Klage auf Verwendungsersatz, § 1001 BGB

6. April 2025

5 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K kauft von V gutgläubig ein Mountainbike, ohne von dessen psychischer Erkrankung zu wissen. Er tätigt notwendige Verwendungen. Als der Betreuer des V das Fahrrad herausfordert, gibt K es unter Vorbehalt des Ersatzes seiner Verwendungen heraus. V will nicht zahlen.

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Einordnung des Falls

Klage auf Verwendungsersatz, § 1001 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat gegen V einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB.

Ja!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung durch den Besitzer und (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers. V war ursprünglich Eigentümer und hat das Eigentum wegen der nichtigen dinglichen Einigung (§ 104 Nr. 2 BGB) auch nicht verloren. K ist Besitzer ohne Recht zum Besitz, die Vindikationslage besteht daher. Eine notwendige Verwendung liegt ebenfalls vor und K war gutgläubig. Durch die psychische Erkrankung ist eine freie Willensentschließung ausgeschlossen. Darauf kommt es bei § 104 Nr. 2 BGB an.
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2. Der Anspruch auf Verwendungsersatz ist bereits bei Entstehung fällig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 1001 S. 1 BGB kann der Anspruch erst geltend gemacht werden, wenn (1) der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder (2) die Verwendung genehmigt.

3. Durch die Wiedererlangung des Mountainbikes durch V ist der Anspruch fällig geworden.

Ja, in der Tat!

Dem Eigentümer wird die Pflicht zum Ersatz der Verwendungen auferlegt, sobald er tatsächlich davon profitiert. Dadurch, dass V die Sache entgegengenommen hat, kann K von ihm grundsätzlich Ersatz der Verwendungen nach § 994 Abs. 1 BGB verlangen.

4. Um im vorliegenden Fall nicht zahlen zu müssen, kann V die Sache dem K wieder herausgeben.

Nein!

Grundsätzlich besteht diese Rückgabemöglichkeit nach § 1001 S. 2 BGB bis zur Erteilung der Genehmigung durch den Eigentümer. Hierdurch kann sich der Eigentümer auch nach Wiedererlangung der Sache wieder von dem Verwendungsersatzanspruch befreien. Allerdings fingiert § 1001 S. 3 BGB die Genehmigung als erteilt, wenn der Besitzer die Herausgabe des Besitzes unter Vorbehalt seines Anspruchs erklärt und der Eigentümer die Sache annimmt. Dies hat K im vorliegenden Fall getan. Durch die Annahme der Sache gelten die getätigten Verwendungen als genehmigt und Ks Anspruch damit fällig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GNU

Gnu

7.2.2023, 11:21:28

Ich bin total verwirrt - sagen 1000 und 1001 nicht das genaue Gegenteil? Also: der B

esi

tzer darf die Sache zurückhalten und der B

esi

tzer darf die Sache nicht zurückhalten? 😵‍💫

CAR

Carolin_

30.4.2023, 17:13:07

§ 1000 BGB

bezieht sich auf das

Zurückbehaltungsrecht

und wird nach der Rspr. beim

Recht zum Besitz

(§ 986 BGB) geprüft, nach Literatur im Rahmen der Durchsetzbarkeit des Anspruchs.

§ 1001 BGB

bezieht sich darauf, dass der B

esi

tzer dem Eigentümer nicht lediglich einen Anspruch entgegenhält, um dessen Anspruch abzuwehren (so

§ 1000 BGB

), sondern der B

esi

tzer direkt gegen den Eigentümer vorgeht, um seine Ansprüche (die des B

esi

tzers) selbst geltend zu machen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.3.2024, 11:43:12

Hallo ihr beiden, auf den ersten beiden Blick scheinen sich die Normen tatsächlich etwas zu widersprechen.

§ 1001 BGB

bestimmt den Fälligkeitszeitpunkt des

Verwendungsersatz

es. Hinter der Norm steht die Überlegung, dass dem Eigentümer die Verwendungen in der Regel erst nützen, wenn er die Sache zurückerhält. Daher soll er vorher nicht zum

Verwendungsersatz

verpflichtet sein.

§ 1000 BGB

begründet nun ein

Zurückbehaltungsrecht

, ähnlich wie ihr es aus

§ 273 BGB

kennt. Notwendig ist dies, weil das

Zurückbehaltungsrecht

aus § 273 Abs. 2 BGB einen fälligen Anspruch voraussetzt, der hier aber ja gerade nicht vorliegt. Im Ergebnis kommt es dann zu einem Zug-um-Zug Austausch. Wird der B

esi

tzer zur Herausgabe verurteilt, erhält er Zug-um-Zug Ersatz für die von ihm getätigten Verwendungen. Er selbst kann dagegen auf

Verwendungsersatz

nur dann klagen, wenn die Voraussetzungen des

§ 1001 BGB

vorliegen. Hierfür kann er dem Eigentümer eine Frist setzen, die Verwendungen zu genehmigen. Kommt dieser der Aufforderung nicht nach, kann der B

esi

tzer zwar nicht klagen. Ihm steht dann aber das Befriedigungsrecht aus §

1003 BGB

zu. Ich hoffe, jetzt wird es noch etwas klarer. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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