Öffentliches Recht
Grundrechte
Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG)
Versammlung auf fremdem Grundstück ohne Zustimmung des Eigentümers
Versammlung auf fremdem Grundstück ohne Zustimmung des Eigentümers
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A nimmt an einer Demonstration gegen Atomkraft teil. Die Demonstration findet auf dem Grundstück des Atomkraftwerk-Betreibers B statt. B ist damit nicht einverstanden und spricht ein Hausverbot aus. A fühlt sich in ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) verletzt.
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Einordnung des Falls
Versammlung auf fremdem Grundstück ohne Zustimmung des Eigentümers
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Versammlung liegt vor.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Art. 8 Abs. 1 GG gewährt ein Recht darauf, über den Ort der Versammlung zu bestimmen.
Ja!
3. Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit ist eröffnet, weil B unmittelbar an Grundrechte gebunden ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Zwischen Privaten kommt die Lehre von der mittelbaren Drittwirkung zur Anwendung.
Ja, in der Tat!
5. Die Versammlungsfreiheit der A entfaltet vorliegend ihre Wirkung, weil B mittelbar an Grundrechte gebunden ist.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Sonnenschein
23.8.2020, 00:21:59
Wenn doch eine Versammlung nur auf bestimmten Gebieten stattfinden kann, wie in der letzten Frage kommuniziert, kann doch die erste Frage nicht derart beantwortet werden, dass der Versammlungsinitiator den Ort seiner Versammlung aussuchen darf.
Eigentum verpflichtet 🏔️
23.8.2020, 08:06:44
Hallo Sonnenschein, die Frage war, ob die Versammlungsfreiheit das Recht gewährt, über den Ort der Versammlung zu entscheiden. Das stimmt, allerdings gilt die Versammlungsfreiheit nicht direkt unter Privaten. Zwar können Private über die mittelbare Drittwirkung an Grundrechte gebunden sein, im Falle der Versammlungsfreiheit führt dies aber nur dazu, dass öffentlich zugängliche Orte, wie Supermarktparkplätze genutzt werden dürfen. Die Versammlungsfreiheit gilt aber nicht wenn es um nicht öffentlich zugängliche Privatgrundstücke geht.
juramen
25.7.2022, 19:32:01
Wäre ganz cool, wenn man in der Fragestellung präzisieren könnte, ob es ein Ort des kommunikativen Verkehrs ist, oder auch woran man einen solchen Ort erkennt
Lukas_Mengestu
3.8.2022, 12:56:20
Vielen Dank für den Hinweis, juramen. Die Frage, ob es sich hier um einen Ort des kommunikativen Verkehrs handelt, ist letztlich eine Subsumtionsfrage. In der Klausur musst Du dies also aus der Beschreibung des jeweiligen Ortes herauslesen. Orte des kommunikativen Verkehrs sind zunächst einmal der öffentliche Straßenraum. Dieser stellt das Leitbild dar. Auch außerhalb des öffentlichen Straßenraums kann ein Ort des kommunikativen Verkehrs vorliegen, wenn er eine ähnliche Funktion erfüllt (zB EInkaufszentren, Ladenpassagen). Dazu müssen diese Orte aber der Öffentlichkeit allgemein geöffnet und zugänglich sein (also zB nicht ein Fußballstadion mit individuellen Einlasskontrollen). Dies ist im Fall des Atomkraftwerks hier gerade nicht der Fall. Lies Dir gerne zu dieser Frage auch einmal die
Fraport Entscheidungdes BVerfG durch (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/02/rs20110222_1bvr069906.html). Dort wird die Abgrenzung ebenfalls noch einmal sehr deutlich. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Diaa
12.10.2023, 10:42:47
In einem anderen Fall "Bierdosen o.ä." wurde eine mittbalre Drittwirkung angenommen, obwohl der Ort der 15minütigen Versammlung nicht zu kommunikativen Versammlungen zugänglich war. Wieso ist es hier anders?
BenKenobi
1.12.2023, 15:51:17
Wenn wir denselben Fall meinen, so sollte der Bierdosen-Flashmob auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz stattfinden. Dahingehend wird argumentiert, dass ein Parkplatz als öffentlich zugänglicher Raum nicht einem Betriebsgrundstück gleichsteht, welches grundsätzlich nicht für die Öffentlichkeit geöffnet ist.
JonG
5.8.2024, 14:29:56
Um das noch weiter zu präzisieren: Es ging um den Nibelungenplatz in Passau, der täglich von tausenden frequentiert wird. Das der Platz Privatgrund ist war mir bis zur Demo auch nicht klar. Viele Grüße von einem Teilnehmer.