Zivilrecht

Mietrecht

Schönheitsreparaturen

Farbdiktat des Vermieters einer frisch „geweißelten“ Wohnung

Farbdiktat des Vermieters einer frisch „geweißelten“ Wohnung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

V vermietet an M eine schöne weiß gestrichene Mietwohnung in Hamburg-Harvestehude. Per AGB wird vereinbart, dass M die Schönheitsreparaturen in der Regel alle fünf Jahre zu tragen hat und diese in neutralen, deckenden und hellen Farben auszuführen sind.

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Einordnung des Falls

Farbdiktat des Vermieters einer frisch „geweißelten“ Wohnung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen ist unwirksam, weil eine starre Frist für sie vereinbart worden ist.

Nein, das trifft nicht zu!

Weiche Fristen bei Schönheitsreparaturklauseln mit Formulierungen wie „im Allgemeinen“ oder „in der Regel“ sind grundsätzlich wirksam, da die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen von ihrem konkreten Bedarf abhängig gemacht wird. Der Mieter hat die Möglichkeit einzuwenden, dass Schönheitsreparaturen zu dem bestimmten Zeitpunkt noch nicht notwendig sind. Die Schönheitsreparaturklausel ist nicht aufgrund der Frist unwirksam.
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2. Die vorgeschriebene Farbwahl benachteiligt den Mieter unangemessen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) und ist daher unwirksam.

Ja!

Eine verpflichtende Farbwahlklausel während des laufenden Mietverhältnisses benachteiligt den Mieter unangemessen, da die Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt wird, ohne dass hierfür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht. Bei der Weitervermietung besteht hingegen ein Interesse des Vermieters, die Wohnung mit einer Wandfarbe zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird. Eine Farbwahlklausel, die sich auf Schönheitsreparaturen vor Rückgabe beschränkt, ist daher nicht unangemessen, solange sie dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt. Die Farbwahlklausel verpflichtet M auch für Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses nur neutrale, deckende und helle Farben zu verwenden und ist daher aufgrund unangemessener Benachteiligung unwirksam.

3. Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen ist trotz der unwirksamen Farbwahlklausel wirksam.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Unwirksamkeit der Farbwahlklausel führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zu Schönheitsreparaturen schlechthin. Eine Aufrechterhaltung der AGB über die Schönheitsreparaturen ohne die Farbwahlklausel oder mit dem Inhalt, dass die Farbwahlklausel nur für das Ende des Mietverhältnisses gilt, wäre nämlich nur mittels einer inhaltlichen oder sprachlichen Umgestaltung möglich und käme einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich. Die Unwirksamkeit der Farbwahlklausel führt zur Unwirksamkeit der gesamten Schönheitsreparaturklausel. V hat die Schönheitsreparaturen daher nicht wirksam auf M abgewälzt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

4.3.2021, 19:01:13

Richtig gut, die Fälle zu den Schönheitsreparaturen! 🤩

Marilena

Marilena

4.3.2021, 19:05:54

Danke wie lieb von Dir! Das freut uns sehr zu hören!!

maame

maame

29.4.2021, 20:10:46

Ich kann TeamRahad nur zustimmen! 👍🏼 Daumen hoch!

Marilena

Marilena

29.4.2021, 20:11:50

Dankeschön😍

Jurakatze1987

Jurakatze1987

11.4.2021, 18:54:03

War das im letzten Fall nicht eine starre Frist? Was ist hier anders?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

12.4.2021, 10:05:41

Hallo Jurakatze, der entscheidende Unterschied zwischen harten und weichen Fristen sind Formulierungen wie "in der Regel" und "im Allgemeinen". Da der Vertrag hier vorsieht, dass die Schönheitsreparaturen hier nur "in der Regel" ausgeführt werden müsse, liegt lediglich eine weiche Frist vor. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DEN

Dennis

9.6.2021, 14:33:32

Je nach Ausgestaltung der Klausel wäre ich zu dem Ergebnis gekommen, dass die Pflicht zum Streichen unter Anwendung der „Blue-Pencil-Tests“ wirksam bleibt. Die Farbe und die allgemeine Pflicht können sachlich und denklogisch getrennt formuliert/geregelt werden, sodass dies ein typischer Anwendungsfall sein dürfte.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.6.2021, 18:42:25

Hi Dennis, in der Tat ist in diesen Fällen immer auf die jeweilige Klausel abzustellen. Bezüglich der streitgegenständlichen Regelung kam der BGH indes zu dem folgenden Schluss: "Eine Aufrechterhaltung der Vertragsbestimmungen über die Schönheitsreparaturen ohne die Farbwahlklausel oder mit dem Inhalt, dass die Farbwahlklausel nur für das Ende des Mietverhältnisses gilt, wäre nur mittels einer inhaltlichen und gegebenenfalls sprachlichen Umgestalltung möglich und käme einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich". Die Verquickung von a) Pflicht zur Schönheitsreparatur während des Mietverhältnisses und b) Farbauswahl machten den blue-pencil-Test in diesem Fall insofern wohl nicht möglich. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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