Pfandrecht am Anwartschaftsrecht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Mieterin M betreibt einen Elektronikhandel und hat bei A 10 MacBooks unter Eigentumsvorbehalt gekauft, die in den Mieträumen lagern. M hat Zahlungsschwierigkeiten, kann V keine Miete mehr zahlen und nimmt einen Kredit bei der B-Bank auf und übereignet dieser zur Sicherheit die MacBooks. M kann später weder Miete noch den Kredit zahlen. Daraufhin zahlt die B-Bank dem A den Restkaufpreis für die MacBooks.
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Einordnung des Falls
Pfandrecht am Anwartschaftsrecht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die B-Bank ist durch die ursprüngliche Sicherungsübereignung der M an B sofort Eigentümerin der MacBooks geworden.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die B-Bank hat durch die Sicherungsübereignung der M an B ein Anwartschaftsrecht an den MacBooks erworben.
Ja, in der Tat!
3. V hat ursprünglich durch die Einlagerung der Macbooks in den Mieträumen ein Vermieterpfandrecht an den MacBooks erlangt.
Nein!
4. V hat ursprünglich durch die Einlagerung der MacBooks in den Mieträumen ein Vermieterpfandrecht am Anwartschaftsrecht an den MacBooks erlangt.
Genau, so ist das!
5. Das Vermieterpfandrecht des V am Anwartschaftsrecht ist erloschen, als die B-Bank den Restkaufpreis zahlte und Volleigentümerin wurde.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Nebenbesitzer einer Fräsmaschine
13.7.2021, 17:32:11
Aber die MacBooks sind doch dann keine Sache des Mieters oder? Wieso kann nach Zahlung der B weiter ein
Vermieterpfandrechtbestehen? Kann sich V dann einfach die MacBooks bei B abholen und versteigern lassen?
Ferdinand
13.7.2021, 18:06:40
Die MacBooks sind keine Sache des Mieters, das ist richtig. Beim Kauf unter EV erwirbt der Käufer aber ein
Anwartschaftsrecht, da der Käufer den Eigentumsübergang einseitig durch Kaufpreiszahlung herbeiführen kann ohne, dass der Verkäufer dies verhindern könnte. Das AWR ist zwar kein Eigentum, aber dennoch „wesensgleiches Minus“ und wird daher behandelt wie Eigentum. Insofern konnte der Vermieter kein PfandR an den Laptops erwerben, aber eben schon am AWR. Mir fällt spontan kein Grund ein, der einer Versteigerung der MacBooks zugunsten des V entgegenstünde. Da das PfandR besteht und nicht erloschen ist, muss B das dulden.
CR7
8.11.2023, 17:43:31
Mir fällt in diesem Kontext noch ein Argument ein: Wenn der Vermieter hier darauf angewiesen wäre, auf das Erstarken des AnwartschaftsR zum Volleigentum zu warten, könnte der Mieter einfach alles auf Raten mit EV kaufen, so dass praktisch nie eine Möglichkeit zur Verpfändung bestünde, ergo: § 562 BGB könnte so umgangen werden.
Pilea
21.4.2023, 11:11:06
Wieso bezahlt die Bank den restlichen Kaufpreis? Ist das so eine Art geringeres Übel? Ist das so die gängige Praxis?
Bilbo
15.8.2023, 14:30:34
Würde mich auch interessieren. Vielleicht damit sie die Geräte wenigstens verwerten kann?
Pilea
21.4.2023, 11:15:06
Wenn B Volleigentum erworben hat und M theoretisch dann doch die Miete hätte zahlen können - Wie könnte B dann das
Vermieterpfandrecht, mit dem sie ja ursprünglich nichts zu tun hatte (keine Vertragspartnerin von V), loswerden?
Vanilla Latte
12.10.2023, 23:42:59
Sie hätte es m.E. nach nur lastenfrei nach 936 erwerben können. Ist hier aber an der fehlenden
Übereignunggescheitert.
