Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung (BGH, Urt. v. 12.01.2022 – XII ZR 8/21): examensrelevante Rechtsprechung | Jurafuchs


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs Illustration zum Fall Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung (BGH, Urt. v. 12.01.2022 – XII ZR 8/21): Einzeländlerin M mietet von Vermieter V Räume zur „Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts“ an. Aufgrund der COVID-19-Pandemie muss M ihr Geschäftschließen.
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besonders examenstauglich
Corona & Recht

Einzelhändlerin M hat von V Räume zur „Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts“ angemietet. Aufgrund der COVID-19-Pandemie muss M ihr Geschäft im April 2020 auf behördliche Anordnung einen Monat schließen. M zahlt deshalb keine Miete. V verlangt den Mietzins.

Einordnung des Falls

Als unmittelbare Reaktion auf die COVID-19-Pandemie mussten im März 2020 die Einzelhändler ihre Läden schließen. Da viele Händler ihre Geschäftsräume lediglich angemietet hatten, stellte sich die Frage, ob sie verpflichtet waren, für den Zeitraum Miete zu zahlen. Die Instanzgerichte kamen hier zunächst zu unterschiedlichen Ergebnissen. Mit der hier behandelten Entscheidung äußerte sich der BGH erstmalig zu dieser Frage und sorgte für Klarheit. Er bediente sich hierfür eines Instituts, welches seine Anfänge in der Hyperinflation 1923 nahm: Der Störung der Geschäftsgrundlage!

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer Mecklenburg-Vorpommern 2022

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 14 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Anspruchsgrundlage für die Zahlung der Miete § 535 Abs. 2 BGB?

Ja!

Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 Abs. 2 BGB). Diese Mietzahlungspflicht des Mieters steht im Gegenseitigkeitsverhältnis mit den Pflichten des Vermieters, nämlich insbesondere der Pflicht zur Gebrauchsgewährung (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB), zur Erhaltung der Mietsache im vertragsgemäßen Zustand (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) und zur Gewähr für Sach- und Rechtsmängel (§§ 536ff. BGB).A und O einer gelungenen Fallprüfung ist der saubere Einstieg mit der entsprechenden Anspruchsgrundlage. Beherzige das auch in Deiner Klausur!

2. Liegt ein Mangel der Mietsache vor, kann der Mieter durch Minderungserklärung die Miete mindern (§ 536 BGB)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Weist die Mietsache einen Mangel auf, so ist der Mieter ganz oder teilweise von der Pflicht zur Mietzahlung befreit (§ 536 Abs. 1 BGB). Anders als im Kaufrecht tritt die Minderung im Mietrecht kraft Gesetzes ein. Es handelt sich also nicht um ein Gestaltungsrecht, das ausgeübt werden müsste. Ein Verschulden des Vermieters ist nicht erforderlich. Die Höhe der Minderung hängt vom Mangel ab: Ist die Tauglichkeit der Mietsache aufgrund des Mangels vollständig aufgehoben, so ist der Mieter ganz von der Pflicht zur Mietzahlung befreit (§ 536 Abs. 1 S. 1 BGB). Im Übrigen ist die Miete angemessen herabzusetzen (§ 536 Abs. 1 S. 2 BGB).Dass die Minderung im Mietrecht kraft Gesetzes greift, wird häufig verkannt. Das passiert Dir nun nicht mehr!

3. Gilt im Mietrecht primär der subjektive Mangelbegriff?

Ja, in der Tat!

Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von der vertraglich geschuldeten (Soll-)Beschaffenheit abweicht (subjektiver Mangelbegriff). Die Soll-Beschaffenheit bestimmt sich primär nach den Vereinbarungen der Parteien; hilfsweise wird sie unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks nach der Verkehrsanschauung bestimmt. Der Mangel kann sich auch aus der Beziehung der Mietsache zur Umwelt ergeben. Voraussetzung ist aber stets, dass der Mangel die Tauglichkeit der Sache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder nicht unerheblich mindert (§ 536 Abs. 1 S. 1, S. 3 BGB). Damit laufen der kaufrechtliche und der mietrechtliche Mangelbegriff weitgehend gleich.

4. Können öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Gebrauchs der Mietsache einen Mietmangel begründen?

Ja!

