+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

In Anbetracht steigender Mieten will eine Gruppe von Bürgern großen Unternehmen, in deren Eigentum sich mehr als 3000 Wohnungen befinden, diese Wohnungen staatlich entziehen und in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen.

Einordnung des Falls

Grundverständnis: Schutz vor Enteignung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) ist ein normgeprägtes Grundrecht: Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt.

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Genau, so ist das!

Das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) ist ein normgeprägtes Grundrecht, d.h., dass die Reichweite der Eigentumsfreiheit durch einfachgesetzliche Regelungen definiert wird (Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG)). Zudem ist die Nutzung des Eigentums sozialpflichtig (Art. 14 Abs. 2 GG). Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst damit alle vermögenswerten Rechte, die Berechtigten von der Rechtsordnung zur privaten Nutzung und freien Verfügung zugeordnet sind.

2. Die vollständige Entziehung bestimmter Eigentumspositionen durch hoheitliche Maßnahmen ist nach Art. 14 GG unzulässig.

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Nein, das trifft nicht zu!

Art. 14 GG sieht als normgeprägtes Grundrecht unter Sozialbindung weitestgehende Eingriffe in das Eigentum als möglich an. Es sind auch ausdrücklich Enteignungen möglich (Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG). Enteignungen sind Regelungen, die auf die Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet sind. Zusätzlich muss der hoheitliche Eingriff bei einer Enteignung stets zugleich eine Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines Dritten darstellen.

3. Die Enteignung ist vom Eigentümer entschädigungslos hinzunehmen.

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Nein!

Der Verfassungsgeber hat zwar die Enteignung als Möglichkeit zur staatlichen Güterbeschaffung vorgesehen. Zugleich war sich der Verfassungsgeber der besonderen Eingriffstiefe der Enteignung bewusst. Eine Enteignung ist daher aus Sicht des Grundgesetzes immer entschädigungspflichtig (Art. 14 Abs. 3 S. 2 und 3 GG). Eine Bestimmung wie Art. 14 Abs. 3 S. 2 u. 3 GG, die bestimmt, dass eine im Rang unter ihr stehende Rechtsvorschrift eine bestimmte Regelung nur in Verbindung mit einer anderen Regelung treffen darf, nennt man auch Junktimklausel (vom lateinischen "iunctim" = vereint, hintereinander).

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L

L

19.12.2021, 11:28:17

Ich vermute, dass ihr da sowie so hinterher seid, aber es ist echt auffällig, dass im Öffentlichen Recht die App nicht so breit aufgestellt ist wie im Zivilrecht oder Strafrecht. Da wünsche ich mir in Zukunft gerne viele weitere Fälle zu den Grundrechten oder dem Verwaltungsrecht.

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

19.12.2021, 16:25:38

Hallo L, danke für deine Nachricht, da hast du leider vollkommen Recht. Das ist uns bewusst und wir haben da auch grad nochmal unser Team verstärkt. Hier kommen jetzt zeitnah ganz viele neue Inhalte! Danke für deine Geduld! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Sinemm

Sinemm

11.10.2023, 18:18:57

Was bedeutet zeitnah genau? 1 Jahr ist vergangen und hier ist leider immer noch nur eine Aufgabe zu Art. 14 :(

🦊²

🦊²

25.12.2022, 17:28:30

Hey, es wäre Mega, wenn für das Eigentumgrundrecht noch weitere Fälle zum Eingriff und der Verfassungsrechtlichen Rechtfertigung kommen. Das Eigentum erfährt ja eine gewisse Dogmatik (Schweretheorie / Aufopferung BGH und Nassauskiesung BVerfG). Ich wäre euch hierfür sehr dankbar, wenn ihr das in eurer gewohnten Didaktik aufbereiten könntet! 🎄🥹 Liebe Grüße

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.1.2023, 14:47:21

Lieben Dank für den Hinweis, Fuchs²! Das nehmen wir gerne auf unsere To-Do für das neue Jahr mit auf :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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