Sophiechen.2002
4.9.2023, 09:06:20
<isa_hh>
6.11.2023, 11:44:23
Ich verstehe hier leider die Erklärung mit dem nicht möglichen Verweis von § 1257 auf § 1207, da es beim gutgläubigen Erwerb erst um die Entstehung des Pfandrechts geht, nicht.
Nora Mommsen
7.11.2023, 11:17:22
Hallo
auch ein gesetzliches Pfandrecht ist, geht es beim gutgläubigen Erwerb darum, ob das Pfandrecht entsteht. Der Verweis kann daher nicht greifen in diesem Fall, denn noch gibt es kein Pfandrecht das besteht. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
<isa_hh>
7.11.2023, 12:19:39
Moin Nora, vielen Dank soweit. Der Knoten ist leider noch nicht geplatzt. Dass der Verweis von § 1257 auf § 1207 insoweit gerade die Entstehung in § 1205 nicht umfasst, ist mir nun klar. Was sich mir noch nicht erschließt ist, dass das
Vermieterpfandrechtdoch besitzlos ist und - wenn ich das richtig verstanden habe - automatisch an den vom Mieter eingebrachten (also in dessen Eigentum) stehenden Sachen entsteht. Ich kann mir gerade keinen Fall vorstellen, in dem der Vermieter gutgläubig ein Pfandrecht erwerben würde. Oder bezieht sich das "erwerben" hier nicht auf Einigung, Übergabe etc, sondern er würde - wenn es denn möglich wäre - gutgläubig 'automatisch' das Pfandrecht erwerben, weil er keine Kenntnis davon hat, dass die eingebrachte Sache eben nicht im Eigentum des Mieters steht. Das würde den Verweis von § 1257 auf § 1207 mE auch nochmal deutlicher machen, denn ein 'automatisches' Pfandrecht ist ja ebengerade nur an eingebrachten Sachen DES Mieters möglich, welches wegen fehlender Eigentümerstellung noch nicht entstanden sein kann. - Ich hoffe, es ist nicht noch verwirrender als sowieso schon.
David.
8.11.2023, 22:05:16
Ja genau, das Pendant zur Übergabe ist das Einbringen der Sachen. Da könnte man jetzt drüber nachdenken, dass der Vermieter gutgläubig an allen eingebrachten Sachen ein Pfandrecht erwirbt. Dafür müsste eben § 1207 anwendbar sein. 1207 könnte wiederum über den Verweis von 1257 anwendbar sein. Dies ist aber nicht der Fall, da 1257 ein bereits entstandenes Pfandrecht voraussetzt. Damit liegt letztendlich keine gesetzliche Vorschrift vor, die es dem Vermieter ermöglicht, gutgläubig „automatisch“ durch Einbringung ein Pfandrecht an den Sachen des Mieters zu erlangen, die nicht in seinem Eigentum stehen.
<isa_hh>
9.11.2023, 17:45:25
Vielen, vielen Dank @[David.](176382) - der Knoten ist geplatzt und ich hab es verstanden! Mir fehlte, dass das Einbringen der Sache Pendant zur Übergabe ist.
David.
9.11.2023, 18:07:57
Gerne :) https://www.mietrecht.org/mietschulden/
vermieterpfandrecht/#II ich fand den Artikel auch ganz hilfreich, um nochmal ergänzend einen guten Überblick zu bekommen.
mdln.k
30.8.2024, 12:42:41
Hier scheitert der gutgläubig lastenfreie Erwerb des AWR durch die B ja an § 936 I 3. Angenommen, M würde die MacBooks nach der Restkaufpreiszahlung der B an diese herausgeben, würde dann ein
gutgläubig lastenfreier Erwerbdes Eigentums vorliegen? Oder scheitert das schon daran, dass das AWR zuvor belastet erworben und dann durch die KP-Zahlung zum „bemakelten“ Eigentum erstarkt ist? Also wäre dann keine Heilung mehr möglich?