Auch öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen können zu einem Mangel führen. Voraussetzung ist aber, dass die Beschränkung der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt habt und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters. Das ist nur dann der Fall, wenn die Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache in Zusammenhang steht. Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen im Grundsatz in dessen Risikobereich. Denn das Verwendungsrisiko trägt allein der Mieter. Die Einigung über die Risikoverteilung ist Ausdruck der Privatautonomie der Parteien.

5. Stellt die coronabedingte Ladenschließung einen Mangel dar, da die Mietsache infolgedessen nicht die physischen Eigenschaften aufweist, die für den Betrieb erforderlich sind?

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von der vertraglich geschuldeten (Soll-)Beschaffenheit abweichtBGH: Die coronabedingte Ladenschließung knüpfe nicht an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache, sondern an den Betrieb des Mieters an. Es gehe dabei nicht etwa um bauliche Aspekte der Räumlichkeiten, sondern nur um die Nutzungsart der Mietsache durch den Mieter, bei der Publikumsverkehr in der Mietsache stattfinde, was Infektionen begünstigt. Die Beschränkung der Mietsache habe ihre Ursache daher nicht in deren Beschaffenheit, sondern in betrieblichen Umständen der M.

6. Stellt die coronabedingte Ladenschließung einen Mangel dar, da der Vertragszweck („Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume“) nicht mehr realisiert werden kann?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Mietsache (Ist-Beschaffenheit) von der vertraglich geschuldeten (Soll-)Beschaffenheit abweichtBGH: M hätte nicht davon ausgehen können, dass V mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten, pandemiebedingten Öffnungsuntersagung übernehmen wollte. Da somit die Verwendungsmöglichkeit der Mietsache im Falle einer globalen Pandemie nicht vertraglich geschuldet war, liegt auch kein Mietmangel vor. Rechtsfolge: Da kein Mangel vorliegt, scheidet eine Minderung gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB aus. Maßgeblich ist an dieser Stelle die Auslegung der konkreten Vereinbarung: Welche Partei sollte welches Risiko tragen?

7. Kann bei einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) als Rechtsfolge Vertragsanpassung verlangt werden?

Ja!

Liegen die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB vor, ist eine Vertragsanpassung möglich. Dies setzt voraus, dass sich (1) Umstände, die zur Vertragsgrundlage geworden sind, nach Vertragsschluss geändert haben (reales Element) und (2) diese Änderung so schwerwiegend ist, dass die Parteien den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätten, wenn sie diese Änderung vorausgesehen hätten (hypothetisches Element). Außerdem muss (3) einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, ein Festhalten am Vertrag unzumutbar sein (normatives Element).Die Störung der Geschäftsgrundlage ist eine absolute Ausnahmevorschrift. Denn hierdurch wird von dem Grundsatz der Vertragstreue („pacta sunt servanda“) abgewichen.

8. Setzt die Vertragsanpassung aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage zunächst voraus, dass sich ein Umstand ändert, der zur Geschäftsgrundlage geworden ist (reales Element)?

Genau, so ist das!

Für die Anwendung der Rechtsfolgen des § 313 Abs. 1 BGB muss zunächst die Geschäftsgrundlage betroffen sein. Geschäftsgrundlage sind nach h.M. die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut. Dem Vertrag zugrunde liegende Vorstellungen sind insbesondere die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (große Geschäftsgrundlage). Arbeite - gerade bei Normen, die nicht dauernd dran kommen - so eng am Gesetz wie möglich. Bei § 313 Abs. 1 BGB ist das sehr wichtig.

9. Haben sich durch die COVID-19-Pandemie Umstände geändert, die zur Vertragsgrundlage geworden sind (reales Element des § 313 Abs. 1 BGB)?

Ja, in der Tat!

Zu der sogenannten großen Geschäftsgrundlage gehört die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. BGH: Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 sei vorliegend die große Geschäftsgrundlage betroffen.

10. Stellt die COVID-19-Pandemie eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage dar (hypothetisches Element des § 313 Abs. 1 BGB)?

Ja!

