Prozessrecht & Klausurtypen

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Klageänderung

Wann ist § 264 Nr. 3 ZPO anwendbar, obwohl die Veränderung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist?

Wann ist § 264 Nr. 3 ZPO anwendbar, obwohl die Veränderung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist?

15. Juli 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Vermieter K klagt gegen B auf Herausgabe des Fahrrads nach Ende des Mietvertrags. Noch vor Zustellung der Klageschrift bei B wird das Fahrrad durch einen schweren Unfall zerstört. K weiß von dem Unfall nichts und hätte es auch nicht wissen müssen.
Kann K seine Herausgabeklage nach § 264 Nr. 3 ZPO in eine Schadensersatzklage umstellen?

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Einordnung des Falls

Wann ist § 264 Nr. 3 ZPO anwendbar, obwohl die Veränderung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach dem Wortlaut von § 264 Nr. 3 ZPO betrifft die Vorschrift nur Änderungen, die erst nach Rechtshängigkeit eingetreten sind.

Genau, so ist das!

In § 264 Nr. 3 ZPO heißt es: „Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.“ Dies bedeutet, dass die Veränderung nach Erhebung der Klage, also nach Rechtshängigkeit, eingetreten sein muss. Hier ist das Fahrrad bereits vor Klagezustellung bei B und damit vor Rechtshängigkeit (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO) zerstört worden. Es liegt entsprechend des Wortlauts des § 264 Nr. 3 ZPO daher keine später eingetretene Veränderung vor.
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2. § 264 Nr. 3 ZPO kann nach der h.M. aber auch Fälle erfassen, in denen die Veränderungen bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten sind.

Ja, in der Tat!

§ 264 Nr. 3 ZPO umfasst nach der h.M. über den Wortlaut hinaus auch Veränderungen, die vor Rechtshängigkeit eingetreten sind. Dies gilt aber nur, sofern die Veränderungen dem Kläger erst nach Rechtshängigkeit bekannt geworden sind.

3. § 264 Nr. 3 ZPO ist also anwendbar, wenn eine Veränderung zwar vor Rechtshängigkeit eingetreten ist, der Kläger davon aber erst nach Rechtshängigkeit erfahren hat. Gilt dies auch, wenn den Kläger hinsichtlich seiner mangelnden Kenntnis ein Verschulden trifft?

Nein!

§ 264 Nr. 3 ZPO umfasst nach der h.M. auch Veränderungen, die vor Rechtshängigkeit eingetreten sind. Dies gilt nach h.M. aber nur, sofern der Kläger vor Rechtshängigkeit keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Veränderungen hatte. Unschädlich ist, wenn die Unkenntnis auf Fahrlässigkeit beruht.

4. Kann K also seine Herausgabeklage nach § 264 Nr. 3 ZPO in eine Schadensersatzklage umstellen?

Genau, so ist das!

K hatte vor Rechtshängigkeit der Klage weder Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis von der Zerstörung des Fahrrads. Auch wenn das Fahrrad bereits vor Rechtshängigkeit zerstört worden ist, ist entgegen des Wortlauts des § 264 Nr. 3 ZPO also eine Umstellung der Klage nach § 264 Nr. 3 ZPO ohne Weiteres (insbesondere ohne Zustimmung des B) möglich (h.M.).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BES

BEssr

2.6.2025, 09:43:14

Den Kläger trifft auch bei einfacher Fahrlässigkeit ein Verschulden. In diesem Fall ist die

Klageänderung

trotz des Verschuldens nach § 264 Nr. 3 zulässig, T/P § 264 Rn. 7.

JURA

Jura_Hacks

24.6.2025, 14:31:57

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