Anwendungsbereich von § 264 Nr. 2 ZPO
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Kläger K hat gegen die Beklagte B zunächst eine zulässige Klage auf Feststellung erhoben, dass B zum „Ersatz allen Schadens aus dem Verkehrsunfall (…)“ verpflichtet ist. Im Verlauf des Prozesses kann K seinen Schaden genau beziffern und beantragt nun ihre Verurteilung zur Zahlung von € 26.000.
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Einordnung des Falls
Anwendungsbereich von § 264 Nr. 2 ZPO
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn K eine wirksame Klageänderung vorgenommen hat, wird dasselbe Verfahren unter identischem Aktenzeichen weiterverhandelt.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat den Streitgegenstand verändert.
Ja, in der Tat!
3. Eine Erweiterung oder Beschränkung des Klageantrags ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässig. Dies gilt bei quantitativen, also zahlenmäßig bestimmbaren Änderungen, und wie hier bei einer qualitativen Änderung.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
greenlife
2.6.2022, 08:36:14
Eine qualitative Beschränkung des Antrags kann nicht stets zulässig sein. So könnte der Kläger etwas Kosten sparen in dem er seinen Antrag von 1000 auf 1 euro reduzieren würde´
Lukas_Mengestu
3.6.2022, 16:58:17
Hallo greeenlife, herzlich willkommen im Forum und vielen Dank für Deine Nachfrage. Hier muss man etwas differenzieren. Eine Teilklage und damit eine quantitative Beschränkung des Antrags (zB 1 € statt €1000) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ohne weiteres möglich (vgl. zB BGH NJW 2008, 373, 375). Dies gilt unabhängig, ob offen gelegt wird, dass lediglich ein Teil eingeklagt wird oder eine sog. verdeckte Teilklage erhoben wird. Das Risiko in der Praxis besteht allerdings darin, dass die Rechtskraft eines Urteils und auch die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nur im Hinblick auf den eingeklagten Teil greifen. Gerade bei langwierigen Prozessen droht dem Kläger also der komplette Verlust seiner Ansprüche. Anders sieht es dagegen bei der qualitativen Beschränkung aus (zB
Feststellungsklagestatt
Leistungsklage). Soweit die Klage bezifferbar ist, wird es für die Erhebung einer
Feststellungsklagean dem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Sie kommt also nur in Fällen in Betracht, wo eine Bezifferung (noch) nicht (vollständig) möglich ist (zB häufig in Verkehrsunfallfällen bei denen es zu noch nicht absehbaren Langzeitfolgen kommt). Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
Max von Saas
20.8.2023, 17:15:55
Es lohnt sich wirklich, in die Kommentare zu schauen, weil man hier prägnante Antworten auf naheliegende Fragen findet!
Lukas_Mengestu
23.8.2023, 18:00:39
Lieben Dank, Max! Das freut mich natürlich sehr, wenn ich Dir weiterhelfen konnte :-)
Jan Ludwig
31.10.2024, 14:42:26
@[Lukas_Mengestu](136780) vllt könnte man deine Ausführungen oben noch als Vertiefung mit aufnehmen. Das ist ja schon relativ relevant.
Tadara
21.11.2024, 09:27:11
@[Lukas_Mengestu](136780) ist es bei dem Beispiel der quantitativen Klageänderung in der Form der Klagereduzierung (von 10.000€ auf 1€) nicht etwa so, dass von der h.M. zusätzlich eine Zustimmung des Beklagten analog § 269 I BGB verlangt wird, soweit keine Erledigungserklärung bezüglich der 9.999€ vorliegt? Ich meine im Knöringer und in diversen Kommentaren gelesen zu haben, dass der iRd Klageänderung der wegfallende Klagerest nicht von selbst entfällt