Durchsuchung bei Dritten
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Polizistin P beobachtet, wie der eines Diebstahls verdächtige B auf seiner Flucht der spazierenden Oma etwas in ihre Handtasche steckt. Als P den B einholt, stellt P fest, dass B nicht mehr im Besitz des Diebesguts ist. P vermutet, dass B dieses in die Tasche von O gesteckt hat.
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Einordnung des Falls
Durchsuchung bei Dritten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Durchsuchung ist nur beim Beschuldigten zulässig (§ 103 StPO).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. P will die Tasche der O durchsuchen. Ist dies ein zulässiger Durchsuchungsgegenstand nach § 103 StPO?
Ja!
3. O ist zudem eine andere Person iSd § 103 StPO.
Genau, so ist das!
4. P vermutet, dass sich in der Handtasche der O das Diebesgut befindet. Liegt daher ein zulässiger Durchsuchungszweck vor (§ 103 Abs. 1 S. 1 StPO)?
Ja, in der Tat!
5. Da O eine andere Person iSd § 103 StPO ist, ein tauglicher Durchsuchungsgegenstand vorliegt und ein zulässiger Durchsuchungszweck besteht, sind alle Voraussetzungen für eine rechtmäßige Durchsuchung gegeben.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Annabelle
7.11.2023, 18:15:12
Hier wird § 105 I 1 StPO zitiert, obwohl der Richtervorbehalt für Durchsuchungen bei Dritten nach § 103 StPO in § 105 I 2 StPO normiert ist.
Omnimodo fährt Tourbus
11.12.2023, 21:51:02
§ 105 I 2 StPO gilt nur für den speziellen Fall des § 103 I 2 StPO. Also im Falle der Wohnungsdurchsuchung bei Dritten. Die Handtasche ist m.E. keine Wohnung. Damit dürfte hier korrekt zitiert sein.
Aleks_is_Y
12.4.2024, 12:17:31
Die Erklärung könnte ggf. um den Hinweis ergänzt werden, dass eine Durchsuchung bei einer Dritten Person auch unproblematisch mit ihrer Einwilligung möglich ist (was im vorliegenden Fall ja nicht so unwahrscheinlich ist); sonst liest es sich so, als ob immer eine richterliche Anordnung notwendig wäre.
KathaStrophal
13.8.2024, 08:38:24
Ich würde als Formulierungsvorschlag "Seniorin" oder von mir aus "Rentnerin" vorschlagen, denn ich schätze es geht darum, dass es eine ältere Dame ist. Nicht jede Oma ist alt und nicht jede alte Frau ist eine Oma.
Lukaas
16.8.2024, 16:16:39
Oder vielleicht ist es auch einfach tatsächlich eine Oma. Man muss nicht immer und überall eine Diskriminierung wittern.
KathaStrophal
16.8.2024, 16:21:40
Naja, genau genommen ist das dann eine Großmutter. Oma ist ne Koseform. Ist ja schon seltsam, wenn dich jeder x-beliebige Lukilein oder Lukässchen nennt, oder?
Lukaas
16.8.2024, 16:29:33
Couldn’t care less tbh. Aber mal im Ernst, es handelt sich um einen fiktiven Fall, in dem niemand individualisiert angesprochen wird. Da ist das doch absolut gleichgültig. Deiner Logik nach wäre auch „Polizistin P“ abwertend, handelt es sich doch vielmehr um eine Polizeibeamte - oder am besten direkt mit Dienstgradnennung?
KathaStrophal
17.8.2024, 19:23:59
Das sehe ich anders. Polizistin P ist für mich gar kein Problem. Das ist eine übliche Bezeichnung, die ohne jede Wertung verbunden ist. Bei "Oma" oder "Opa" sind das eben keine alltagsüblichen Bezeichnungen für jemanden, den man nicht näher kennt: es sei denn man möchte die Person herabsetzen : "Ey, Opa, lass mal stecken und reg dich nicht so auf." Nach deiner Logik wäre es also auch in Ordnung zu schreiben: "Ni**er N verkauft im Park Marihuana an Minderjährige." Ist ja ein fiktiver Fall, tut niemandem weh.
KathaStrophal
17.8.2024, 19:26:07
Im Übrigen war es auch nur ein Formulierungsvorschlag. Ich wollte damit nur die Qualität verbessern und keine Grundsatzdebatte starten :)
royson
9.12.2024, 21:23:05
103 I 1 bezieht sich seinen Wortlaut nach doch nur auf Räume. Wieso gilt die Norm dann für die Handtasche?
Robitobbi
11.1.2025, 11:17:34
Das ist in Bezug auf die Wortlautauslegung korrekt und wäre zusammen mit dem systematischen Vergleich zur Formulierung nach § 102 StPO ein Argument, was gegen die Durchsuchbarkeit von Gegenständen spräche, die dem Dritten gehören. Allerdings ist nach hM (so zumindest MGS § 103 Rn. 3) der Begriff der Durchsuchung und die zulässigen Durchsuchungsobjekte in § 103 ebenso wie § 102 auszulegen. Dafür spricht etwa, dass eine Durchsuchung von Räumlichkeiten ggf. eingriffsintensiver ist (vgl. Art. 13 GG; mE aber nicht zwingend: auch bei bestimmten Gegenständen könnte mE die Intimsphäre berührt sein) und daher erst recht eine von Gegenständen möglich sein muss. Weiter lässt sich systematisch auf § 106 I 1 StPO verweisen, wo allgemein auf die Durchsuchung von Räumen und Gegenständen - ohne Differenzierung nach §§ 102, 103 - abgestellt wird, was dafür spricht, dass § 102 und § 103 derselbe Begriff zugrunde liegen soll.