Fall: Strafverfolgungsvorsorge

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Dieb D wurde zum wiederholten Male beim Stehlen erwischt. Diesmal nehmen Polizisten D auf die Wache mit, um ihn umfassend erkennungsdienstlich zu behandeln. Sie meinen, Wiederholungstäter wie D müsse man doch umfassend in die Datenbanken aufnehmen.

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Einordnung des Falls

Fall: Strafverfolgungsvorsorge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Strafverfolgungsvorsorge ist Aufgabe der Polizei.

Ja, in der Tat!

Zu den Aufgaben der Polizei gehört auch die Strafverfolgungsvorsorge. Zweck dieser ist eine erleichterte Verfolgung zukünftig befürchteter Straftaten. Daher setzen Maßnahmen im Bereich der Strafverfolgungsvorsorge konkrete Anhaltspunkte voraus, die die Annahme des Verdachts der Begehung von Straftaten rechtfertigen. Diese können sich etwa aus dem Verhalten und Wesen einer Person ergeben, aber auch aus der besonderen Gefährlichkeit eines Ortes. Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge umfassen z.B. die erkennungsdienstliche Behandlung von Personen (etwa § 81b Alt. 2 StPO) oder die Videoüberwachung des öffentlichen Raums (z.B. Art. 33 Abs. 1 BayPAG , § 32 Abs. 3 SOG MV, § § 44 Abs. 3 PolG BW).
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2. Die Gesetzgebungskompetenz für die Strafverfolgungsvorsorge steht ausschließlich den Ländern zu.

Nein!

Gemäß Art. 70 Abs. 1 GG haben grundsätzlich die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit die Gesetzgebungskompetenz nicht dem Bund übertragen ist (insbesondere durch Art. 73, 74 GG). In Betracht kommt eine Zuordnung zur repressiven Strafverfolgung die auf den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gestützt wird. Andererseits ist auch eine Zuordnung zum präventiven Gefahrenabwehrrecht, was gemäß Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt, möglich. Entscheidend ist daher, ob Maßnahmen der Strafverfolgung als präventiv oder repressiv einzuordnen sind. Zwar werden die Maßnahmen der Strafverfolgung in zeitlicher Hinsicht präventiv getroffen, sie dienen aber gegenständlich dem (zukünftigen) repressiven Strafverfahren und sind somit gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung.

3. Da die Strafverfolgungsvorsorge in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt, sind Regelungen der Länder auf diesem Gebiet verfassungswidrig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Strafverfolgungsvorsorge ist Teil der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG. Die Länder haben demnach weiterhin die Gesetzgebungskompetenz solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Anders als etwa im Bereich des Straf- und Strafprozessrecht wird für die Strafverfolgungsvorsorge angenommen, dass die Regelungen des Bundes nicht abschließend sind. Die Länder können somit weiter Regelungen treffen, die der Strafverfolgungsvorsorge zuzuordnen sind, soweit keine entgegenstehenden bundesgesetzlichen Regelungen getroffen sind.

4. Gegen Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet.

Ja, in der Tat!

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Auf den ersten Blick mag es widersprüchlich scheinen, dass Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge kompetenzrechtlich dem Strafverfahren gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zugeordnet wird und gleichwohl der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg eröffnet ist, jedoch sind diese beiden Rechtsfragen voneinander zu trennen. Die abdrängende Sonderzuweisung gemäß § 23 Abs. S. 1 EGGVG setzt nach der Rechtsprechung ein konkretes Strafverfahren voraus. Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge werden jedoch außerhalb konkreter Strafverfahren getroffen und fallen damit nicht in den Anwendungsbereich der Sonderzuweisung.
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