Radarwarngerät

18. Juli 2023

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs-Illustration zum Fall zum Radarwarngerät als Fallgruppe: Ein Mann fährt ein Auto, in dem ein Radarwarngerät angebracht ist.

K fährt gerne schnell Auto. Um weiterhin die Geschwindigkeitsgrenzen zu überschreiten, ohne geblitzt zu werden, kauft sie sich bei V ein Radarwarngerät für €1000. V war sich der Verwendung bewusst. Eine Warnung blieb jedoch aus, sodass K das Gerät zurückgeben möchte.

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Einordnung des Falls

Radarwarngerät

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Benutzung eines Radarwarngerätes im Straßenverkehr, um sich einer Radarkontrolle zu entziehen, rechtlich untersagt?

Ja!

Die maßgeblich Vorschrift ist § 23 Abs. 1c StVO. Ein Radarwarngerät ermittelt die Standorte der Geschwindigkeitskontrolle und zeigt diese dem Fahrer rechtzeitig an. Dadurch wird ein ordnungswidriges Verhalten unterstützt, indem der Fahrer durch die rechtzeitige Warnung abbremsen und sich damit einem Bußgeld entziehen kann. Er könnte so die Höchstgeschwindigkeit überschreiten, ohne dass er Gefahr liefe, geblitzt zu werden. K möchte fahren, ohne geblitzt zu werden, und würde damit den Tatbestand des § 23 Abs. 1c StVO bei Verwendung des Gerätes im Straßenverkehr erfüllen.
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2. Untersagt § 23 Abs. 1 c StVO den Erwerb des Radarwarngerätes?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Vorschrift missbilligt den Betrieb oder das betriebsbereite Mitführen des Radarwarngerätes im Kraftfahrzeug. Der Kaufvertrag stellt eine unmittelbare Vorbereitungshandlung für den Betrieb dar.

3. Verstößt der Kaufvertrag gegen die guten Sitten?

Ja, in der Tat!

Ein Rechtsgeschäft ist als sittenwidrig anzusehen, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Die Benutzung eines Radarwarngerätes im Straßenverkehr verstößt gegen § 23 Abs. 1c StVO. Ziel der Vorschrift ist die Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs in Deutschland. Wird der Einsatz mit dem Kaufvertrag verfolgt und ist dies beiderseitig zu erkennen, ist die rechtliche Anerkennung des Rechtsgeschäfts zu versagen. Der Kaufvertrag sollte diesem Zweck offensichtlich dienen. Das Rechtsgeschäft läuft den Interessen der Gemeinschaft zuwider.

4. Ist der Kaufvertrag als nichtig anzusehen?

Ja!

Die rechtliche Anerkennung des Vertrages ist zu versagen.

5. Kann K den Kaufpreis nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zurückfordern?

Nein, das ist nicht der Fall!

Einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch steht § 817 S. 2 BGB entgegen, wenn ein beidseitiger Sittenverstoß vorliegt. Sowohl K als auch V verstoßen durch den Vertragsschluss gegen die guten Sitten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SER

Seriouz0G

20.4.2023, 20:52:24

Nach welcher Norm ist der Kaufvertrag nichtig? Nach § 134 i.V.m. § 23 I c StVO oder nach § 138? Es ist ja anscheinend nicht unumstritten, ob § 23 I c StVO den Charakter eines Verbotsgesetzes i.S.d. § 134 hat. Oder läuft es hier so ab, dass man den § 23 I c StVO als „herrschende Rechts- und Sozialmoral“ betrachtet, um somit den unbestimmten Rechtsbegriff der guten Sitten dahingehend auszufüllen, dass der Erwerb eines Radarwarngerätes gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt? Danke im Voraus

Edward Hopper

Edward Hopper

4.10.2023, 22:00:25

Der Vertrag ist nach § 138 sittenwidrig. Dabei kommt es nicht darauf an, ob § 23 StVO ein verbotsgesetz ist, denn dagegen wird beim Kauf ja nicht verstoßen, dieser verbietet die Nutzung im Straßenverkehr (nicht Besitz, Erwerb und Vertrieb). § 138 sagt Anstandsgefühl aller billig und gerechtdenkenden. Konkret kommt es darauf an, wozu das genutzt werden soll. Wenn beide wissen er will damit gegen die StVo verstoßen ist es sittenwidrig diese dinger zu verkaufen und somit nichtiger Kaufvertrag. Man denkt sozusagen ums Eck. Beispielsweise wäre es anders wenn K die Geräte für ein Physikprojekt kauft um damit einen Roboter oder so zu bauen. Kommt auf den Zweck an.

SER

Seriouz0G

20.4.2023, 20:59:35

Sorry, habs mir nochmal gründlich durchgelsen. All good. :)

Gruttmann

Gruttmann

9.4.2024, 16:29:31

Wieso darf man in Deutschland eine Blitzer-App kaufen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.4.2024, 11:50:57

Hi Gruttmann, hier gilt im Grundsatz das gleiche wie zu Radarwarngeräten. Ein explizites Verbot gibt es hinsichtlich Kauf- und Verkauf nicht. Auch hier dürfte der Vertrag zwar als sittenwidrig einzustufen sein, allerdings ohne Folgen für den Verkäufer, da eine bereicherungsrechtliche Rückforderung des Kaufpreises ausscheidet. Innerhalb der Widerrufsfrist kann aber trotz nichtigem Fernabsatzvertrag der Widerruf erklärt werden (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 25. 11. 2009 – VIII ZR 318/08 - https://lexetius.com/2009,3847). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

HAGE

hagenhubl

3.5.2024, 13:15:43

Aber das ist doch Schwachsinn. Das Warngerät sorgt doch gerade dafür, dass der Käufer die Geschwindigkeitsbegrenzungen einhält. Oder geht es bei Bußgeldern nur um die Einnahmesteigerung des Staates? Dafür sind doch Steuern da.

Gruttmann

Gruttmann

3.5.2024, 19:11:54

@[hagenhubl](233869) ich würde nicht sagen, dass diese Apps dazu da sind die Geschwindigkeitsgrenze einzuhalten. Es wird vor Blitzern gewarnt, sind keine Blitzer da-> fahren die ein oder anderen gerne mal dann schneller.

Juraganter

Juraganter

7.8.2024, 13:56:09

@[hagenhubl](233869) Das Warngerät sorgt lediglich dafür, dass man an den Stellen, an denen gegenwärtig Radarkontrollen stattfinden, ordnungsgemäß fährt, um ein Bußgeld zu vermeiden. Der Zweck ist es nicht, dass man dadurch für alle Verkehrsteilnehmer sicher fährt. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen hält man ein, indem man auf die Beschilderung achtet. Im Zweifel kann man sich zur Übung Fahrstunden in der Fahrschule nehmen.


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