+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Terroristen entführen ein Flugzeug mit israelischen Staatsangehörigen. Es landet auf dem Flughafen von Entebbe/Uganda. Die ugandische Regierung verweigert die Kooperation. Israelische Kommandos befreien die Geiseln, es kommt zu Kämpfen mit den Terroristen und ugandischen Soldaten.
Einordnung des Falls
Intervention zum Schutz eigener Staatsbürger?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Befreiungseinsatz der israelischen Einheiten verstößt tatbestandlich gegen Art. 2 Nr. 4 UN-Charta.
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Ja, in der Tat!
Die Befreiungsaktion erfolgt unter Einsatz militärischer Mittel auf ugandischem Territorium, mithin liegt eine Gewaltanwendung nach Art. 2 Nr. 4 UN-Charta vor. Insbesondere handelt es sich mangels Kooperationsbereitschaft der ugandischen Regierung auch nicht um eine Intervention auf Einladung.
2. Weil Leib und Leben von israelischen Staatsangehörigen bedroht waren, handelte Israel in legaler Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts.
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Nein!
Das Selbstverteidigungsrecht setzt eine Selbstverteidigungslage in Form eines gegenwärtigen rechtswidrigen bewaffneten Angriffs voraus. Daran fehlt es hier: die Bedrohungslage der israelischen Staatsangehörigen stellt allenfalls einen unmittelbar bevorstehenden niedrigschwelligen Angriff dar. Nicht entschieden werden muss daher an dieser Stelle die Problematik um das Selbstverteidigungsrecht gegen terroristische, private Akteure.
3. Ob die Befreiung eigener Staatsangehörigen aus Lebensgefahr im Ausland völkergewohnheitsrechtlich einen Rechtfertigungsgrund für Gewaltanwendungen nach Art. 2 Nr. 4 UN-Charta darstellt, ist umstritten.
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Genau, so ist das!
Völkergewohnheitsrecht setzt Staatenpraxis (consuetudo) und darauf gerichtete Überzeugung der Rechtmäßigkeit der Praxis (opinio iuris) voraus.Hinreichende Staatenpraxis existiert – etwa die Geiselbefreiung von Entebbe 1976, die gescheiterte Befreiung der US-Botschaft in Teheran 1980 oder die Bundeswehr-Evakuierungsmission Pegasus 2011. Auch gehen die an Geiselbefreiungen beteiligten Staaten und Drittstaaten regelmäßig von der Rechtmäßigkeit solcher Operationen aus, sofern der Eingriff streng darauf beschränkt ist, Staatsbürger vor akuten Gefahren für Leib und Leben zu schützen (opinio iuris). Rechtfertigung nach Völkergewohnheitsrecht lässt sich damit annehmen (str.).
4. Israel hätte alternativ auch durch gewaltlose Gegenmaßnahmen Druck auf Uganda ausüben können.
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Ja, in der Tat!
Der Griff zu Gegenmaßnahmen (vgl. Art. 49 Articles of State Responsibility) setzt einen zurechenbaren Verstoß gegen das Völkerrecht durch U voraus. Zumindest auf Grundlage fremdenrechtlicher Mindeststandards hatte Uganda eine Schutzpflicht gegenüber dem Leben der israelischen Staatsangehörigen, gegen die Uganda durch seine Verweigerung einer Kooperation mit Israel verstoßen hat. Nicht-militärische Gegenmaßnahmen (Art. 49 Articles of State Responsibility) - etwa Sanktionen - wären damit ebenfalls zulässig gewesen.