Zurückbehaltungsrecht gem. § 1000 S. 1 BGB

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K kauft von dem unerkannt geisteskranken V gutgläubig ein Mountainbike. Nach einigen Tagen bricht eine der Speichen, die K reparieren lässt. Kurz darauf fordert der nun für V eingesetzte gesetzliche Betreuer B das Fahrrad heraus.

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Einordnung des Falls

Zurückbehaltungsrecht gem. § 1000 S. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V steht ein Herausgabeanspruch gegen K zu.

Genau, so ist das!

Ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. V war ursprünglich Eigentümer. Da er nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, ist die dingliche Einigung nichtig. Er hat das Eigentum daher nicht verloren. K ist im Besitz des Fahrrads. Mangels wirksamen Vertragsverhältnisses besteht auch kein Besitzrecht zugunsten der K. Als gesetzlicher Betreuer ist B nach den §§ 1814 ff. BGB berechtigt, den Anspruch des V geltend zu machen.
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2. K hat gegen V einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB.

Ja, in der Tat!

Die Voraussetzungen für einen Verwendungsersatzanspruch aus § 994 Abs. 1 BGB sind (1) eine Vindikationslage, (2) Vornahme einer notwendigen Verwendung durch den Besitzer und (3) Gutgläubigkeit und Unverklagtheit des Besitzers. Bei der Reparatur handelt es sich um eine Verwendung. Da das Fahrrad mit einer kaputten Speiche nicht fahren kann, war diese auch notwendig. K wusste nichts von der Krankheit des V und hätte dies auch nicht wissen müssen. Sie war damit gutgläubig. Daher besteht ein Anspruch aus § 994 Abs. 1 BGB.

3. Ist der Verwendungsersatzanspruch der K fällig?

Nein!

Nach § 1001 S. 1 BGB ist der Anspruch auf Verwendungsersatz erst fällig, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt. Dies ist vorliegend noch nicht geschehen. Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 2 BGB setzt seinem Wortlaut nach die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Gegenanspruchs, also dem Anspruch des Schuldners gegen den Gläubiger, voraus. Wenn man streng nach dem Wortlaut geht, könnte das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 2 BGB daher begrifflich erst nach der Herausgabe der Sache entstehen, was dann aber gerade nicht mehr möglich ist. Somit schiede § 273 BGB aus.

4. K muss daher das Fahrrad herausgeben, bevor sie den Ersatz ihrer Verwendungen erlangen kann.

Nein, das ist nicht der Fall!

Entgegen dem Wortlaut wird § 273 Abs. 2 BGB nach h.M. auch dann angewendet, wenn der Gegenanspruch automatisch mit Erbringung der Leistung fällig wird. K hat daher bereits ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 2 BGB. Zudem besteht ein Zurückbehaltunsgrecht aus § 1000 S. 1 BGB. Diese Norm gibt dem Besitzer bei Bestehen eines Verwendungsersatzanspruches aus dem EBV ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Befriedigung durch den Eigentümer. Neben dem § 273 Abs. 2 BGB besteht für § 1000 S. 1 BGB streng genommen kein Anwendungsbereich mehr, wenn man mit der h.M. geht und § 273 Abs. 2 BGB auch dann anwendet, wenn der Verwendungsersatzanspruch noch nicht fällig ist
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