Umfang der Rechtskraft / Ergänzungsklage
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will den Liebhaber seiner Freundin, den O, umbringen. Er überfährt ihn deshalb mit seinem Auto. Als O schon sechs Monate im Koma liegt, wird T wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Alle Beteiligten verzichten sofort nach Urteilsverkündung auf ihre Rechtsmittel. Einen Tag nach der Urteilsverkündung stirbt O.
Einordnung des Falls
Umfang der Rechtskraft / Ergänzungsklage
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Urteil ist formell rechtskräftig.
Ja, in der Tat!
2. Das Urteil ist materiell rechtskräftig.
Ja!
3. T kann erneut wegen Mordes angeklagt werden, weil der Tod erst nach dem Urteil eingetreten ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
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NJG
14.7.2022, 14:49:35
Seit 30.12.2021 ist § 362 Nr. 5 Var. 1 StPO in Kraft, hat das eine Auswirkung auf die letzte Frage?
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Lukas_Mengestu
14.7.2022, 15:06:41
Hallo NJG, sehr gute Frage! Der Wiederaufnahmegrund des § 362 Nr. 5 Var. 1 StPO greift indes nur ein, wenn der Beschuldigte freigesprochen wurde, nicht dagegen, um für einen bereits Verurteilten nachträglich eine schwere Strafe zu erwirken (BeckOK StPO/Singelnstein, 43. Ed. 1.4.2022, StPO § 362 Rn. 10a). Da im vorliegenden Fall eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erfolgt ist, bleibt es bei diesem Ergebnis, auch wenn O letztlich doch an den Folgen der Tat verstorben ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
jurafuchsles
9.1.2023, 10:54:55
Wie ist das, wenn das Opfer während des Verfahrens stirbt. Kann dann das Gericht nach §§ 264 II, 265 I StPO die Anklage in §§ 212, 211 umgestalten?
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Lukas_Mengestu
9.1.2023, 16:35:06
Hallo jurafuchsles, Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt (§ 264 Abs. 1 StPO). Verstirbt das Opfer also im Laufe der Verhandlung, so könnte das Gericht dies in der Tat noch berücksichtigen. Der Übergang von der Verwirklichungsstufe der Straftat – Vollendung oder Versuch? – erfordert dann allerdings in der Tat einen Hinweis (MüKoStPO/Norouzi, 1. Aufl. 2016, StPO § 265 Rn. 21). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
BruceTwarze
17.6.2024, 15:02:38
Bei diesem Thema mehrfach die Redewendung "in der Tat" zu verwenden, lässt ja schon fast eine vorsätzliche Verwirrung der Lernenden nahelegen ;)