Öffentliches Recht
Europarecht
Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV
Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV: Abgrenzung Warenverkehrsfreiheit („Schindler")
Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV: Abgrenzung Warenverkehrsfreiheit („Schindler")
11. Juli 2025
2 Kommentare
4,5 ★ (9.291 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
N versendet aus Amsterdam Werbeflyer für eine in Deutschland stattfindende Lotterie nach London. Britische Behörden beschlagnahmen das Material, da keine Werbematerialen für Lotterien in das Vereinigte Königreich eingeführt werden dürfen.
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Einordnung des Falls
Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV: Abgrenzung Warenverkehrsfreiheit („Schindler")
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Dienstleistungsfreiheit ist auch anwendbar, wenn der Anwendungsbereich einer anderen Grundfreiheit eröffnet ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
2. Vorliegend könnte allerdings auch der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit eröffnet sein.
Ja, in der Tat!
3. Die Warenverkehrsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit lassen sich über das Kriterium der Körperlichkeit abgrenzen.
Ja!
4. Der Lotteriebetrieb hat keinen entgeltlichen Charakter, da sie in vielen Mitgliedstaaten stark reguliert sind und daher nicht zum Wirtschaftsleben gehören.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Der Lotteriebetrieb hat keinen entgeltlichen Charakter, da die Lotteriegewinne zufällig sind.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Der Lotteriebetrieb kann jedoch aufgrund seines Unterhaltungscharakters nicht als entgeltliche Leistung eingeordnet werden.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Kind als Schaden
13.3.2025, 16:36:47
Auch hier wird gesagt, es ergebe sich eine Subsidiarität nach Art. 57 I AEUV. Dies wird jedoch vom EuGH und der h.M. seit einigen Jahren nicht mehr vertreten. Vielmehr steht Art. 57 I gleichwertig neben den anderen Grundfreiheiten - (EuGH EuZW 2023, 810; EuGH GRUR 2017, 627 - Luc Vanderbroght)
Kai
2.7.2025, 10:16:48
Bin ich bei dir, wobei ich es aus Luc Vanderbroght gar nicht so deutlich herauslesen kann (vielleicht übersehe ich da aber etwas). Explizit hat es der EuGH allerdings bereits in Fidium Finanz, Rs. C-452/04 – Slg 2006, I-9521, Rn. 31 f. zur wortgleichen Vorgängerregelung in Art. 50 I EGV ausgeführt: "Vor dem Gericht ist die Ansicht vertreten worden, dass unter diesen Voraussetzungen im Hinblick auf den Wortlaut des Art. 50 Abs. 1 EG die Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr gegenüber denjenigen über den freien Kapitalverkehr nur subsidiär gälten. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zwar enthält die in Art. 50 Abs. 1 EG vorgesehene Definition des Begriffes „Dienstleistungen” den Hinweis, dass es sich um Leistungen handelt, die „nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen”, jedoch erfolgt dieser Hinweis auf der Ebene der Definition dieses Begriffes, ohne zwischen der
Dienstleistungsfreiheitund den übrigen Grundfreiheiten einen Vorrang festzulegen. Der Begriff „Dienstleistungen” deckt nämlich die nicht von den übrigen Freiheiten erfassten Leistungen mit dem Ziel ab, keine wirtschaftliche Tätigkeit aus dem Geltungsbereich der Grundfreiheiten herausfallen zu lassen." Auch die Lit. (zB Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 57 AEUV, Rn. 30.) vertritt mE überwiegend diese Position. Der Calliess/Ruffert, der auch in der Erklärung zitiert wird, dürfte wohl (inzwischen) die klare Mindermeinung sein.