+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

K kauft von dem unerkannt geisteskranken V gutgläubig ein Mountainbike und macht notwendige Verwendungen. Als der gesetzliche Betreuer des V das Fahrrad herausfordert, kommt K dem Herausgabeverlangen unter Vorbehalt des Ersatzes seiner Verwendungen nach. V will nicht zahlen.

Einordnung des Falls

Klage auf Verwendungsersatz, § 1001 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat gegen V einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung durch den Besitzer und (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers. V war ursprünglich Eigentümer und hat das Eigentum wegen der nichtigen dinglichen Einigung (§ 104 Nr. 2 BGB) auch nicht verloren. K ist Besitzer ohne Recht zum Besitz, die Vindikationslage besteht daher. Eine notwendige Verwendung liegt ebenfalls vor und K war gutgläubig.

2. Der Anspruch auf Verwendungsersatz ist bereits bei Entstehung fällig.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 1001 S. 1 BGB kann der Anspruch erst geltend gemacht werden, wenn (1) der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder (2) die Verwendung genehmigt.

3. Durch die Wiedererlangung des Mountainbikes durch V ist der Anspruch fällig geworden.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja, in der Tat!

Dem Eigentümer wird die Pflicht zum Ersatz der Verwendungen auferlegt, sobald er tatsächlich davon profitiert. Dadurch, dass V die Sache entgegengenommen hat, kann K von ihm grundsätzlich Ersatz der Verwendungen nach § 994 Abs. 1 BGB verlangen.

4. Um im vorliegenden Fall nicht zahlen zu müssen, kann V die Sache dem K wieder herausgeben.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Nein!

Grundsätzlich besteht diese Rückgabemöglichkeit nach § 1001 S. 2 BGB bis zur Erteilung der Genehmigung durch den Eigentümer. Hierdurch kann sich der Eigentümer auch nach Wiedererlangung der Sache wieder von dem Verwendungsersatzanspruch befreien. Allerdings fingiert § 1001 S. 3 BGB die Genehmigung als erteilt, wenn der Besitzer die Herausgabe des Besitzes unter Vorbehalt seines Anspruchs erklärt und der Eigentümer die Sache annimmt. Dies hat K im vorliegenden Fall getan. Durch die Annahme der Sache gelten die getätigten Verwendungen als genehmigt und Ks Anspruch damit fällig.

Jurafuchs kostenlos testen


GN

Gnu

7.2.2023, 11:21:28

Ich bin total verwirrt - sagen 1000 und 1001 nicht das genaue Gegenteil? Also: der Besitzer darf die Sache zurückhalten und der Besitzer darf die Sache nicht zurückhalten? 😵‍💫

CA

Carolin_

30.4.2023, 17:13:07

§ 1000 BGB bezieht sich auf das Zurückbehaltungsrecht und wird nach der Rspr. beim Recht zum Besitz (§ 986 BGB) geprüft, nach Literatur im Rahmen der Durchsetzbarkeit des Anspruchs. § 1001 BGB bezieht sich darauf, dass der Besitzer dem Eigentümer nicht lediglich einen Anspruch entgegenhält, um dessen Anspruch abzuwehren (so § 1000 BGB), sondern der Besitzer direkt gegen den Eigentümer vorgeht, um seine Ansprüche (die des Besitzers) selbst geltend zu machen.


© Jurafuchs 2023