Relevanter Zeitpunkt bei der Berechnung des fiktiven Schadensersatzanspruchs
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Fahrzeughalter B verursacht schuldhaft einen Verkehrsunfall, bei dem das Auto des K beschädigt wird. Ein Kostenvoranschlag ergibt Reparaturkosten in Höhe von €4.500. K will das Auto nicht reparieren lassen. B zahlt zunächst nur €3.000. K verlangt zunächst die Zahlung weiterer €1.500. Dann erhöht die Werkstatt die Preise. K verlangt entsprechend €2.000 von B.
Einordnung des Falls
Relevanter Zeitpunkt bei der Berechnung des fiktiven Schadensersatzanspruchs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen B einen Schadensersatzanspruch aus §§ 7, 17 StVG.
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Ja!
2. K kann die Reparaturkosten nur verlangen, wenn er sein Auto auch tatsächlich reparieren lässt.
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
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Ja, in der Tat!
4. K trifft aber die Obliegenheit, sein Auto möglichst zeitnah nach dem Unfall reparieren zu lassen bzw. den Schaden abzurechnen. Die Preissteigerung geht daher zu seinen Lasten.
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Nein!
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Simon
30.8.2020, 19:21:19
Ich hätte die erhöhten Reperaturkosten nicht für ersatzfähig gehalten. §249 II 2 sagt ja, dass die Umsatzsteuer nur im SE mit inbegriffen ist, sofern sie tatsächlich anfällt. So würde ich es auch bei den erhöhten Reperaturkosten handhaben. Denn grds soll doch durch den SE der Zustand hergestellt werden, der ohne die RG-Verletzung bestehen würde. Der Schaden bemisst sich mE aber nicht an den Preisen einer best Werkstatt, va, wenn die Reperatur tatsächlich gar nicht vorgenommen wurde. Der Geschädigte ist ja prinzipiell auch dazu gehalten die kostengünstigere Reperaturmöglichkeit in Anspruch zu nehmen. Noch jmd, der es ähnlich sieht?

Eigentum verpflichtet 🏔️
9.9.2020, 21:33:11
Hallo Simon, danke für die Frage. Vorweg, die ständige Rechtsprechung des BGH zu den fiktiven Mängelbeseitigungskosten ist nicht ohne Kritik. So hat der V. Senat des BGH, für das Werkvertragsrecht kürzlich entschieden, dass keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten verlangt werden können und entweder ein Mangel tatsächlich beseitigt werden muss, oder nur der mangelbedingte Minderwert ersatzfähig sein soll (BGHZ 218, 1; beachte auch die Anfrage des Kaufrechtssenats, der das anders sieht: BGH ZIP 2020, 1073). Bezogen auf unseren Fall hast du damit recht, dass der Käufer sich nicht die teuerste Werkstatt aussuchen darf, jedoch darf er nach den Preisen einer nahegelegen Fachwerkstatt abrechnen. Aus § 249 Abs. 2 S. 2 BGB kann sich, wegen des klaren Wortlauts "Umsatzsteuer" nichts anderes ergeben.

Simon
9.9.2020, 22:38:59
Danke für die Antwort. Die angegebenen Urteile waren äußerst lesenswert!