Eine Änderung der Umstände ist schwerwiegend, soweit die Parteien den Vertrag nicht oder anders geschlossen hätten, wenn sie die Änderung vorausgesehen hätten (hypothetisches Element).BGH: Die pandemiebedingten Betriebsschließungen stellten offenkundig eine schwerwiegende Änderungdar. BGH: Für die schwerwiegende Änderung spreche auch die neu geschaffene Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB: Die Norm ist anwendbar (1) auf vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, sofern diese keine Wohnräume sind. (2) Die Objekte müssen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sein. Liegen beide Voraussetzungen vor, so wird nach Art. 240 § 7 EGBGB vermutet, dass eine schwerwiegenden Änderung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB vorliegt.Artikel 240 EGBGB ist mit Ablauf des 30.09.2022 außer Kraft getreten.

11. Ist für M ein Festhalten am Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar (normatives Element des § 313 Abs. 1 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Unzumutbar ist das Festhalten am Vertrag, wenn ansonsten untragbare, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbare Folgen drohen. Bei der Bewertung der Rechtsfolgen kommt der vertraglichen Risikoverteilung besondere Bedeutung zu. BGH: Die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters beruhe nicht auf einer fehlerhaften Geschäftsentscheidung, sondern auf der hoheitlich angeordneten Betriebsschließung zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Die in diesem Zusammenhang beschlossenen Maßnahmen gingen über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus. Ohne entsprechende vertragliche Regelung könne das durch die Maßnahmen verwirklichte Risiko keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.Auch hier zeigt sich der Vorrang der Privatautonomie. Hätten V und M eine vertragliche Regelung getroffen, so wäre § 313 BGB nicht anwendbar. Die Ausgangsinstanz (LG Chemnitz) wollte wegen der Kürze der Schließung die Unzumutbarkeit nur annehmen, wenn die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel stehe. Dies lehnt der BGH ab.

12. Muss M aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für April gar keine Miete zahlen?

Nein!

Liegen die Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage vor, kann die benachteiligte Partei die Anpassung des Vertrages verlangen. Ziel ist dabei, den Vertrag so zu ändern, dass ein weiteres Festhalten am Vertrag wieder zumutbar ist. Die Anpassung erfolgt nicht automatisch. Kann eine einvernehmliche Vertragsanpassung auch im gerichtlichen Verfahren nicht herbeigeführt werden, ist das Gericht verpflichtet, die entsprechende Vertragsanpassung vorzunehmen.M kann hier zunächst nur die Anpassung des Vertrages verlangen und diese nicht einseitig vornehmen. Mit Blick darauf, dass keine Partei das Risiko für die COVID-19-Pandemie trifft, kommt ein völliger Ausschluss der Miete nicht in Betracht.

13. Ist die Miete zwischen M und V pauschal hälftig zu teilen, da das Risiko der COVID-19-Pandemie keiner Partei zugewiesen werden kann?

Nein, das ist nicht der Fall!

Ziel der Vertragsanpassung ist es, den Vertrag so zu ändern, dass ein weiteres Festhalten am Vertrag wieder zumutbar ist. BGH: Zwar trage keine Partei das Risiko der Pandemie. Eine pauschale hälftige Teilung komme mit Blick auf das normative Tatbestandsmerkmal der Zumutbarkeit aber nicht in Betracht. Vielmehr bedürfe es einer umfassenden und auf den Einzelfall bezogenen Abwägung. Dabei müssten sowohl die Nachteile des Mieters (z.B. entgangene Einnahmen), als auch seine Vorteile (z.B. ersparte Aufwendungen) berücksichtigt werden. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, welche Maßnahmen der Mieter getroffen habe, um die Verluste zu minimieren. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines zurückzuzahlenden Darlehens gewährt wurden, müssten dagegen außer Betracht bleiben.Damit klärt der BGH eine Rechtsfrage, die zwischen den Instanzgerichten bislang streitig war.

14. Ist die Rechtslage für Mieter und Vermieter durch die Entscheidung des BGH nun abschließend geklärt, sodass es in den noch anhängigen Prozessen flächendeckend Vergleiche geben wird?

Nein, das trifft nicht zu!

