Schlichtes Polizeihandeln (= Realakt)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Polizei hat Hinweise, dass bei einem anstehenden Fußballspiel Schlägereien zwischen Hooligans stattfinden werden. Die ihr bekannten Hooligans werden einzeln per Brief auf die Gefahr polizeilicher Maßnahmen hingewiesen. Ihnen wird außerdem vom Spielbesuch abgeraten.
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Einordnung des Falls
Schlichtes Polizeihandeln (= Realakt)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Gegen das Schreiben der Polizei können die Hooligans Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO erheben, da es sich um einen Verwaltungsakt handelt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Mangels Regelungswirkung handelt es sich bei dem polizeilichen Schreiben um einen Realakt.
Ja!
3. Mangels Regelung wird durch Realakte wie etwa dem Gefährderanschreiben nicht in Grundrechte eingegriffen.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Das Gefährderanschreiben als Realakt bedarf keiner Ermächtigungsgrundlage.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Da durch das Schreiben keine verbindlichen Rechtsfolgen gesetzt werden, können die Betroffenen das Schreiben gerichtlich nicht auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen lassen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Antonia
15.2.2022, 11:19:15
Ich verstehe in dem Fall nicht, wieso eine negative FK statthaft ist. Wäre nicht eher eine positive FK gegeben, gerichtet auf Feststellung, dass das Anschreiben GR des Klägers verletzt? Und müsste ich dann inzident beim Rechtsverhältnis prüfen, ob die Schutzbereiche von Art. 2 I, Art. 5 I und Art. 8 zB betroffen sind? Das ist ja recht unüblich, weil ich dann viel von der Prüfung aus der
Begründetheitnach oben in die Zulässigkeit ziehe.
Wendelin Neubert
15.2.2022, 18:14:20
Hallo Antonia, du hast recht, es handelt sich um eine positive
Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass das
GefährderanschreibenGrundrechte des Klägers verletzt - wir haben das korrigiert. Zu deiner zweiten Frage: Genau, Du musst in der
Statthaftigkeitprüfen, ob das Schreiben in Grundrechte eingreift. Denn nur dann hast Du hier ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Das führt in der Tat zu einer aufgeblähten Zulässigkeit, lässt sich aber nicht vermeiden (das machen übrigens auch die Gerichte so, vgl die zugrunde liegende Entscheidung). In der Klausur wird es dort um die Diskussion des Eingriffscharakters des Anschreibens gehen, die
Behördewird diesen bestreiten, hier musst du also argumentieren. In der
Begründetheitkannst du dann teilweise nach oben verweisen. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Antonia
15.2.2022, 18:53:14
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Wendelin Neubert
15.2.2022, 20:05:57
Sehr gern!!
pspia
1.7.2022, 11:38:23
Die Normen sind nicht mehr aktuell. Es gibt das sächsPolG nicht mehr.
Lukas_Mengestu
1.7.2022, 13:02:42
Vielen Dank für den Hinweis, pspia. In der Tat wurde das Sächsische Polizeigesetz zum 1.1.2020 aufgehoben und durch das Gesetz über die Aufgaben, Organisation, Befugnisse und Datenverarbeitung der Polizei
behörden im Freistaat Sachsen (Sächsisches Polizei
behördengesetz - SächsPBG) und das Gesetz über die Aufgaben, Befugnisse, Datenverarbeitung und Organisation des Polizeivollzugsdienstes im Freistaat Sachsen (Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz - SächsPVDG) in Kraft. Wir haben das aktualisiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
honeyhoneyhoney
18.10.2024, 13:12:37
Der Link zum Urteil funktioniert nicht mehr :)
Rechthaber
1.7.2024, 20:31:42
Wieso nicht Vorrang einer
Leistungsklage, das Gefährderschreiben zu widerrufen iSe Folgenbeseitigungsnaspruchs ?
jess11O
31.8.2024, 08:49:54
Soweit ich weiß kann ein
Realaktmangels Regelungswirkung nicht widerrufen werden. Es gibt ja insofern nichts, was durch einen Widerruf beseitigt werden könnte.