Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftung des Erwerbers, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB


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Kfz-Werkstattinhaber V veräußert sein Unternehmen mit allen zugehörigen Sachen und Rechten an K. In die Firmenfortführung durch K willigt er ein und K führt das Unternehmen unter der alten Firma fort. Ein halbes Jahr später wendet sich Lieferant L wegen einer noch mit V begründeten Kaufpreisforderung an K.

Einordnung des Falls

Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftung des Erwerbers, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Erwerber eines Unternehmens haftet für die vor dem Erwerb im Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten.

Ja, in der Tat!

Der Erwerber eines Unternehmens haftet bei Firmenfortführung für sämtliche betriebsbezogene Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrund bereits durch den früheren Inhaber gelegt worden ist (gesetzlicher Schuldbeitritt) (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB). Voraussetzung ist (1) der Erwerb eines Handelsgeschäfts, dass dieses vom Erwerber (2) unter der bisherigen Firma fortgeführt wird und (3) kein Haftungsausschlussgrund (§ 25 Abs. 2 HGB) greift. Gleichzeitig können Altschuldner auch befreiend an den Erwerber des Unternehmens leisten (§ 25 Abs. 1 S. 2 HGB).

2. K hat von V ein Handelsgeschäft erworben (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Ja!

Die Haftung setzt den Erwerb eines Handelsgeschäfts voraus (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB). Ein Handelsgeschäft ist das Unternehmen eines Kaufmanns (§§ 1ff. HGB). Erwerb bedeutet Übernahme der Unternehmensträgerschaft in tatsächlicher Hinsicht. Umfasst sind jegliche Formen der Unternehmensübertragung und -überlassung (etwa Pacht (§§ 581ff. BGB) oder Nießbrauch (§§ 1030ff. BGB)). Auf die Wirksamkeit von Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäften kommt es nach der Rechtsprechung nicht an. V hat seine Kfz-Werkstatt mit allen zugehörigen Sachen und Rechten (=asset deal) an K übertragen. K hat das Unternehmen als funktionale Einheit und damit die tatsächliche Unternehmensträgerschaft erlangt.

3. K führt das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fort (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Genau, so ist das!

Eine Unternehmensfortführung liegt vor, wenn zumindest der wesentliche Kern des Unternehmens beibehalten wird. Es muss sich für den Rechtsverkehr der Eindruck einer Kontinuität des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand ergeben (etwa durch Übernahme der Räumlichkeiten, der Kunden und Lieferanten). Für die Firmenfortführung ist maßgeblich, dass der Erwerber den Kern und die prägenden Zusätze übernimmt, sodass der Rechtsverkehr die neue Firma mit der alten identifiziert. Auf Zustimmung und firmenrechtliche Zulässigkeit kommt es nicht an. K führt das Unternehmen des V unverändert und unter derselben Firma fort. Dadurch wird beim Rechtsverkehr der Eindruck erweckt, das Unternehmen sei das gleiche geblieben.

4. Der Haftung des K für die Altverbindlichkeiten aus dem Betrieb des V steht kein Haftungsausschlussgrund entgegen.

Ja, in der Tat!

Ein Haftungsausschlussgrund kann sich aus einer Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber des Unternehmens ergeben (§ 25 Abs. 2 HGB). Diese muss jedoch um Dritten gegenüber wirksam zu sein unverzüglich in das Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht, oder dem Dritten mitgeteilt werden. K und V haben keinen Haftungsausschluss vereinbart. Es greift auch kein anderer Haftungsausschlussgrund.

5. K haftet gegenüber L für die Kaufpreisforderung aus dem noch mit V geschlossenen Kaufvertrag (§ 433 Abs. 2 BGB i. V. m. § 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Ja!

Der Erwerber haftet im Falle des § 25 Abs. 1 S. 1 HGB für sämtliche betriebsbezogene Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrund bereits durch den früheren Inhaber gelegt worden ist (gesetzlicher Schuldbeitritt). Umfasst sind vertragliche und gesetzliche Ansprüche. Bei Handelsgeschäften wird die Betriebsbezogenheit vermutet (§§ 343, 344 HGB). Die Haftung richtet sich nach der Rechtsnatur des Erwerbers und ist nicht auf das Betriebsvermögen des übernommenen Unternehmens beschränkt. Die Kaufpreisforderung des L entstammt dem mit V vor der Unternehmensübertragung geschlossenen Kaufvertrag. Dieser ist ein zum Betrieb des Handelsgewerbes gehöriges Geschäft (§§ 343, 344 HGB).

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