Durchsuchung bei Dritten

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Polizistin P beobachtet, wie der eines Diebstahls verdächtige B auf seiner Flucht der spazierenden Oma etwas in ihre Handtasche steckt. Als P den B einholt, stellt P fest, dass B nicht mehr im Besitz des Diebesguts ist. P vermutet, dass B dieses in die Tasche von O gesteckt hat.

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Einordnung des Falls

Durchsuchung bei Dritten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Durchsuchung ist nur beim Beschuldigten zulässig (§ 103 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 103 StPO ist unter den dort genannten Voraussetzungen auch eine Durchsuchung bei Dritten zulässig. § 103 Abs. 1 S. 1 StPO regelt, dass bei anderen Personen Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet.
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2. P will die Tasche der O durchsuchen. Ist dies ein zulässiger Durchsuchungsgegenstand nach § 103 StPO?

Ja!

Durchsuchungsgegenstände nach § 103 StPO sind die Wohnung und andere Räume sowie die dem Dritten gehörenden Sachen (wie bei § 102 StPO). Die Handtasche gehört O und ist damit ein tauglicher Durchsuchungsgegenstand iSd § 103 StPO.

3. O ist zudem eine andere Person iSd § 103 StPO.

Genau, so ist das!

Eine andere Person iSd. § 103 StPO ist jeder, der nicht tat- oder teilnahmeverdächtig ist oder wegen des Vorliegens von Schuld- und Strafausschließungsgründen nicht verfolgt werden könnte. O steht in keinem Zusammenhang mit dem Diebstahl. Eine „andere Person“ kann auch eine juristische Person sein.

4. P vermutet, dass sich in der Handtasche der O das Diebesgut befindet. Liegt daher ein zulässiger Durchsuchungszweck vor (§ 103 Abs. 1 S. 1 StPO)?

Ja, in der Tat!

Die Durchsuchung bei Dritten ist nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zum Auffinden bestimmter Beweismittel oder Spuren zulässig. Zudem ist sie nur dann zulässig, wenn bestimmte Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Durchsuchung zum Auffinden der Spur oder des bestimmten Beweismittels führen wird P beobachtete, wie B der O das Diebesgut in die Handtasche steckte. Daher lagen ausreichend tatsächliche Anhaltspunkte vor, aus denen P schließen konnte, dass Beweismaterial in der Tasche gefunden werde. Folglich lag ein zulässiger Durchsuchungszweck vor.Beachte: Anders als im Fall des § 102 StPO (Durchsuchung beim Beschuldigten) genügt es nicht, dass das Auffinden von Beweismitteln bloß aufgrund kriminalistischer Erfahrung oder aufgrund von Lebenserfahrung wahrscheinlich ist.

5. Da O eine andere Person iSd § 103 StPO ist, ein tauglicher Durchsuchungsgegenstand vorliegt und ein zulässiger Durchsuchungszweck besteht, sind alle Voraussetzungen für eine rechtmäßige Durchsuchung gegeben.

Nein!

Auch bei Durchsuchungen bei anderen Personen nach § 103 StPO ist der Richtervorbehalt des § 105 StPO zu wahren (§ 105 Abs. 1 S. 1 StPO). Das heißt, auch Durchsuchungen bei Dritten dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug ausnahmsweise auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) angeordnet werden. Sofern keine Gefahr im Verzug vorliegt, muss P daher noch einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss einholen. Erst dann kann er in rechtmäßiger Weise die Handtasche der O durchsuchen.
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