Polizeiverfügung (= Verwaltungsakt)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Hooligan H ist trotz des Gefährderanschreibens zum „Risikospiel“ gekommen. Polizistin P spricht gegen H einen Platzverweis um das Stadiongelände für den gesamten Tag aus. H will am nächsten Tag gerichtlich klären lassen, dass die Platzverweisung rechtswidrig war.

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Einordnung des Falls

Polizeiverfügung (= Verwaltungsakt)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Platzverweis ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG.

Genau, so ist das!

Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 S. 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Der an H gerichtete Platzverweis erfüllt alle Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG und ist somit als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Insbesondere entfaltet das im Platzverweis enthaltene Verbot des Betretens des Stadiongeländes unmittelbare Rechtswirkung, ist also eine Regelung. Die hier maßgebliche polizeiliche Standardmaßnahme wird in den Landespolizeigesetzen überwiegend als Platzverweis, teilweise auch als Platzverweisung bezeichnet.
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2. Statthafte Rechtsschutzform zur Klärung, ob der Platzverweis rechtswidrig war, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt. Voraussetzung ist jedoch, dass ein Verwaltungsakt rechtlich existent ist. Gerade kein rechtlich existenter Verwaltungsakt liegt vor, wenn sich ein Verwaltungsakt bereits erledigt hat, also etwa durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist. Zwar handelt es sich beim Platzverweis um einen Verwaltungsakt, jedoch beschränkten sich die Rechtsfolgen dieses Verwaltungsaktes auf den Tag des Spiels und wurden somit mit Ende diesen Tages gegenstandslos. Die Anfechtungsklage scheidet somit als statthafte Rechtsschutzform aus.

3. Statthaft ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO.

Ja!

Die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO ist statthaft, wenn der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines vor Klageerhebung erledigten Verwaltungsaktes begehrt. Der Platzverweis erfüllt alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG und ist somit als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Bereits mit Ablauf des Spieltages und damit vor Klageerhebung wurde der Platzverweis jedoch gegenstandslos und hat sich damit erledigt. Statthaft ist somit die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO. Zum Teil wird vertreten, dass bei Erledigung vor Klageerhebung die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO statthaft sei. Hiergegen spricht insbesondere, dass dann der oftmals zufällige Zeitpunkt der Erledigung die statthafte Klageart und damit auch besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen beeinflusst.

4. Der Platzverweis greift in die Grundrechte des H ein.

Genau, so ist das!

Nach dem klassischen Eingriffsbegriff versteht man unter einem Grundrechtseingriff jede finale, unmittelbare, mit Zwang durchsetzbare Beeinträchtigung grundrechtlicher Freiheit durch einen staatlichen Rechtsakt. Der Platzverweis greift final und unmittelbar in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit ein. Das in dem Platzverweis als Verwaltungsakt enthaltene Verbot des Aufenthalt auf dem Stadiongelände ist auch mit Zwang durchsetzbar. Bereits nach dem klassischen Eingriffsbegriff liegt somit ein Grundrechtseingriff vor. Liegt - wie bei Verwaltungsakten üblich - ein Eingriff bereits nach dem klassischen Eingriffsbegriff vor, ist eine weitergehende Prüfung des modernen Eingriffsbegriffs nicht notwendig.

5. Mangels spezialgesetzlicher Ermächtigungsgrundlage ist für den Platzverweis auf die jeweilige landespolizeigesetzliche Generalklausel zurückzugreifen.

Nein, das trifft nicht zu!

Auf die jeweilige Generalklausel ist nur zurückzugreifen, soweit keine spezielle Ermächtigungsgrundlage vorliegt. Der Platzverweis (oder die Platzverweisung) hat als polizeiliche Standardmaßnahme eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage (z.B. § 30 Abs. 1 PolG BW, § 18 Abs. 1 S. 1 PAG Thür, Art. 16 Abs. 1 S. 1 bayPAG, § 36 Abs. 1 SOG LSA). Der Rückgriff auf die Generalklausel ist somit verwehrt. Materiell ergeben sich jedoch aufgrund der geringen Eingriffsintensivität keine gegenüber der Generalklausel erhöhten Tatbestandsvoraussetzungen.
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