Die zentrale Bedeutung der Entscheidung liegt darin, dass der BGH bezüglich der Schwelle der Unzumutbarkeit für Klarheit gesorgt hat. Er hat sich dabei gegen die Stimmen gewandt, die die Unzumutbarkeit auf Fälle der Existenzgefährdung beschränken möchten (z.B. LG Frankfurt, s. hier!). Vielmehr wählt er die quotale Lösung auf Ebene der Rechtsfolge. Dabei betont er, dass sich schematische Lösungen verbieten. Die Tatsacheninstanzen müssen daher in jedem Einzelfall prüfen, welche Vor- und Nachteile die Mieter erlitten haben, um den Umfang der Anpassung zu ermitteln. Auch hier steckt also noch erhebliches Konfliktpotential! In der Klausur enthielte der Sachverhalt deshalb konkrete Angaben zu Kosten und ersparten Aufwendungen. Im Einzelfall sind hier Vergleiche natürlich nicht ausgeschlossen.

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YU

YU

18.1.2022, 09:17:25

Die Entscheidung ist keine Woche veröffentlicht und schon ist sie präzise und nachvollziehbar hier aufbereitet. Vielen Dank ☺️👍🏻

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.1.2022, 17:55:36

Sehr gerne, Jany! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

⚖️🦊

⚖️🦊

18.1.2022, 16:21:06

Vermutet Art. 240 § 7 EGBGB nicht vielmehr das reale und nicht das hypothetische Element?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.1.2022, 17:49:22

Vielen Dank für Deine Rückfrage :-) Die Kodifizierung des

§ 313 BGB

ist an dieser Stelle etwas verwirrend, da sie durch die Verknüpfung UND nahelegt dass die "schwerwiegende" Änderung separat von dem hypothethischen Parteiwillen existieren kann. Das Merkmal "schwerwiegend" enthält aber an sich bereits die Wertung, dass der Umstand oder die Fehlvorstellung so bedeutsam ist, dass unzweifelhaft zumindest eine Partei den Vertrag nicht geschlossen hätte, wenn sie die Änderung gekannt oder vorhergesehen hätte (vgl. Finkenauer, in: MüKo-BGB, 8.A. 2019,

§ 313 BGB

). Insofern ist durch den Gesetzgeber letztlich sowohl das reale, als auch das hypothetische Element vorgezeichnet worden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Isabell

Isabell

11.2.2022, 10:57:43

Dank euch kann man sich tatsächlich einen richtig guten Überblick verschaffen. Vielleicht wären solche Entwicklungen in der Rechtsprechung ja auch eine gute eigene Lektion. Man denke nur an die Caroline-Rechtsprechung, die man dann nicht im Ganzen lesen müsste 😅

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.2.2022, 16:06:40

Lieben Dank, Isabell. Das freut uns wirklich sehr! Den Gedanken nehmen wir gerne mit auf und schauen mal, inwieweit sich das an anderer Stelle noch anbietet. Falls Dir weitere konkrete Beispiele einfallen, freuen wir uns natürlich auch hier immer über Vorschläge und Ideen. Zudem besteht derzeit natürlich schon die Möglichkeit solche Fälle auch in (öffentlichen) Playlisten zu sammeln :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

BIE

Bienenschwarmverfolger

10.8.2022, 16:47:20

🔥 Examenstreffer 🔥 im 2. StEx in MV (und vermutlich auch im gesamten Ringtausch). Der Fall war leicht abgewandelt und in eine Kautelarklausur eingebettet: Der Mietvertrag war noch nicht geschlossen und die Mieterin hatte während der Verhandlungen erklärt, dass Corona „nun ja wohl vorbei“ sei. Der Vermieter war hingegen besorgt, durch künftige Lockdowns Mieteinnahmen zu verlieren. Die Aufgabe bestand dann darin, (1) den Vermieter aufzuklären, wie nun die Rechtslage bei einem künftigen Lockdown wäre und (2) zu prüfen, ob bzw. wie er sich vertraglich gegen Mietausfälle wegen lockdownbedinger Schließungen absichern könnte.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.8.2022, 17:09:21

Klasse, vielen herzlichen Dank für den Hinweis! Das haben wir direkt getaggt :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JANK

JanK

30.12.2022, 08:44:03

Super aufgearbeitet!! Der Fall lief auch im Herbst 2021 als erste Teilaufgabe der ZR 1 im 1. StEx in BaWü und das obwohl es damals noch keine Entscheidung vom BGH gab. Liebe Grüße, Jan

Jan M.

