Fortbewegung vollständig verhindert wird. Als Tatmittel kommt alles, was tauglich ist, einem anderen die Möglichkeit der Fortbewegung zu nehmen, in Betracht. Gewalt, Drohung und List sind taugliche Tatmittel, wenn sie eine psychische Barriere beim Opfer bewirken. Drohung ist die Ankündigung einer aus Tätersicht abhängig dargestellten Übelszufügung. Wegen der Eigenbedeutung des § 239 StGB ist zu beachten, dass die bloße Drohung mit einem empfindlichen Übel (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB) – z.B. Kündigung der Wohnung – nicht ausreicht. Erfasst wird nur die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, da im Falle der Drohung mit einem empfindlichen Übel die Fortbewegung für den Adressaten zumutbar bleibt. T erklärt, dass das Gebäude beim Verlassen der O gesprengt wird.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri

ri

15.8.2021, 01:09:56

Die

Freiheitsberaubung

auf andere Weise durch Unterlassen erfordert aber eine

Garantenstellung

?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.1.2022, 10:42:09

Hallo ri, in der Tat bedarf es hierfür einer

Garantenstellung

. Eine solche hat der BGH zB in einem Fall angenommen, in dem sich ein Autofahrer verpflichtet hatte, eine Bekannte nach Hause zu fahren. Im weiteren Verlauf unterließ er es dann anzuhalten und sie herauszulassen (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.1961 - 2 StR 472/61). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AN

Anne

24.5.2024, 09:51:41

Könnte hier auch eine Strafbarkeit nach § 241 Abs. 3 StGB in Betracht kommen? Ist die Aussage, dass das Gebäude in die Luft gesprengt wird ein Verbrechen, welches sich gegen die Frau richtet? Eher nein, oder?

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

27.5.2024, 10:33:55

Hallo Anne,  das wird auch verwirklicht sein, würde aber im Wege der Konkurrenz verdrängt werden. Auch eine Nötigung käme in Betracht, diese wird jedoch nach der Rechtsprechung in diesem Fall auch verdrängt, da ihr kein eigener Unrechtsgehalt mehr zukommen würde.  Siehe dazu: BGH Beschl. v. 02.06.2018 – 3 StR 426/17. Beste Grüße  Max – für das Jurafuchs-Team

AN

Anne

27.5.2024, 15:26:34

Vielen Dank! :)


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* nach Ablauf 7-tägige Probeabos: ab 7,99 € Monat; weitere Infos