Ausschluss nach § 817 S. 2: Radarwarngerät
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V und K schließen einen Kaufvertrag über ein Radarwarngerät zum Preis von €1.000. Für beide erkennbar ist der Vertragszweck, das Gerät im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung zu verwenden. Das Gerät warnt K mehrfach nicht vor Radarfallen. Daraufhin will K das Gerät zurückgeben und verlangt Rückzahlung des Kaufpreises.
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Einordnung des Falls
Ausschluss nach § 817 S. 2: Radarwarngerät
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V und K haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen (§ 433 BGB).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. V hat „etwas erlangt“ (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. V hat das Geld "durch Leistung" des K erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
4. K hat die Leistung an V „ohne rechtlichen Grund (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) erbracht.
Ja!
5. Die Rückforderung des Kaufpreises ist ausgeschlossen (§ 817 S. 2 BGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
jomolino
29.3.2022, 16:07:00
Lukas_Mengestu
31.3.2022, 12:09:51
Hallo nomamo,
§ 814 BGBkommt nur dann in Betracht, wenn der Leistende
positive Kenntnisdavon hat, dass die Verbindlichkeit nicht besteht. Es liegen vorliegend im Sachverhalt keine Anhaltspunkte vor, dass K klar war, dass der Vertrag unwirksam war. Insofern scheidet
§ 814 BGBaus. Für
§ 817 S. 2 BGBhat der BGH dagegen genügen lassen, dass sich der Leistende der Einsicht der Sittenwidrigkeit leichtfertig verschließt.
Positive Kenntnisder Sittenwidrigkeit bedarf es hier insoweit nicht. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
Vivien
10.9.2022, 07:45:00
Interessanter Standpunkt, wo doch jeder im Radio Blitzer melden kann (was ich auch noch nie verstanden habe). Müsste das konsequenterweise nicht auch sittenwidrig sein? Ansonsten hätte ich argumentiert gemeinhin ist die Warnung vor Blitzen gesellschaftlich anerkannt.
Bilbo
12.9.2023, 10:33:56
Das regelmäßige Melden/Durchsagen der Blitzer im Radio hätte ich auch als Argument gegen die Sittenwidrigkeit ins Feld geführt. Die Wertung als sittenwidrig erscheint angesichts dieser anerkannten Praxis doch etwas widersprüchlich?
Pilea
22.9.2023, 12:34:11
Hab zu dem Thema recherchiert und folgendes gefunden: durch die Radiodurchsagen liefe § 23 Ic StVO nicht ins Leere. Denn dem Fahrzeugführer wird hierbei nicht das Gefühl vermittelt, er könne jederzeit und überall eine Radarkontrolle rechtzeitig erkennen und insoweit (ständig) risikolos die Geschwindigkeit überschreiten. Vielmehr würde durch solch vereinzelte Ankündigungen sogar die fahrerische Aufmerksamkeit für Geschwindigkeitskontrollen gesteigert. [LG Bonn, NJW 1998, 2681, 2682]
Bilbo
15.10.2023, 23:51:25
Danke fürs Teilen deiner Ergebnisse @[Pilea ](189001) 🙌
Edward Hopper
4.10.2023, 21:52:08
Wäre nicht hier auch die
dingliche Einigungnichtig? Wenn man sagt das
Kausalgeschäftsei sittenwidrig dann ist auch die Verbreitung dieser Geräte an Teilnehmer des Straßenverkehrs Sittenwidrig. Im Ergebnis könnte man dann nur den Besitz konditionieren aber den kriegt man ja auch über § 985. Ich würde schon sagen dass hier eine
Fehleridentitätbesteht.
Leo Lee
7.10.2023, 15:20:05
Hallo Edward Hopper, du hast natürlich recht damit, dass bei der Sittenwidrigkeit eine
Fehleridentitätbesteht, wenn der sittenwidrige Erfolg gerade durch die
Übereignung(also des Radarwarngeräts) erfolgt. Beachte allerdings, dass er hier nicht darum geht, das übereignete Gerät, sondern das von K gezahlte GELD zurückzuerlangen. Und die
Übereignungder Geldscheine/des Geldbetrags bewirkt gerade NICHT UNMITTELBAR die Sittenwidrigkeit, sondern ist lediglich eine „neutrale“ Folge hiervon :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Vanilla Latte
21.7.2024, 00:48:43
liegt hier kein Verbotsgesetz vor?
Tobias Krapp
1.8.2024, 14:19:11
Hallo Vanilla, danke für die berechtigte Nachfrage! An §
134 BGBzu denken ist ein guter Ansatzpunkt, da dieser § 138 BGB als lex specialis vorgeht. Um ein Verbotsgesetz iSd §
134 BGBhandelt es sich aber nur dann, wenn nach dem Zweck des Gesetzes bestimmte Rechtsgeschäfte selbst rechtlich zu missbilligen sind. § 23 Ic StVO verbietet aber erst den Betrieb und nicht schon den Erwerb eines Radarwarngeräts. Daher kann ein Rechtsgeschäft zum Erwerb nicht von § 23 Ic StVO erfasst sein. Somit greift §
134 BGBnicht. Als unmittelbare Vorbereitungshandlung für den untersagten Betrieb dient der Erwerb aber der künftigen Begehung eines ordnungswidrigen Verhaltens, durch das Geschwindigkeitsübertretungen mit den damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben Dritter begünstigt werden. Daher ist das Rechtsgeschäft sittenwidrig und damit unabhängig von einem gesetzlichen Verbot zum Erwerb rechtlich zu missbiligen, § 138 I BGB. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias @[Wendelin Neubert](409)
lexspecialia
21.8.2024, 12:15:44
Ich dachte die direkte Anwendung von §817 S.2 BGB gilt nur für §817 S.1 BGB. Für alle anderen fälle der leistungskondiktion müsste doch §817 S.2 Analog angewendet werden oder?
lexspecialia
21.8.2024, 12:17:58
Oder es liegt ja tatsächlich ein Fall von 817 S.1 vor oder ? Und daher die direkte Anwendung
as.mzkw
5.10.2024, 11:14:31
Sehe es wie du, dass vorliegend
§ 817 S. 2 BGBanalog auf die allgemeine LK nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB angewandt wird und gerade nicht direkt, da eben kein Fall von § 817 S. 1 BGB vorliegt.
Ala
1.11.2024, 16:09:25
Wieso beeinträchtigt die Nutzung eines Radarwarngeräts die Sicherheit im Straßenverkehr?