Jan M.

19.8.2022, 10:49:22

Vielen Dank für die schöne Aufbereitung (: ich fände es super, wenn Ihr auch noch Fundstellen in Ausbildungszeitschriften wie JuS/JA angeben könntet, damit man das Ganze evtl. nochmal vertiefen kann. In jedem aber einfach nur lobenswert, was Ihr für eine Arbeit leistet!! Liebe Grüße Jan

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

19.8.2022, 16:56:32

Herzlichen Dank, Jan! Das freut uns wirklich zu hören. Die entsprechenden Fundstellen haben wir ergänzt. Schau auch gerne einmal im Hinblick auf die Corona-Thematik bei unserer "Corona Playlist" vorbei (Entdeckenscreen>Playlisten). Darin findest Du noch weitere Entscheidungen in diesem Kontext zur Vertiefung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

14.9.2023, 16:39:03

Aber im Examen soll dem BGH gefolgt werden also braucht man die Ansichten des LG-FFM nicht zu erwähnen oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

15.9.2023, 08:47:50

Hallo Diaa, so pauschal lässt sich das nicht sagen. Es ist zum Einen durchaus denkbar, dass die andere Auffassung im Sachverhalt angelegt ist, z.B. in dem der Vermieter entsprechende Aussagen tätigt. Grundsätzlich müssen diese dann im Gutachten nicht einem bestimmten Gericht wie dem LG Frankfurt zugeordnet werden, du solltest diese Uneinigkeit der Instanzgerichte aber kennen. Zum anderen bietet es sich, auch wenn es nicht im Sachverhalt angelegt ist, immer an über die Unzumutbarkeit mehr als einen Satz zu verlieren und sich z.B. mit einer anderen Schwelle (wie der wirtschaftlichen Existenznot) auseinanderzusetzen und diese dann abzulehnen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

FL

Flohm

8.11.2023, 14:42:45

Bei dem Fall ist sehr relevant wann er spielt, denn Art 240 EGBGB ist ab dem 01.10.2022 aufgehoben ! Im Habersack steht in den Fußnoten wann die jeweilen §§ des Art. 240 EGBGB eingeführt wurden.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.11.2023, 15:08:12

Sehr richtig Flohm! Aus dem Sachverhalt geht deshalb hervor, dass er im April 2020 spielt :-) Wir haben im Hinweistext nun noch einmal explizit auf die Gesetzesänderung hingewiesen. Über den Gesetzeslink findet man in Dejure zudem weiterhin den Text der zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Regelung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafucsh-Team

LO

Lotta

5.1.2024, 14:23:43

Sowohl bei diesem Fall, als auch bei dem vorherigen, wird bei Teilfragen beziehungsweise im Vertiefungshinweis darauf hingewiesen, dass sich der Sachmangelbegriff im Kaufrecht und Mietrecht decken würden. Dies ist infolge des neuen Sachmangelbegriffs im Kaufrecht durch die Kaufrechtsreform von 2022 nicht mehr der Fall und könnte angepasst werden. Im Kaufrecht gilt nun anders als im Mietrecht nicht mehr vorrangig der subjektive Mangelbegriff. 

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.1.2024, 15:18:45

Hallo Lotta, vielen Dank für den Hinweis. In der Tat sind im Kaufrecht auf den ersten Blick die objektiven und subjektiven Anforderungen im Zuge der Kaufrechtsreform 2022 gleichgestellt worden, wenn man sich die Formulierung des § 434 Abs. 1 BGB anschaut. Auch weiterhin sind die objektiven Anforderungen im Ergebnis allerdings subsidiär gegenüber den subjektiven Vereinbarungen. Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 434 Abs. 3 BGB: "Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde,..:" Insoweit hat sich durch die Reform das Rangverhältnis lediglich formal geändert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Pilea

Pilea

6.1.2024, 12:41:23

Hier ist noch ein leerer Erklärungskasten

LELEE

Leo Lee

7.1.2024, 08:14:07

Hallo Pilea, vielen Dank für den Hinweis! Wir haben den Fehler nun entsprechend korrigiert :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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