Zivilrecht

Deliktsrecht

§ 823 Abs. 1 BGB

Gubener Verfolgungsfall (kein atypischer Kausalverlauf)

Gubener Verfolgungsfall (kein atypischer Kausalverlauf)

4. Mai 2025

5 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Asylbewerber A wird von 11 bewaffneten Neonazis N verfolgt, bedrängt und massiv bedroht. Um zu entkommen, springt er durch eine geschlossene Glastür. Dabei zieht er sich so tiefe Schnittwunden zu, dass er binnen kurzer Zeit verblutet.

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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die N haben das Rechtsgut Leben (§ 823 Abs. 1 BGB) des A verletzt.

Ja, in der Tat!

Die Verletzung des Rechtsguts Leben bedeutet die Verursachung des Todes. Das Leben ist zivilrechtlich bereits in der embryonalen Phase vor der Geburt geschützt. Der Lebensschutz endet mit dem Hirntod. A ist durch die Schnittverletzungen verblutet und damit in seinem Rechtsgut Leben verletzt. Die Ersatzansprüche stehen Dritten zu (§§ 844, 845 BGB).
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2. Die N haben eine kausale und zurechenbare Verletzungshandlung begangen (§ 823 Abs. 1 BGB), indem sie A bedrängt und bedroht haben.

Ja!

Nach der Adäquanztheorie sind solche Erfolge nicht zurechenbar, wenn der Geschehensablauf außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liegt. Die Zurechenbarkeit wird grundsätzlich durch eine freiwillige Entscheidung des Geschädigten unterbrochen. In Ausnahmefällen kommt jedoch ein Fall der psychisch vermittelten Kausalität in Betracht. Diese ist immer dann gegeben, wenn der Geschädigte vernünftigerweise zu seiner Entscheidung kommen konnte und die Selbstgefährdung nicht außer Verhältnis zu der Motivation steht. Die N haben eine Gefahrenlage geschaffen, in der A um sein Leben fürchten musste. Damit war die Reaktion des A eine naheliegende und nachvollziehbare Reaktion auf den Angriff. Das Verhalten der N war adäquat-kausal.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GO

GO

22.12.2023, 17:12:43

Ist das nicht einfach eine typische Konstellation eines Herausforderungsfalles, wobei man unter bestimmten Voraussetzungen das Vorliegen des Schutzzweckes der Norm bejahen kann? Also 1) Der Herausgeforderte muss tatsächlich herausgefordert sein?, 2) Der Geschädigte durfte sich herausgefordert fühlen, 3) keine Verwirklichung des allg. Lebensrisikos.

LELEE

Leo Lee

25.12.2023, 11:07:33

Hallo GO, vielen Dank für diese sehr gute Frage! In der könnte man in diesem Fall auch eine Herausforderung – wie von dir beschrieben – sehen und auch annehmen. Dieses „Problem“ wäre dann beim Schutzzweck des Norm anzusprechen. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 8. Auflage, Wagner § 823 Rn. 508 ff. sehr empfehlen :). Besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch wünscht dir das Jurafuchsteam!

GO

GO

25.12.2023, 11:16:31

Danke!

LELEE

Leo Lee

25.12.2023, 11:18:16

Sehr gerne :)

BEN

benjaminmeister

29.1.2025, 17:35:31

Genau genommen wird auch im Fall der

Schutzzweck der Norm

geprüft. Die selbstschädigende Handlung des Opfers ist nämlich unter dem Aspekt der adäquaten Verursachung unproblematisch zu bejahen. Der letzte Erklärungstext müsste aber angepasst werden (also der

Schutzzweck der Norm

wie bei den vorangegangenen Fällen noch genannt werden und nicht nur die Adäquanztheorie).


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