leicht

Diesen Fall lösen 76,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

K kauft von dem unerkannt geisteskranken V gutgläubig ein Mountainbike und macht notwendige Verwendungen. Als der gesetzliche Betreuer des V das Fahrrad herausfordert, kommt K dem Herausgabeverlangen unter Vorbehalt des Ersatzes seiner Verwendungen nach. V will nicht zahlen.

Einordnung des Falls

Klage auf Verwendungsersatz, § 1001 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat gegen V einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB.

Ja!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung durch den Besitzer und (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers. V war ursprünglich Eigentümer und hat das Eigentum wegen der nichtigen dinglichen Einigung (§ 104 Nr. 2 BGB) auch nicht verloren. K ist Besitzer ohne Recht zum Besitz, die Vindikationslage besteht daher. Eine notwendige Verwendung liegt ebenfalls vor und K war gutgläubig.

2. Der Anspruch auf Verwendungsersatz ist bereits bei Entstehung fällig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 1001 S. 1 BGB kann der Anspruch erst geltend gemacht werden, wenn (1) der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder (2) die Verwendung genehmigt.

3. Durch die Wiedererlangung des Mountainbikes durch V ist der Anspruch fällig geworden.

Ja, in der Tat!

Dem Eigentümer wird die Pflicht zum Ersatz der Verwendungen auferlegt, sobald er tatsächlich davon profitiert. Dadurch, dass V die Sache entgegengenommen hat, kann K von ihm grundsätzlich Ersatz der Verwendungen nach § 994 Abs. 1 BGB verlangen.

4. Um im vorliegenden Fall nicht zahlen zu müssen, kann V die Sache dem K wieder herausgeben.

Nein!

Grundsätzlich besteht diese Rückgabemöglichkeit nach § 1001 S. 2 BGB bis zur Erteilung der Genehmigung durch den Eigentümer. Hierdurch kann sich der Eigentümer auch nach Wiedererlangung der Sache wieder von dem Verwendungsersatzanspruch befreien. Allerdings fingiert § 1001 S. 3 BGB die Genehmigung als erteilt, wenn der Besitzer die Herausgabe des Besitzes unter Vorbehalt seines Anspruchs erklärt und der Eigentümer die Sache annimmt. Dies hat K im vorliegenden Fall getan. Durch die Annahme der Sache gelten die getätigten Verwendungen als genehmigt und Ks Anspruch damit fällig.

Jurafuchs kostenlos testen


GNU

Gnu

7.2.2023, 11:21:28

Ich bin total verwirrt - sagen 1000 und 1001 nicht das genaue Gegenteil? Also: der Besitzer darf die Sache zurückhalten und der Besitzer darf die Sache nicht zurückhalten? 😵‍💫

CAR

Carolin_

30.4.2023, 17:13:07

§ 1000 BGB bezieht sich auf das Zurückbehaltungsrecht und wird nach der Rspr. beim Recht zum Besitz (§ 986 BGB) geprüft, nach Literatur im Rahmen der Durchsetzbarkeit des Anspruchs.

§ 1001 BGB

bezieht sich darauf, dass der Besitzer dem Eigentümer nicht lediglich einen Anspruch entgegenhält, um dessen Anspruch abzuwehren (so § 1000 BGB), sondern der Besitzer direkt gegen den Eigentümer vorgeht, um seine Ansprüche (die des Besitzers) selbst geltend zu machen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.3.2024, 11:43:12

Hallo ihr beiden, auf den ersten beiden Blick scheinen sich die Normen tatsächlich etwas zu widersprechen.

§ 1001 BGB

bestimmt den Fälligkeitszeitpunkt des Verwendungsersatzes. Hinter der Norm steht die Überlegung, dass dem Eigentümer die Verwendungen in der Regel erst nützen, wenn er die Sache zurückerhält. Daher soll er vorher nicht zum Verwendungsersatz verpflichtet sein. § 1000 BGB begründet nun ein Zurückbehaltungsrecht, ähnlich wie ihr es aus § 273 BGB kennt. Notwendig ist dies, weil das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 2 BGB einen fälligen Anspruch voraussetzt, der hier aber ja gerade nicht vorliegt. Im Ergebnis kommt es dann zu einem Zug-um-Zug Austausch. Wird der Besitzer zur Herausgabe verurteilt, erhält er Zug-um-Zug Ersatz für die von ihm getätigten Verwendungen. Er selbst kann dagegen auf Verwendungsersatz nur dann klagen, wenn die Voraussetzungen des

§ 1001 BGB

vorliegen. Hierfür kann er dem Eigentümer eine Frist setzen, die Verwendungen zu genehmigen. Kommt dieser der Aufforderung nicht nach, kann der Besitzer zwar nicht klagen. Ihm steht dann aber das Befriedigungsrecht aus §

1003 BGB

zu. Ich hoffe, jetzt wird es noch etwas klarer. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


© Jurafuchs 2024